ProAna: Über eine Bewegung, Magersucht und Hilfe

ProAna - Über eine Bewegung- Magersucht und Hilfe

Kann eine Krankheit verherrlicht werden? Pro Ana tut genau dies! Die Bewegung ist seit Beginn dieses Jahrhunderts aktiv und die Mitglieder sind der festen Überzeugung, dass Magersucht ein Lebensstil ist und keine Krankheit. Dementsprechend leben die Menschen nach dem Motto: „Nimm ab, bis der Tod dich sieht.“ Ein Motto, das für viele Anhänger Realität wird.

Was ist Pro Ana?

Pro Ana stammt aus den USA. Es handelt sich um eine Bewegung, die hauptsächlich auf das Internet beschränkt ist. Mehr als 100 Seiten sind alleine in Deutschland online und täglich werden es mehr. Der Begriff Ana ist nicht einfach ein Name. Vielmehr sind die drei Buchstaben die Abkürzung für die Anorexie – genau jener Erkrankung, derer sich die Bewegung verpflichtet fühlt.

Der Begriff selbst ist nicht eindeutig definiert. Es gibt allerdings eine Reihe von Schriften, die das Verhalten und die Philosophie der Bewegung festlegen. Die wichtigsten Schriften sind dabei der „Brief von Ana“ sowie die „10 Gebote“. Zudem findet das „Ana Glaubensbekenntnis“, der „Ana Psalm“ und der „Brief an Ana“ innerhalb der Bewegung eine besondere Bedeutung. Die Autoren dieser Schriften sind bis heute nicht bekannt. Es wird vermutet, dass es junge Menschen waren, die selbst unter Magersucht leiden und ihre Gefühle in den Schriften ausdrückten. Die Texte selbst sind keine Anleitung auf dem Weg zur Anorexie. Es handelt sich vielmehr um Worte, die bereits dem Gedankengut der Betroffenen entsprechen, wie der folgende Auszug aus dem “Brief von Ana” zeigt:

“Und die ganze Zeit schreie ich dich an aufzuhören, du fette Kuh, du hast wirklich keinerlei Selbstkontrolle und wirst immer fetter werden! Wenn es vorbei ist, wirst du dich wieder an mich ranklammern und mich um Rat bitten, weil du nicht fett werden willst. Du hast eine der Hauptregeln gebrochen und willst mich jetzt zurück. Ich zwinge dich ins Badezimmer, auf deine Knie, du starrst ohne Gefühl in die Kloschüssel. Deine Finger werden in Deinen Rachen gesteckt und nicht ohne eine große Menge Schmerz wird dein Essen rauskommen. Wieder und wieder wird das wiederholt, bis du Blut und Wasser spuckst und du weißt, dass alles raus ist. Wenn du aufstehst wird dir schwindelig sein. Werde nicht ohnmächtig! Stehe aufrecht! Du fette Kuh, du verdienst es, Schmerzen zu haben.”

Die Magersucht spricht mit den Betroffenen und umgekehrt. Einige dieser vermeintlich grundlegenden Schriften werden heute noch als Grundlage für Therapien verwendet, wie beispielsweise der „Brief an Ana“, der in der Anorexie-Therapie eingesetzt wird. Er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, mit seiner Erkrankung zu kommunizieren und seine Gefühle auszudrücken.

Erschreckend ist, dass die Texte von den Betroffenen wie heilige Worte behandelt werden. Die Sätze der Texte sind abschreckend und selbst in einigen Foren wurde von Betroffenen berichtet, dass sie nach der Lektüre dieser Schriften eine Therapie begonnen haben. Andere Magersüchtige waren schockiert, dass sie seit Jahren mit den Regeln der Bewegung leben, ohne dass sie jemals Kontakt mit Mitgliedern der Bewegung hatten. Aufgrund dieser Grundlagen stellt sich durchaus die Frage, welchen Sinn die Ana-Bewegung ursprünglich hatte. Viele halten die Ursprünge für den Versuch der Abschreckung vor der Krankheit, andere sehen darin den Versuch einer modernen Bewegung. Ein Umstand, der wohl auch in Zukunft nicht genau belegt werden kann.

Rituale werden gepflegt – Von einer „Geheimgesellschaft“

Ein Umstand, der dazu beiträgt, dass die Bewegung viel Zulauf hat, könnte auch sein, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht. Die Bewegung entwickelte in der Vergangenheit zahlreiche Rituale, die den Zusammenhalt der Gruppe fördern. Ähnliche Mechanismen sind auch in Sekten, rechtsradikalen Organisationen und anderen problematischen Gruppierungen zu finden. Vor allem Menschen mit sehr geringem Selbstbewusstsein sowie Menschen mit schweren persönlichen Problemen geraten immer wieder in die Fänge der Gruppierungen, die sich sehr oft außerhalb der gesellschaftlichen Normen aufhalten. Genau diese Mechanismen sind es auch, die schließlich in die Magersucht führen können.

Unter den Ritualen befinden sich in der Regel sowohl sichtbare wie auch nicht ganz so offensichtliche Rituale, die das Dazugehörigkeitsgefühl stärken. Äußerlich sichtbar sind beispielsweise kleine Armbändchen, die jederzeit offen getragen werden. Besonders deutlich sind die Bänder vor allem durch die auffallend rote Farbe. Viele der Bändchenträger suchen sogar ihre „Twin“, der die gleichen Maße und Gewichte aufweist, wie die Betroffenen selbst. Für viele Anhänger ist dies fast schon eine Freizeitbeschäftigung.

Pflichtprogramm für die Anhänger von „Pro Ana“ sind die Foren. Bereits auf der Startseite ist häufig deutlich zu erkennen, dass die Anhänger die Erkrankung nicht als Erkrankung sehen. Vielmehr wird die Krankheit zum Lebensstil, der in jeder Situation ausgelebt wird. Werden die Seiten genauer beleuchtet, kann festgestellt werden, dass neun von zehn Seiten davon ausgehen, dass sie Menschen mit Essstörungen unterstützten. Um dann in die Foren zu gelangen, ist es notwendig, eine Anmeldung vorzunehmen. Hierfür muss ein Fragebogen ausgefüllt werden. Im Forum selbst werden Tipps gegeben, wie noch mehr Gewicht reduziert werden kann. Zugleich motivieren sich die Forenmitglieder, noch weiter Gewicht zu verlieren. Auf den meisten Seiten sind zugleich Kurzgeschichten, Ratgeber und Ähnliches zu finden, die sich auf den „Lebensstil“ beziehen. Und auch motivierende Wettbewerbe werden angeboten. Häufig handelt es sich um Spiele, die Titel tragen wie „Wer hat den geringsten BMI?“

Obwohl Anmeldungen und Fragebögen ausgefüllt werden müssen, sind die Foren frei zugänglich. Jugendliche werden nur durch einen Hinweis auf der Startseite dazu animiert, die Seite nicht zu besuchen – und meistens ist der Hinweis kaum zu erkennen. Wirklich kontrolliert werden die Besucher nicht, sodass sicherlich auch Jugendliche auf den Seiten zu finden sind.

Auch Bilder und Filmaufnahmen von Magersüchtigen sind auf den Seiten zahlreich zu finden. Darüber hinaus werden Stars und Sternchen mit Bildbearbeitungsprogrammen zum Magersuchtmodell umfunktioniert. Die Bilder werden dann auch auf den Portalen veröffentlicht.

Magersucht: Was ist das?

Eine makabere Bewegung angesichts der Tatsache, dass die Magersucht in immerhin 15 Prozent aller Fälle zum Tod führt. Zudem stellen sich bedrohliche körperliche Folgen ein. Bei Frauen bleibt die Menstruation aus, der Herzschlag wird verlangsamt und es kommt zu einer Unterzuckerung. Daneben stellen sich Elektrolytstörungen ein, die mit Blutarmut kombiniert sein können. Die Potenz nimmt ab, Magen-Darm-Störungen treten ein und auch weitere schwere Symptome treten immer auf.

Die Wahrscheinlichkeit an einer Magersucht zu erkranken steigt vor allem dann, wenn in der Vergangenheit Traumata erlebt wurden, die nicht verarbeitet werden konnten, wie beispielsweise sexuelle Misshandlungen. Geringes Selbstbewusstsein sowie Perfektionismus begünstigen die Erkrankung ebenfalls. Genetische Faktoren werden zwar diskutiert, aber die Umweltfaktoren scheinen eine weit größere Rolle zu spielen. Meistens lebten die Betroffenen in Familien, die nach außen intakt waren. Die Leistungsanforderungen waren sehr hoch und werden die Leistungen nicht erbracht, kommt es zu Strafen und Missachtungen.

Deutliches Zeichen der Magersucht ist eine ständige Gewichtsabnahme, die bis weit unter das Normalgewicht reicht. Die Betroffenen sind viel zu dünn und verstecken dies unter zu weiter Kleidung. Sie können keine Leistung mehr bringen und selbst kleine Anstrengungen werden häufig nur mit Mühe bewältigt. Rund 80 Prozent der Magersüchtigen entwickeln Angstsymptome und Depressionen. Es kann sogar vermutet werden, dass genau diese Depressionen der Auslöser dafür sind, der Ana-Bewegung beizutreten. Nicht wenige aus der Bewegung gehen den Weg tatsächlich bis zum Tod.

Neben dem extrem niedrigen Gewicht kommt es zu einer weiteren Gewichtsabnahme und es wird immer weniger gegessen. In vielen Fällen wird pro Tag nur ein Bonbon gegessen, das dann auch noch über den Tag verteilt gelutscht wird.

Erste Anzeichen der Magersucht

Die Magersucht beginnt häufig während einer normalen Diät. Die Betroffenen nehmen ab und verändern sich. Hierfür erhalten sie aus der Umwelt Anerkennung und Lob. Besonders ehrgeizige und harmoniebedürftige Menschen sehen dieses Lob als Motivator. In der Folge nehmen sie noch weiter ab – über die Grenzen des Normalen hinaus.
Ein deutliches Anzeichen für eine beginnende Magersucht ist, wenn das normale Gewicht erreicht wurde und die Betroffenen noch immer davon sprechen, zu dick zu sein. Damit verbunden ist auch ein weiteres Frühwarnzeichen: Sollen sie ihren Taillenumfang einschätzen, dann fällt die Schätzung zwischen 20 und 30 Zentimeter zu hoch aus. Deutliches Anzeichen einer beginnenden Magersucht ist zudem, wenn Hormonstörungen bei Jugendlichen vorliegen. Dies ist durch eine Mangelernährung bedingt. Bei Mädchen wird dies besonders deutlich durch das Ausbleiben der Menstruation.

Die Grenze zwischen einer Diät und der Magersucht ist dabei sehr fließend und breit. Während einige Personen bereits lange vor Erreichen des Normalgewichts in diesen Kreislauf geraten, sind andere Personen erst in diesem Strudel gefangen, wenn sie bereits das Normalgewicht erreicht haben.

Wie kann geholfen werden?

Wie Angehörige frühzeitig helfen können, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Grundsätzlich sollte zunächst eine Beratungsstelle aufgesucht werden. Dort sind immer Experten vorhanden, die die Situation einschätzen können und dann Empfehlungen geben können, was zu tun ist.

Wichtig ist vor allem, dass sich die Angehörigen über die Erkrankung informieren. Je detaillierter die Informationen sind, desto besser. Die Krankheit selbst sollte weder dramatisiert noch verharmlost werden. Vielmehr ist es wichtig, dass die Angehörigen über die Erkrankung sprechen und mitteilen, dass sie Wissen, was diese Krankheit beinhaltet. Druck darf nicht ausgeübt werden. Jeder Druck führt schließlich dazu, dass die Betroffenen weiterhin abnehmen. Wichtig ist dabei auch, dass die Problematik offen angesprochen wird. Reagiert der Betroffene mit Ablehnung und Trotz, sollte zwar nicht weiter darüber geredet werden, allerdings darf die Krankheit auch nicht toleriert werden. Grundsätzlich sollten die Angehörigen weiterhin ein Vorbild sein. Wird das gemeinsame Essen unerträglich, dann sollte getrennt gegessen werden. Nur dann wird das Leben nicht zur Hölle.

Diese Regeln gelten auch, wenn das Kind bereits regen Kontakt mit der Ana-Bewegung hat. Schließlich ist Magersucht kein Lifestyle, sondern eine bedrohliche und tödliche Erkrankung.

 

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