Bulimie – Eine Betroffene berichtet
Bulimiker leben im Prinzip zwischen Kühlschrank und Klo. In immer wiederkehrenden Heißhungerattacken werden große Mengen oft hochkalorischer Nahrung in Windeseile vertilgt, um sie danach wieder zu erbrechen.
Was genau ist Bulimie?
Die bulimia nervosa wird auch als Ess-Brechsucht bezeichnet und gehört zur Gruppe der Essstörungen. Hierzu gehören neben der Magersucht, auch anorexia nervosa genannt, auch die Binge Eating Disorder und die Fettleibigkeit, die Adipositas. Die Grenzen dazwischen sind fließend. Zu 90 – 95% betrifft es Frauen – immerhin ein bis vier Prozent der Bevölkerung. Entgegen der landläufigen Meinung müssen Bulimiker nicht zwingend unter- oder übergewichtig sein. Im Gegensatz zur Binge Eating Disorder, bei dem man ebenfalls unter Heißhungerattacken leidet, werden bei der Bulimie sogenannte gegenregulatorische Maßnahmen ergriffen, um unter allen Umständen eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Auch die Scham die Kontrolle verloren zu haben ist ein wichtiger psychischer Verstärker. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten wie: selbstinduziertes Erbrechen, Hungern, extreme Diäten, exzessiver Sport oder/und der Missbrauch von Abführ- und Brechmitteln – und das mindestens zweimal pro Woche über einen Zeitraum von sechs Monaten. Meistens leiden die Betroffenen unter einer gestörten Selbstwahrnehmung und/oder einer Körperschemastörung, einer sogenannten Dysmorphophobie. Die Betroffenen versuchen die Suchterkrankung zu verbergen. Oft ist es die Angst vor dem gesellschaftlich so geächteten Übergewicht, die einer der Auslöser für eine Bulimie ist.
Welche gesundheitlichen Auswirkungen hat Bulimie?
Signifikant sind unter anderem die bei Bulimikern stark angegriffenen Zähne. Das Erbrechen bewirkt ein Ansteigen der Milchsäurekonzentration im Mund und schädigt auf Dauer Zahnschmelz und Speicheldrüsen. Der Elektrolythaushalt ist durch die gegenregulatorischen Maßnahmen meist massiv gestört. Vor allem der Kaliummangel kann im Extremfall zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und Nierenschäden führen. Möglich ist auch eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse und/oder der Speiseröhre. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen kommt es zu morphologische Veränderungen des Gehirns. Diese Pseudoatrophie zeigt sich durch kognitive Beeinträchtigungen und depressive Verstimmungen. Im Gegensatz zu anderen gesundheitlichen Auswirkungen der Bulimie ist diese in der Regel reversibel.
Ein Betroffenenbericht
Wie im Falle der Betroffenen, von der wir hier schreiben. Heute wiegt die 36-jährige 55 kg; mit 18 waren es noch mehr als 90 Kilogramm. Sie ist hat eine 20-jährige Bulimie-Karriere hinter sich und ist heute frühverrentet. Mit ihrer Suchterkrankung hat sie sich arrangiert. Neben psychischer Narben leidet sie auch unter vielen somatischen Beschwerden: Bei jeder Belastung, sei sie noch so leicht, kommt die ehemalige Bulimikerin durch ihre chronisch entzündeten Lunge in Atemnot. Dazu kommen noch eine verengte Speiseröhre, Sodbrennen, Magenentzündung und Polypen im Darm. Auch heute noch nimmt sie täglich Abführ- und Schlankheitsmittel, übergibt sich aber nur noch selten. In Hilfe-Foren klärt sie Menschen über die Ess-Brech-Sucht auf – die Ursachen und die Auswirkungen. Neben der Angst zu dick zu werden, lagen die Ursachen bei ihr – wie bei den meisten an einem gestörten Selbstwertgefühl. Ein Blick auf die familiäre Situation erklärt viel: ihr Vater schlug sie und ihre Mutter litt selbst unter Bulimie. Unsere Betroffene hatte nie gelernt, Liebe zu geben oder auch diese anzunehmen.
“Immer mehr Menschen zerbrechen an den Herausforderungen des Alltags. Sie sind überfordert”, sagt Dr. Harriet Salbach-Andrae, Psychologische Psychotherapeutin in Berlin. “Wenn möglich, sollten sich die Betroffenen direkt an Einrichtungen wenden, die auf die Behandlung von essgestörten Patienten spezialisiert sind, sodass die dortigen Ärzte und Psychologen sich bereits mit dem Krankheitsbild auskennen”.
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