Medikamentöse Therapie bei Demenz optimierungsbedürftig
Etwa 1,4 Millionen leiden in Deutschland unter Demenz – zwei Drittel davon sind Frauen. Aktuell untersuchte eine Studie die medikamentöse Therapie von Demenzkranken. Grundlage bildeten ärztliche Abrechnungsdaten aus den Jahren 2009 bis 2011.
Die Forscher stellten fest, dass 25 Prozent der Patienten jährlich ein Antidementivum verordnet bekamen. Im untersuchten Zeitraum stieg die Anzahl der Verordnungen sogar an. Wenn die Patienten an Alzheimer-Demenz litten und zusätzlich von einem Facharzt betreut wurden, stieg die Wahrscheinlichkeit, dieses spezielle Medikament zu erhalten: 48 Prozent, die von Haus- und Facharzt behandelt wurden, bekamen ein Antidementivum.
In Deutschland werden vergleichsweise wenig spezifische Medikamente bei Demenz verschrieben. Die Gründe hierfür bleiben aber unklar. Experten vermuten, dass die begrenzte Wirksamkeit von Antidementiva, fehlende nationale Versorgungsleitlinien und die Verordnungseinschränkungen der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ausschlaggebend sind.
Unterschiede zwischen Ost und West
In Bremen erhalten die wenigsten Patienten Antidementiva (13 Prozent). In Berlin, Hamburg und Niedersachsen wird jeder fünfte Demenzkranke, in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Baden-Württemberg sogar ein Drittel der Betroffenen mit Demenzmedikamenten behandelt.
Deutliche Unterschiede innerhalb Deutschlands gab es bei der Verschreibung von Antipsychotika: Nur ein Viertel der Patienten in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erhielten Antipsychotika, während es in Bremen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz schon ein Drittel der Dementen sind. Ähnlich selten werden in den neuen Bundesländern Schlaf- und Beruhigungsmittel verschrieben. Unterschiede zwischen West und Ost gibt es auch bei der Verordnung von Antidepressiva. Unabhängig von den Ursachen dieser Ergebnisse, muss die medikamentöse Therapie überall optimiert werden.
Alter, Geschlecht und die Rolle der Lebenspartner
Am häufigsten erhalten Patientinnen und Patienten zwischen 70 und 84 Jahren unter gemeinsamer Betreuung von Haus- und Facharzt ein Antidementivum. Tatsächlich besteht ein Unterschied zwischen Frauen und Männern: Frauen bekommen seltener ein Antidementivum, aber wesentlich häufiger ein Antidepressivum verschrieben. Bei jüngeren Frauen zwischen 60 und 74 Jahren sieht es noch anders aus: Sie bekommen häufiger Antidementiva als Männer in ihrem Alter. Erst ab dem 70. Lebensjahr dreht sich das Verhältnis um.
Die Wissenschaftler sehen die Gründe weniger im medizinischen, sondern eher im sozialen und familiären Bereich: Häufig spielen die Angehörigen der Patienten im höheren Alter eine wichtige Rolle, wenn es um Diagnose und Therapie geht. Männliche Demenzpatienten suchen meistens erst einen Arzt auf, wenn ihre meist jüngere Frau sie unter Druck setzt. Bei älteren weiblichen Patienten wird eine Antidementiva-Therapie oft gar nicht angefangen – vor allem wenn sie alleinstehend oder verwitwet sind.
Die Studie für den Versorgungsatlas
Die Homepage des Versorgungsatlas wird vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) betrieben. Sie enthält vor allem öffentliche Informationen zur medizinischen Versorgung in Deutschland. Der Fokus liegt auf regionalen Unterschieden und den verschiedenen Strukturen und Prozessen. Die Informationen sollen dazu dienen, die medizinische Versorgung deutschlandweit zu verbessern. Für die Studie der medikamentösen Therapie von Demenzpatienten wurden die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten von 2009 und 2011 herangezogen. Damit wird jeder Patient berücksichtigt, der gesetzlich versichert ist und mindestens einen Arztkontakt im Abrechnungszeitraum hatte.
Durchgeführt wurde die Studie unter dem Titel „Medikamentöse Behandlung von Patienten mit Demenz unter besonderer Berücksichtigung regionaler Versorgungsunterschiede“ von Dr. Mandy Schulz vom Versorgungsatlas des Zi und Dr. Jens Bohlken vom Referat Demenz des Bundesverbandes Deutscher Nervenärzte. In Kürze soll die Studie mit aktuelleren Daten wiederholt werden.
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