Trauer: Wann hat sie Krankheitscharakter?

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Trauer: Wann hat sie Krankheitscharakter?

Verstirbt eine geliebte Person, tritt bei den Angehörigen eine Trauerphase ein. Trauer ist gesund, da sie ein natürlicher Verarbeitungsprozess des Menschen ist. Jeder Mensch hat seine ganz eigene Art, von einem geliebten Menschen für immer Abschied zu nehmen.

Grundsätzlich handelt es sich daher um ein Gefühl, das jedermann kennt und das auch bei Menschen auftritt, die psychisch gesund ist. Wenn die Trauer sich allerdings nicht weiter entwickelt, ist oftmals die Rede von krankhafter Trauer. Die Gradwanderung ist auch in diesem Fall schwierig.

Welche Faktoren bedingen Trauer?

Grundsätzlich trauert nicht jeder Mensch in gleicher Weise. Zugleich gibt es große kulturelle Unterschiede über die Auffassung, wie lange getrauert werden “sollte”. Trauer unterliegt somit verschiedenen Geundsätzen, die sich im Verlauf der Zeiten durchaus stark ändern können. Ein Beispiel soll diesen Wandel deutlich machen: Noch vor 50 Jahren war es in Deutschland üblich, dass ein Mensch um seinen Partner ein Jahr trauerte. Dies machte er durch die Kleidung kenntlich, die in der Regel schwarz gehalten war.

Nach einem Jahr wurde es gesellschaftlich akzeptiert, wenn die Person eine neue Beziehung einging. Heute ist dies nicht mehr die Regel. Trauer ist individuell, sodass einige Personen zwei Jahre trauern, während andere Personen nur wenige Monate von diesem Gefühl begleitet werden. Doch selbst diese Ansicht ist nur die Meinung von Sterbebegleitern, nicht aber von Ärzten und Psychologen. Sie sehen bereits dann eine Depression, wenn nach zwei Monaten noch immer eine tiefe Trauer vorliegt.

Naturvölker folgen ebenfalls den gesellschaftlich festgelegten Regeln und Trauer ist bei ihnen daher auch durch die Kultur bedingt. So trauern die Navajo-Indianer in Amerika nur vier Tage, sind es bei den christlich geprägten Kulturen in Afrika noch immer zwölf Monate. Grundsätzlich kann also nicht eindeutig geklärt werden, wie lange die Trauer wirklich andauert.

Ein Problem, dem sich vor allem die Ärzte gegenübersehen. Sie müssen wissen, ab welchem Zeitpunkt von einer Krankheit gesprochen werden kann. Bisher gal, dass Trauer nach einer Dauer von zwei Monaten als Depression eingestuft werden musste. Eine Zeitspanne, die nun verändert werden soll. Zwei Wochen sollen nun bereits ausreichen, um eine psychische Belastung zu indizieren. Ab diesem Zeitpunkt soll nach Medienberichten dann eine Krankheit vorliegen, so legte es die Weltgesundheitsorganisation fest.

Ab wann ist Trauer eine Krankheit?

Grundlage für diese Fristsetzung sind die derzeitigen Gegebenheiten in der Medizin und Psychologie. Tatsächlich scheinen die zwischenmenschlichen Bindungen vor allem von der Psychologie als weniger tiefgehend empfunden zu werden. Doch ob dies eine zweiwöchige Frist bis zur Krankheitsbildung rechtfertigt, sei dahingestellt. Selbst bei Trennungen ist die Frist, in der die psychischen Reaktionen vorhanden sind, weit länger und kann sogar viele Monate betragen.

Vielleicht liegt das Problem allerdings auch darin, dass Psychologie und Medizin immer mehr zu einem Geschäft werden. Vor allem Pharmaunternehmen investieren viel Arbeit in die Entdeckung neuer Erkrankungen. Seit vielen Jahren verzeichnet der Katalog viele Erkrankungen, die schon lange bekannt sind, bislang allerdings nicht als Krankheit eingestuft wurden.

Ein Beispiel hierfür ist die Winterdepression. Sie entsteht durch den geringeren Lichteinfall von natürlichem Licht während des Winters. Dadurch wird schließlich die Stimmung getrübt. Die Pharmaindustrie hat für diese Problematik inzwischen viele Lösungen parat. Kaum jemand muss daher noch auf den Frühling oder den Sommer warten. Ob dies ein Grund ist, dass die Spanne der Trauer verkürzt werden soll, sei dahingestellt und unterliegt der Ansicht des Einzelnen.

Ein weiteres Problem der Einstufung zur Erkrankung dürfte auch die Definition der Trauer sein. Wird darunter nur die Zeit erfasst, in der ein Mensch sich viele Gedanken über den Verstorbenen macht oder werden darunter alle fünf Stadien der Trauer verstanden? Für das Durchlaufen aller fünf Stadien ist die Zeit tatsächlich zu gering. Während dieser Phasen geht es schließlich um die Neuorganisation des eigenen Lebens. Dies erfordert für sich gesehen schon einige Zeit. Das größte Manko scheint allerdings die Generalisierung von Trauer zu sein, denn so einzig wie Beziehungen zwischen Menschen sind, so einzig ist auch deren Trauerverhalten.

“Fazit”?

Die Frage, ab wann Trauer Krankheitscharakter bekommt, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Sicherlich wird die Trauerreaktion beim Tod des eigenen Kindes wesentlich intensiver und länger sein, als beim Tod eines Freundes. Vielleicht ist der Versuch der Definition nichts weiter als der Versuch, etwas zu katalogisieren, das sich nicht katalogisieren lässt. Die Menschen sind auf dem Weg, eine Einheitsgesellschaft zu werden. Viele Individualitäten werden inzwischen nicht mehr gewünscht und müssen einheitlichen Merkmalen folgen.

Vielleicht ist die Frage daher nicht, ab wann die Trauer krankhaft wird, sondern wie viel Individualität der Mensch noch haben darf. Die Annahme der Mensch sei ein Individuum wird in jenen Kategorisierungsversuchen unterminimiert. Möglicherweise ist das einzige Kriterium für die Krankhaftigkeit der Trauer jenes, wenn der Betroffene sich mit seiner Trauer nach einiger Zeit ernsthaft gefährdet.

 

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