War früher wirklich alles besser?
Die gute alte Zeit! Früher war alles besser! Als ich noch in Deinem Alter war…! Viele meinen, die Vergangenheit sei um einiges besser gewesen und schwelgen in schönen Erinnerungen. Aber stimmt das wirklich? Julia Shaw, Psychologin, betitelt diesen Effekt als Verklärung der Vergangenheit. Ob in der Politik, in der Mode oder in der Musik, Nostalgie ist momentan hoch angesagt. In politischen Kreisen wurde dies die letzten paar Monaten deutlich. Im Bezug zum Brexit in England oder der Präsidentenwahl in Amerika, schien die Aussage „Früher war alles besser“ ein ständiger Begleiter zu sein. Selbst AfD-Mitglieder nehmen sich dem an. Auch die Geschäftswelt lebt von der Notalgie-Vorstellung der Gesellschaft. Retro-Plattenspieler tauchen wieder vermehrt in Geschäften auf, der Stil der 90ger Jahre wird in der Modewelt wieder zum Vorschein gebracht und die Designerwelt lässt die Ampelmännchen-Industrie wieder aufleben. Da stellt sich die Frage, warum eigentlich alle so an der Vergangenheit festhalten. Laut Psychologen liegt das an zwei Effekten.
Effekt 1: Rosige-Vergangenheit-Verzerrung
Dieser Aspekt lässt Menschen im Glauben, dass Erlebnisse besser gewesen seien, als sie eigentlich waren. Das stellten mehrere Studien von Terence Mitchel und seinem Team fest. Demnach überschätzen ihre Probanden Urlaubs- oder Ausflugsreisen oder gewisse Feiern. Zur Zeit der Erfahrung lagen oft negative Emotionen vor, darunter Selbstzweifel, Enttäuschungen oder Ablenkungen. Diese gerieten jedoch nach dem Erlebnis schnell wieder in Vergessenheit. Zurück blieb die gute Erinnerung und kreierte somit die Sehnsucht nach der „guten“ Vergangenheit. Diese Verzerrung nutzen Marketingstrategen und Politiker schamlos aus. Mit Werbe- und Wahlkampfslogans wird der Nostalgie-Effekt mit „Zurück zur guten alten Zeit“ noch verstärkt. Die Gedanken und Erinnerungen der Menschen werden damit regelrecht manipuliert. Das Bewusstsein wird gehackt. So wird das Verhalten der Leute in Bezug auf die Wahl, sowie des Wahlkandidaten gesteuert. Auch wofür Menschen ihr Geld ausgegeben, kann auf diese Art und Weise beeinflusst werden.
Phänomen 2: Reminiszenz Bump
Dieser Effekt betrifft vor allen Dingen Personen über 40 Jahre und wird laut den Forschern Davis Rubin und Jonathan Koppel in der autobiografischen Gedächtnisforschung als eines der robustesten Ergebnisse angesehen. Der Reminiszenz Bump beschreibt die Tatsache, dass Menschen über 40 verstärkt Erinnerungen aus der Zeit von 15 bis 25 Jahren haben. Dieser Zeitraum sei vermutlich besonders prägend. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Grund darin liegt, dass sich die Identität als Erwachsener in diesem Stadium entwickelt. Manche Entscheidungen und Erlebnisse, wie der erste Kuss oder die erste Arbeitsstelle, entstehen zum ersten Mal und verankern sich somit besonders tief in unserem Gehirn. Solche Erinnerungen bleiben konstanter vorhanden, als andere. Geschehnisse aus der Zeit danach seien eher schwach und geraten in Vergessenheit oder verblassen.
Fehlerhafte Erinnerungen
Im Endeffekt sorge das Phänomen dafür, dass im Laufe der Jahre immer mehr eine falsche Erinnerung an die Vergangenheit entsteht. Es kommt zur Verklärung und Verzerrung des Bildes und die Affinität zur Nostalgie entsteht. Dass unser emotionales Gedächtnis dabei Fehler einbaut, ist uns gar nicht bewusst. Deshalb bleiben wir uns immer so sicher, dass Geschehnisse auch wirklich exakt so eingetroffen sind, wie wir sie in Erinnerung haben. Selbst Statistiken, die beweisen, dass es der Menschheit heute sogar besser geht als in den letzten Jahrzehnten, wird vehement von Nostalgikern abgestritten.
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