Zwischen Therapie und Gefängnis

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Zwischen Therapie und Gefängnis

Der Schluss ist naheliegend: Von den rund sieben Millionen Menschen, die derzeit in den USA inhaftiert sind, leiden mehr als eine Millionen Gefangene unter einer psychischen Erkrankung – es besteht also auch ein Zusammenhang zwischen Kriminalität und psychischen Krankheiten. Menschen, die nicht zwischen der Realität und Wahnvorstellungen unterscheiden können, haben Probleme bei der Einhaltung von Gesetzen. Die Annahme lautet also, dass Depressionen, Schizophrenie oder bipolare Störungen kriminelles Verhalten begünstigt.

Krankheit nicht immer Ursache der Verbrechen

Etwas anderer Meinung sind die amerikanischen Forscher rund um die Psychologin Jillian Peterson von der University of California. Sie gehen nicht von einem klaren und eindeutigen Zusammenhang zwischen Verbrechen und mentalen Problemen aus, obwohl es auf den ersten Blick danach aussieht. Der Denkfehler liegt darin, anzunehmen, dass wenn Menschen mit affektiven Störungen ein Verbrechen begehen, die Krankheitssymptome auch gleichzeitig die Ursache ihrer Aktivitäten sind.

Um diesem Zusammenhang auf den Grund zu gehen, schaute sich das Forscherteam 429 Delikte, die von 143 Menschen verübt wurden, genau an. Aus den dazugehörigen Krankenakten ging hervor, ob die Täter unter affektiven Störungen wie Depression, Schizophrenie oder bipolarer Störung litten. Das Ergebnis zeigte, dass nur bei 7,5 Prozent der ausgewerteten Fälle ein klarer Zusammenhang zwischen Verbrechen und den Anzeichen einer seelischen Krise zu erkennen waren. Besonders Symptome einer bipolaren Störung spielten hierbei eine entscheidende Rolle. Auf Grundlage einer psychischen Erkrankung kann also nicht auf den Zeitpunkt geschlossen werden, wann ein Mensch ein Verbrechen begeht.

Umfangreiche Studie

Für ihre Untersuchung führten die Forscher Interviews mit 143 amerikanischen Angeklagten mit psychischen Vorerkrankungen. Durch mehrstündige Befragungen erhielten Peterson und ihre Mitarbeiter Einzelheiten zu den kriminellen Aktivitäten und Details über die Krankengeschichte. Weitere Informationen enthielten zudem Polizeiakten und Protokolle von Sozialarbeitern. Das Forscherteam nutzte diese Infos, um zu bewerten, welchen Einfluss die Symptome verschiedener Krankheiten wie Depressionen (Hoffnungslosigkeit und Suizidgedanken), bipolarer Störung (Impulsivität und Risikoverhalten) und Schizophrenie (Wahnvorstellungen und Halluzinationen) auf das kriminelle Verhalten hatten.

Ein indirekter Zusammenhang wurde beispielsweise angenommen, wenn ein Patient mit Schizophrenie durch Stimmen am Morgen ganz aufgewühlt ist, aber erst abends in eine Schlägerei gerät. Die Verbindung zur psychischen Erkrankung ist vorhanden, aber nicht unmittelbar, da der Wahnzustand nicht mehr akut war. Die Forscher unterteilten also in direkte, indirekte und nicht vorhandene Einflüsse. Aber selbst wenn man die Fälle von direktem und indirektem Zusammenhang zusammenfasst, können weniger als ein Fünftel der Verbrechen durch Symptome erklärt werden. Das dies überraschend scheint, hängt laut Psychologin mit der Medienberichterstattung zusammen, die bei Verbrechen von psychisch kranken Tätern viel größer sei. Diese blieben dann stärker im Gedächtnis und würden dazu führen, dass der Zusammenhang überschätzt werde: Vielmehr sei die absolute Mehrheit der Menschen mit psychischen Erkrankungen weder gewalttätig und kriminell noch gefährlich.

Ähnliche Ergebnisse in Deutschland

Aufgrund der unterschiedlichen Gesundheits- und Justizsysteme der USA und Deutschland können die Ergebnisse nicht ohne Weiteres übernommen werden. Eine Gruppe an Forschern um den Psychiater Christian Graz aus München kamen in ihrer Studie aber zu vergleichbaren Schlüssen: Auch hier in Deutschland ist es nicht möglich, auf Basis einer psychischen Störung vorherzusagen, ob dieser Mensch später eine kriminelle Tat begeht. In der Studie wurden 1561 Patienten beobachtet, von denen nur 65 später auffällig wurden. In der Regel begingen sie Straftaten wie Unterschlagung, Diebstahl und Betrug – sehr selten nur Körperverletzung.

Für die amerikanischen Wissenschaftler bedeutet dies, dass die Therapie der psychischen Probleme für jeden individuell Betroffenen natürlich enorm wichtig ist. Durch mehr und bessere Behandlungen sei aber nicht davon auszugehen, dass die Anzahl der Verbrechen zurückgeht. Dazu sollten andere therapeutische Ansätze genutzt werden, die auch bei nicht psychisch kranken Häftlingen helfen: Durch die Therapie sollen kriminelle Denkmuster verändert und die Kontrolle von Ärger verbessert werden.

 

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