Wie die Musik Alzheimer trotzt

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Wie die Musik Alzheimer trotzt

Menschen, die unter Alzheimer oder anderen Gedächtnisstörungen leiden, vergessen sehr oft ihre gesamte Vergangenheit. Wie kann es dann allerdings sein, dass manche sich an Musikstücke erinnern können oder sogar noch in der Lage sind, ein Instrument zu spielen obwohl sie alles andere vergessen haben?

Clive Wearing war früher mal ein sehr bekannter Profitenor und Dirigent von renommierten Londoner Chören. 1985 sorgte eine Entzündung, die durch Herpes entstand, dafür, dass Teile seines Gehirns komplett zerstört wurden. Wearing verfügt nur noch über ein Sekundengedächtnis. An eines kann sich der frühere Tenor allerdings erinnern, an komplizierte Musikstücke. Das beschreibt ein Neurowissenschaftler namens Oliver Sacks in seinem Buch (2007). Des weiteren fügt Sacks hinzu, dass Wearing nach wie vor herausragend singen und Klavier spielen kann. Er könnte sogar noch einen Chor dirigieren.

Das Ganze ist sehr erstaunlich und zeigt sich erst wenn man genauer hinsieht. Für den Neurowissenschaftler Jörn-Henrik Jacobsen ist das Gehirn ein komplexes System, das viele Gehirnareale nutzt. Die Temporallapen im Gehirn sind sehr wichtig. Am wichtigsten ist der Hippocampus, die Schaltzentrale. Über den Hippocampus werden Inhalte abgerufen und gespeichert.

Sacks probierte das Phänomen zu erklären indem er annahm, dass Menschen sich Musik mit einer anderen Art von Gedächtnis merken. Dieses Gedächtnis nennt man prozedural und es ist ein Gedächtnis der Handlung und Bewegung. Es nutzt tiefer gelegene und primitive Teile des Gehirns. Das prozedurale Gedächtnis ist Teil des unbewussten Gedächtnis und somit nicht direkt abrufbar. Für Sacks war das der Beweis und die Erklärung dafür, dass Wearing sich beispielsweise nicht an Titel erinnern konnte, Noten und Aufnahmen allerdings noch auswendig konnte.

Kein seltenes Phänomen

Für den Neurologen Carsten Finke ist Wearing keine Seltenheit. Seiner Meinung nach kommt es häufig vor, dass Menschen zwar so gut wie alles vergessen, ihre musikalischen Erinnerungen allerdings immer beibehalten. Es gibt zahlreiche Fälle und Studien, die die Theorie eines musikalischen Gedächtnis verstärken. Kanadische Wissenschaftler haben beispielsweise bei einer 84 jährigen Frau festgestellt, dass sie trotz ihrer Alzheimer Erkrankung und ihrer enormen Gedächtnislücken immer noch musikalische Erinnerungen hat, sie konnte immer noch Lieder mitsingen und voneinander unterscheiden. Carsten Finke stellt sogar die Vermutung auf, dass es vielleicht möglich sei, über ein intaktes musikalisches Gedächtnis verlorene Informationen wieder aufrufen zu können. Die Ergebnisse, die bei Studien festgestellt wurden, bringen die Forscher dazu zu denken, dass das Musikgedächtnis zumindest ein bisschen Abseits des Hippocampus organisiert wird.

Forschern des Max-Planck-Instituts in Leipzig, des Nationalen Gesundheitsinstituts in Caen und der Universität Amsterdam ist es 2015 erstmals gelungen den Speicherort für das Musikgedächtnis zu lokalisieren. Das ist ihnen dank einer Studie mit Alzheimerpatienten gelungen, die starke Demenzerscheinungen hatten. Die Forscher fanden heraus, dass das Musikgedächtnis Teil des vorderen zingulären Kortex und des supplementär-motorischen Areals ist. Dieser Bereich gehört zum Bereich des Neokortex. Er spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Bewertung von Erwartungen aber auch bei komplexen Bewegungen.

 

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