Stress: Die Bewertung ist das Entscheidende
Die Symptome für Stress sind wohl jedem bekannt: Das Herz klopft stark und die Atmung ist schneller als gewohnt. Auf der Haut bilden sich Schweißperlen und die gesamte Nacken- und Schulterpartie ist angespannt. Ein weiteres Zeichen sind kalte Füße und Hände. Der Körper setzt Cortisol und Noradrenalin frei, um den Körper auf eine Flucht oder einen Kampf vorzubereiten. Diesen Zustand mag wohl niemand.
Was bringt all der Stress?
Dabei gibt es auch in einem gesunden Leben Stresssituationen. Das ist durchaus normal und zu unserem Wohlbefinden ist eine gewisse Menge Stress wichtig. Psychologin Kelly McGonigal geht sogar soweit zu sagen, dass wir Freundschaft mit dem Stress schließen sollten. Sie selbst habe ihre Meinung zum gesundheitsgefährdenden Stress grundlegend geändert.
Die Stresswahrnehmung entscheidet
Eine achtjährige Studie befasste sich mit dem Stressempfinden von Menschen. 29.000 Erwachsene aus den USA wurden hierzu befragt. Unter anderem war wichtig, wie viel Stress sie innerhalb eines Jahres empfunden haben. Auch wurde die Frage gestellt, ob der Stress als gesundheitsschädlich empfunden wurde.
Die Wissenschaftler schauten ebenfalls auf Faktoren, die Lebensdauer und Gesundheitszustand beeinflussen könnten, so z.B. das Geschlecht, Sozialstatus, Alter oder ethnische Zugehörigkeit eines Menschen. Deutlich wurde, dass es die Einstellung zum Stress war, die eine bestimmte Wirkung auslöst. Menschen, die Stress entweder gar nicht empfanden oder ihn nicht als belastend wahrnahmen, hatten ein geringeres Sterberisiko. Gestresste Personen, die Stress als schädlich empfangen, hatten ein 43 % höheres Sterberisiko (es gab leider Tatsächlich Sterbefälle während der Studie). So deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass Stress allein nicht so schädlich ist, sondern die Bewertung bzw. Empfindung einzelner Personen.
Ein Team der Stanford University untersuchte, ob die körperliche Reaktion auf Stress anders wird, wenn ein Mensch seine Einstellung ändert. In Fachkreisen wird dies „Mindset-Effekt“ genannt. Bewerten Menschen den Stressor anders, ist die Stressantwort des Körpers ebenfalls verändert. In der Studie wurden zwei Probandengruppen Videos gezeigt. Das eine Video stellte Stress als stärkend dar, das andere als schwächend. Diese sehr unterschiedliche Einschätzung machte sich in den körperlichen Reaktionen bemerkbar. Probanden, die Stress für schwächend hielten, hatten einen höheren Cortisol-Ausstoß. Die andere Gruppe baute die Stressreaktionen deutlich schneller ab.
Die Energie des Stresses nutzen
Nimmt man die Stressreaktion als positive Energie wahr, ist es einfacher, die Reaktionen zu kontrollieren und abzuschwächen. Die hilfreiche Energiewahrnehmung macht Menschen stressresistenter. Stressforscher Hans Selye hat bereits zwischen negativem und positivem Stress unterschieden. Ein gesundes Maß an Stress macht stärker und unterstützt bei Wachstum und Entwicklung. Menschen, die den positiven Umgang mit Stress beherrschen, können ihn zum Wohle der Gesundheit nutzen.
Sehr wichtig ist der Wechsel zwischen Stress- und Ruhephasen. Moderater Stress kann sogar Immunreaktionen stärken und Wunden besser heilen lassen. Kurze Stressphasen sind demnach förderlich, während dauerhafte Stresssituationen eher schaden.
Es gibt kein stressfreies Leben. Deshalb ist es wichtig, wichtige Aufgaben anzugehen und fest darauf zu vertrauen, dass wir die Situation – und damit den Stress – bewältigen können. Besonders schädlich ist Langzeitstress, wenn die Person keinen Sinn in der Situation sieht oder unfreiwillig in diese gerät. Auch, wenn jemand nicht selbst die Kontrolle über eine solche Situation hat, ist es nicht förderlich. Kann man einen dieser Faktoren abstellen, ist der Stress schon weniger schädlich.
Gut dosiert können wir Stress nutzen und an ihm wachsen. Dauerhafte Stresssituationen oder Belastung sollten wir dennoch meiden. Ansonsten drohen Stresssymptome, die zu ernsten oder chronischen Erkrankungen führen können.
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