Ist Lügen in der Beziehung immer verboten?

Lügen in der Partnerschaft – Ein Tabuthema

Es gehört zum guten Ton, dem Partner immer die Wahrheit zu sagen und die Fakten offen darzulegen. Verschweigt ein Partner einen wichtigen Umstand, dann kann die gesamte Beziehung auf dem Prüfstand stehen. Dennoch: Ganz abstellen lässt sich das Lügen nicht.

Der Mensch – so eine Studie – kann täglich bei rund 200 Lügen erwischt werden. Nicht immer ist dem Lügner bewusst, dass es sich um die Unwahrheit handelt. In vielen Fällen wird die Wahrheit als unangenehm angesehen und als Ursache für Streitereien betrachtet. Dies gilt im Besonderen für den Bereich der Beziehung. Auch hier ist es wahrscheinlich nicht immer der richtige Weg, die Wahrheit offen auszusprechen. Die Kunst besteht darin, zu wissen, wann eine kleine Notlüge angebracht ist und wann besser die Wahrheit ausgesprochen werden sollte.

Die Wahrheit sorgt für Vertrautheit

Permanente Lügen sollten auf keinen Fall Bestandteil einer Beziehung sein. Denn nur wenn die Wahrheit gesprochen wird, erkennt der Partner das Wesen des Anderen. Durch das Erkennen des Gegenübers entsteht das Gefühl der Vertrautheit und der Verbundenheit. Dies bezieht sich nicht nur auf die generellen Ansichten. Vielmehr sind es gerade die Kleinigkeiten, die einen Menschen auszeichnen und ihn zu einer eigenständigen Persönlichkeit machen.

Lügen bei Vertrauensbrüchen – Eine Abwägungssache

Es gibt allerdings auch Begebenheiten, die eine Partnerschaft ernsthaft gefährden können. Ein Beispiel hierfür sind Seitensprünge. Die Meinungen – ob die Wahrheit gesagt werden sollte – sind gerade bei solchen Umständen geteilt. Voreilig sollte nicht reagiert werden. Es bedarf einiger Überlegungen, um die richtige Entscheidung zu treffen. In vielen Fällen spielt das Vertrauen zum betrogenen Partner eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung.

Wird der Seitensprung angesprochen, dann ist das Vertrauen sicherlich zunächst stark erschüttert. Doch es kann in diesem Fall wieder aufgebaut werden. Wird der Seitensprung verheimlicht, dann ist das Vertrauen zunächst noch vorhanden. Allerdings: spätestens wenn der Zufall ins Spiel kommt und der Partner doch davon erfährt, liegt das Vertrauen in den Anderen mit einem Schlag in Trümmern. Durch das vorherige Schweigen ist es dann wesentlich schwieriger, das Vertrauen wieder zu gewinnen. Der Partner stellt sich ständig die Frage, ob noch weitere Vertrauensmissbräuche durchgeführt wurden. Dies gilt nicht nur für Seitensprünge. Alle Belange, die das Vertrauen in großem Ausmaß erschüttern können, sollten gut überdacht werden. Und wenn die Umstände dann zur Sprache gebracht werden sollen, muss auch überlegt werden, wie die Wahrheit so ausgesprochen wird, dass sie möglichst wenig zerstört.

Kleine Notlügen: Dem Partner zuliebe

Kleine Lügen können die Partnerschaft allerdings auch glücklicher gestalten. Nicht immer ist es ratsam, die Wahrheit zu sagen. Und in einigen Fällen will sie der Partner vielleicht auch gar nicht hören. Gerade wenn das Selbstwertgefühl des Partners durch die Wahrheit verletzt wird, sollte bei Kleinigkeiten abgewogen werden, ob Realismus sinnvoll ist.

Bezüglich des Körpergewichts kann die Wahrheit beispielsweise unter Umständen zu Komplikationen führen. Dieses Thema spielt in vielen Beziehungen zu irgendeinem Zeitpunkt eine Rolle. Die Frage wird meistens direkt gestellt: „Schatz, habe ich zugenommen?“ Wer an dieser Stelle „Ziemlich viel sogar“ antwortet, der kränkt den Partner sehr wahrscheinlich . Deshalb ist es bei solchen Fragen besser, den Umstand abzuschwächen. Damit wird eine Kränkung des Partners vermieden.

Warum kleine Schwindeleien notwendig sein können

Der Grund für diese kleinen Notlügen ist recht einfach erklärt. Die Wahrheit kann der Beziehung schaden. Der Partner reagiert mit Abwehr und fühlt sich vom Anderen herabgesetzt. Dadurch entstehen die typischen Verhaltensweisen, die immer dann auftreten, wenn das Selbstbild gefährdet wird: Kommentare werden abgewehrt und nicht mehr erhört. Auch wenn es sich um gutgemeinte Ratschläge handelt, wird der Partner nicht mehr zuhören. Die Folge ist ein Rückzug. Im schlimmsten Fall kann dies sogar dazu führen, dass die gesamte Beziehung auf den Prüfstand kommt. „Warum bist du überhaupt mit mir zusammen?“, ist nur eine mögliche Frage, die sich der kritisierte stellen wird. Die Beziehung wird genau beleuchtet und unter Umständen kommt der Partner zu der Entscheidung, dass die Partnerschaft keinen Sinn mehr macht. Mit jedem Gedankengang kommen schließlich negative Erinnerungen und Gefühle an die Oberfläche und es werden Indizien gefunden, die alles in einem schlechten Licht erscheinen lassen.

Die Wahrheit kann auch dazu führen, dass der Partner plötzlich selbst auf Angriff schaltet. Es kann daher eine Konkurrenz entstehen, bei der sich die Menschen gegenseitig verletzen. Die Verletzungen sind in vielen Fällen zunächst nur oberflächlich. Die Häufung kann dann die Partnerschaft ernsthaft infrage stellen.

Einige einfache grundsätzliche Regeln

Grundsätzlich kann zusammengefasst werden, dass bei elementaren Sachverhalten die Wahrheit angebracht ist. Die Meinung sollte ehrlich ausgesprochen werden und wenn jemand selbst schuld an dem Verlust der Arbeitsstelle ist, dann muss dies auch offen ausgesprochen werden dürfen. Bei schweren Vertrauensbrüchen sollte gut überlegt werden, ob sie tatsächlich offen ausgesprochen werden. In der Regel ist die Wahrheit allerdings der bessere Weg. Ständige Lügen sorgen dafür, dass der Lügner jederzeit aufpassen muss, um sich nicht zu verraten. Es ist daher sehr anstrengend und führt zu emotionaler Distanz, die auch dem Partner nicht verborgen bleibt. Zudem sind die Folgen gravierend, wenn die Umstände zufällig aufgedeckt werden.

Kleinere Lügen hingegen können dafür sorgen, dass das Selbstwertgefühl oder Selbstbild des geliebten Menschen nicht zerstört wird. Das gesunde Mittelmaß ist in diesem Zusammenhang gefragt.