Automatismen oder: Warum Fahrradfahren nicht verlernt wird
Wie bilden sich Automatismen? Warum wird einmal gelerntes Verhalten wie Fahrradfahren oder Klavierspielen nicht verlernt? Wissenschaftler der Charité Berlin haben bei Parkinson-Patienten untersucht, welche Hirnstrukturen wiederkehrende Handlungsabläufe steuern.
Sequentielles Verhalten
Die Fähigkeit des Menschen, Regelmäßigkeiten in einer Abfolge von Ereignissen erkennen und speichern zu können, um sie später als Automatismen in bestimmten Situationen abrufen zu können, wird als sequentielles Verhalten bezeichnet.
Dieses Verhalten besteht aus mehreren Einzelbewegungen, die in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge angeordnet sind und einen Anfangs- und einen Endpunkt haben. Durch Training in Form einer steten Wiederholung können diese geordnet abgespeicherten Ereignisse zur Gewohnheit und damit zu Automatismen werden. Der Name „sequentielles“ Verhalten stammt von der Ordnung der Ereignisse her, die in ihrer Abfolge eine Sequenz bilden.
Parkinson und Bewegungsstörungen
Die Arbeitsgruppe Bewegungsstörungen von der Klinik für Neurologie am Campus Virchow-Klinikum der Charité hat nun an Parkinson-Patienten untersucht, welche neuronalen Aktivitätsmuster im Gehirn diese Automatismen steuern. Parkinson-Patienten weisen Beeinträchtigungen in der Steuerung von Automatismen auf (ein Beispiel sind Probleme beim Versuch, zu laufen beginnen).
Tiefer gelegene Kerngebiete im Gehirn, die sogenannten Basalganglien, die Bewegungsabläufe steuern, sind in ihrer Funktion beeinträchtigt. Da im Fall von Parkinson diese kognitiven Störungen bei der Steuerung von Automatismen bereits vor dem Eintritt der motorischen Störungen in Erscheinung treten, kommt der Forschung eine zentrale Rolle nicht nur bei der Therapie, sondern auch frühzeitigen Diagnose von Parkinson zu.
Der Schlüsselwert für einen Automatismus: Basalganglien
Bei Parkinson-Patienten, die mit einer tiefen Hirnstimulation (THS) in einem bestimmten Teil der Basalganglien therapiert werden, wurde die neuronale Aktivität gemessen, während sie kurze Musikstücke auf dem Klavier einübten. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass die Basalganglien eine wichtige Funktion bei der Kodierung der Anfangs- und Endpunkte von Handlungsabfolgen und bei der Steuerung von Automatismen einnehmen.
Sie konnten zeigen, welche Modulation von elektrischen Schwingungen, die als Oszillationen bezeichnet werden, dafür verantwortlich ist. Bei Patienten, welche die Musikstücke besser spielen konnten, haben vor dem ersten und letzten Element der Sequenz die sogenannten Beta-Oszillationen abgenommen. Bei Parkinson-Patienten, die Probleme beim Spielen des Musikstückes aufwiesen, deren Steuerung der Automatismen also weniger gut funktionierte, haben die Oszillationen hingegen innerhalb der Sequenz nachgelassen. Die Basalganglien bestimmen mit der Kodierung von Anfangs- und Endpunkten die innere Beschaffenheit der gelernten Sequenz und sind damit also primär dafür verantwortlich, ob sich Automatismen im Gehirn festigen.
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