Auge um Auge – eine Studie über Rache
Wer kennt es nicht oder hat es nicht mindestens einmal im Leben schon im näheren Umfeld bereits miterlebt: Der Streit über den Gartenzaun entbehrt nach Jahren der grenzenlosen Ungeniertheit jeglichem Sinn und schließlich weiß trotz flammender Wut keiner der Beteiligten mehr, womit die ganze Fehde eigentlich angefangen hat. Nur eines ist stets gewiss: Schuld, das sind die anderen! Forscher der Universität Göttingen und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Biologie in Plön haben sich den sozialen Mechanismus einer solchen Vendetta nun einmal genauer angesehen und eine Studie zum Thema erstellt.
Die Studie im Detail
Die rund 140 Probanden der Studie wurden von den Forscher angehalten, an einem kooperativ ausgelegten Planspiel teilzunehmen. Bei diesem Spiel erhielt jeder Spieler ein gewisses Budget, dessen Restbetrag nach Beendigung der letzten Runde schließlich in echtem Geld an die Teilnehmer ausgezahlt werden sollte. Der Anreiz, diesen Restbetrag möglichst hoch zu erhalten, war also mehr als gegeben. Während des Spiels konnten die Spieler einander jedoch für unfaires und vermeintlich unfaires Verhalten bestrafen, indem der Bestrafte eine Geldbuße bezahlen musste.
Der Bestrafende kam jedoch auch nicht ungeschoren davon und musste ebenfalls einen Obolus zahlen, der jedoch niedriger war als der des Bestraften. Der negative Effekt trat jedoch in beiden Geldbeuteln ein. Eine abschreckende Wirkung hatte diese lose-lose-Situation jedoch nicht und meist entwickelte sich eine Fehde aus ewig währenden Vergeltungen und Gegenvergeltungen, die beide Spieler in den Ruin trieben. Viel seltener war zu beobachten, dass einer der Gegner die Fehde wie aus dem Nichts beendete oder eine Art Verzögerungstaktik anwandte, bei der er die Vergeltung bis zum vermeintlichen Spielende hinauszögerte, um der Gegenvergeltung zu entgehen.
Die Ergebnisse der Forscher aus diesen Beobachtungen waren vielfältig. Beispielsweise ergab sich für sie aus dem abrupten Beenden der Fehde durch manche Spieler die Hypothese, dass „selbst die destruktive Fehdenbestrafung unter Umständen positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit innerhalb einer Gesellschaft haben kann“, so Katrin Fehl vom Courant Forschungszentrum „Evolution des Sozialverhaltens“ der Universität in Göttingen. Auch der Hintergrund einer Fehde, nämlich der evolutionsbiologisch wichtige so genannte „Bestrafungsreflex“ darf nicht in Vergessenheit geraten, dient er doch seit jeher dazu, kooperatives Verhalten in einer Gesellschaft zu fördern. Entartet dieser Reflex jedoch wie im Rahmen einer Vendetta oder eines ausufernden Nachbarschaftsstreits, so ist die Wahrscheinlichkeit für eine Besserung des Zusammenlebens eher gering. Sobald der Bestrafungsreflex ergo in Rache umschlägt, verfehlt er seinen Zweck. Zielführender scheint hier wie eh und je die Weisheit: „Der Klügere gibt nach.“
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