Müssen Konflikte in der Partnerschaft gelöst werden?

Die Partnerschaft ist als eine Suche zu verstehen. Innerhalb dieser Suche wird nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der jeweiligen Partner geforscht. Denn Menschen können nicht in jeder Hinsicht gleicher Meinung sein – auch im Bereich der Partnerschaft kann dies nicht erwartet werden.

Aufgrund dieser Tatsache entstehen Konflikte, die teilweise offen ausgetragen werden. Einige Paare versuchen jeden Konflikt zu lösen. Nun stellt sich allerdings die Frage: „Muss wirklich jeder Konflikt gelöst werden?“

Über die Natur der Konflikte

Grundsätzlich entsteht ein Konflikt dann, wenn zwei unterschiedliche Ansichten, Einstellungen, Meinungen oder Gewohnheiten aufeinandertreffen, die auf den ersten Blick nicht miteinander vereinbar sind. Jeder der Partner versucht dann, seine eigene Ansicht durchzusetzen. Häufig wird ein Kompromiss erreicht, der beiden Parteien gerecht wird. Ein Fehler, denn Konflikte sind nicht nur Störungen im Alltag, die zu einer Konfrontation führen. Vielmehr können sie auch eine Entwicklung in partnerschaftlicher und persönlicher Hinsicht einläuten. Beide Menschen brauchen Freiräume und müssen eigenständige Personen bleiben. Dies setzt voraus, dass man nicht jede Ansicht mit dem Partner teilen muss.

Gerade darin liegt ein häufiger Grund für Trennungen begründet. Die Partner versuchen ihr Gegenüber zu verändern und sprechen jeden Konflikt an. Fühlt sich der Gegenüber unsicher und unterlegen, dann fügt er sich unter Umständen diesem Druck. Das Ergebnis daraus ist, dass er irgendwann ausbricht und die Beziehung nicht mehr funktionieren kann.

Kleinigkeiten müssen nicht unbedingt gelöst werden

Ein Konflikt muss immer dann gelöst werden, wenn er tatsächlich stark störend ist und das Zusammenleben erschwert. Handelt es sich um Kleinigkeiten, dann ist eine Konfliktlösung nicht unbedingt notwendig. Genau solche Konflikte sind in vielen Partnerschaften allerdings Alltag. „Du hast die Zahncreme nicht geschlossen“ oder „Zuerst wird der Boden gesaugt und dann gewischt“ sind typische Wortlaute für Nichtigkeiten, die dann zu einem Streit führen. Daher sollte immer die Frage im Raum stehen: „Stört mich dieser Umstand wirklich so stark, dass ich ihn verändern oder einen Kompromiss finden muss?“

Handelt es sich um kleine Eigenarten des Partners, dann sollte dies ebenfalls nicht als Konflikt gesehen werden, sondern im ruhigen Ton angesprochen werden. An dieser Stelle sei zu erwähnen: der Ton macht die Musik! Häufig wird vergessen, dass es genau jene kleinen Eigenarten waren, die als charmant empfunden wurden. Nicht nur die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Konfliktlösung steht im Raum. Vielmehr stecken hinter diesen Kleinigkeiten auch häufig weitere Probleme, die durch diese kleinen Konflikte verursacht werden. Hat sich ein Paar auseinandergelebt, dann kann sich dies in diesen Kleinigkeiten äußern und zu einem großen Hindernis werden.

Solche Verschiebungen sind vor allem in der Erziehung der Kinder bemerkbar. In vielen Fällen stufen Eltern das Verhalten der Kinder als problematisch ein. Objektiv betrachtet sind allerdings oft keine Probleme vorhanden. Vielmehr konzentrieren sich die Eltern dann auf die Problematik des Kindes, um damit von den eigenen Problemen abzulenken. Dadurch wird die Partnerschaft zunächst stabil- die Familie rückt in Krisensituationen bekanntlich enger zusammen.

Die Frage nach einem ursächlichen Problem stellt sich daher immer dann, wenn viel Energie und Zeit in Kleinigkeiten investiert wird. Häufig sitzt das Problem in diesem Fall tiefer und es kann ein Konflikt an die Oberfläche drängen, der dringend gelöst werden muss.

Von großen Konflikten

Ein Konflikt muss nur dann gelöst werden, wenn er für einen Partner nicht mehr akzeptiert werden kann, weil er eine Person oder das Fundament des Zusammenlebens beeinträchtigt. Häufig handelt es sich dabei um Verstöße gegen die Werte und Normen einer Person. Hierfür muss ein sachliches Gespräch erfolgen, um den Konflikt konstruktiv zu lösen. Ein solches Problem ist dann gegeben, wenn beispielsweise ein Partner benachteiligt ist, weil der Gegenüber ständig mit seinen Freunden Zeit verbringt und die Arbeit nur auf eine Person übergeht.

Auch der sorglose Umgang mit Finanzen kann das Fundament einer Beziehung zerstören, da es sich hier um einen existenziellen Bereich handelt. Das Gespräch muss dabei frei von Vorwürfen sein. Zugleich müssen die Partner sachlich bleiben und sich wirklich um eine Lösung bemühen. Die Bewältigung des Konflikts ist dabei nicht darauf ausgelegt, dass ein Partner seinen Willen durchsetzt. Vielmehr ist eine gute Konfliktlösung immer auf einem Kompromiss ausgelegt, der von beiden Partnern getragen werden kann, ohne dass ein Partner im Nachteil ist oder die Lösung vielleicht sogar bewusst oder unbewusst ablehnt.

Eine kleine Zusammenfassung

Zusammenfassend kann durchaus gesagt werden: Ein Konflikt muss nur dann gelöst werden, wenn er zu einer Belastung für die Beziehung wird. Kleinigkeiten sollten toleriert werden. Zudem muss immer darauf geachtet werden, ob die kleinen Konflikte nicht stellvertretend für wesentlich größere Probleme stehen, die dringend gelöst werden müssen, damit die Partnerschaft nicht beschädigt wird. Über große Probleme sollte immer gesprochen werden.

Ziel ist nicht das Durchsetzen der eigenen Meinung, sondern das Finden eines Kompromisses, der von beiden Seiten getragen werden kann. Zugleich sollte ein Konflikt auch immer als Möglichkeit gesehen werden, die Beziehung und die eigene Person weiterzuentwickeln. Diese Gegebenheiten gelten allerdings für jede Art von zwischenmenschlichem Konflikt.