Das Capgras-Syndrom

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Das Capgras-Syndrom

Umgeben von Doppelgängern

Zu Beginn ein kurzer Reality-Clip: Keine utopische Filmsequenz, kein schlechtes Märchen: Eine 29-jährige Frau hält sowohl ihren Mann als auch ihre Kinder, die Mieter im Haus und schließlich sogar sich selbst für Doppelgänger, also Doubles der von ihr geliebten und geschätzten Personen. Ein Alptraum für alle Beteiligten? Ja, da haben Sie Recht.

Was versteht man unter dem Capgras-Syndrom?

Meist tritt es als Begleiterscheinung anderer neurologisch-psychiatrischer Störungen wie der Schizophrenie, der Psychose oder der Demenz auf. Am ehesten bringt man das Capgras-Syndrom in Zusammenhang mit Alzheimer und Unfällen bzw. Erkrankungen mit Hirnbeteiligung. Forscher vermuten, dass die visuelle Information in der Hirnrinde zwar verarbeitet, von dort aus aber nicht zum limbischen System und damit zum Zentrum für Emotionen im Hirn, dem Mandelkern, weitergeleitet wird. Frauen sind davon fast doppelt so häufig davon betroffen wie Männer. Äußerst selten tritt das Capgras-Syndrom auch bei Kindern auf. Die Forschung beschreibt hier nur sehr wenige Fälle. Der französische Psychiater Jean Marie Joseph Capgras entdeckte und beschrieb die nach ihm benannte Krankheit zum ersten Mal im Jahr 1923.

Was passiert beim Capgras-Syndrom?

Das Erkennen der Gesichter und Personen funktioniert scheinbar problemlos. Allerdings scheint die Verknüpfung zwischen der optischen Erkennung und der damit normalerweise verbundenen emotionalen Reaktion gestört zu sein. Es handelt sich beim Capgras-Syndrom um die feste, unverrückbare Überzeugung, von heimtückischen Doppelgängern der vertrauten Menschen umgeben zu sein. Philip Gerrans, Philosophieprofessor an der Universität Adelaide in Australien, veröffentlichte kürzlich eine Vorabinformation in der Fachzeitschrift „Frontiers of Psychology“.

Ergebnis seiner Studie war kurz gesagt, dass auch beispielsweise beim Träumen oder Déjà-vu-Erlebnissen, also anderen, uns allen vertrauten bizarren Bewusstseinszuständen diese Realitätskontrolle des Gehirns teilweise außer Kraft gesetzt ist. Er spricht dabei vom inneren Erzähler und dem Realitätstester. Findet eine Situation statt, in der der Realitätstester die irrtümlich angenommene Täuschung nicht erkennt, entlarvt und ad absurdum führt, springt der innere Erzähler ein und baut eine Geschichte um die Person oder auch Situation, die so vertraut-fremd erscheint.

Kann das Capgras-Syndrom behandelt werden?

Ja, aber zunächst muss die zugrundeliegende Erkrankung behandelt und in den Griff bekommen werden. Meist geschieht dies medikamentös. Unterstützende Verhaltens- und Gesprächstherapie hilft in der Regel.

Capgras – ein Fallbericht

Vor einiger Zeit wurde der Fall eines jungen Mädchens bekannt, dessen Eltern alleine Kurzreise unternahmen. Zurückgekehrt, war sich das Mädchen sicher, dass ihre Eltern durch Doppelgänger ausgetauscht worden waren. Sie war davon überzeugt, dass ihr die Doubles nach dem Leben trachteten. Sie bekam Angststörungen, hörte Stimmen, hatte Aggressionsschübe und auch schwere Depressionen. Körperlich war sie völlig gesund. Der Psychiater diagnostizierte das Capgras-Syndrom. Die Patientin bekam zunächst Depressiva, die allerdings nicht zufriedenstellend wirkten. Dann wurden diese erfolgreich mit Neuroleptika kombiniert.

So spannend wie entsetzlich?

Auch dazu: Ja! Immer wieder wurde und wird dieses Thema in Filmen und Büchern umgesetzt. Häufig sind es Medizin-Soaps wie „Scrubs – Die Anfänger“ oder Horrorfilme wie „Die Körperfresser kommen“ oder Science-Fiction-Bücher wie „Das Verhängnis der Jedi-Ritter“, die das Thema aufgreifen. Auch in „Criminal Minds“, in „Die Frauen von Stepford“ und in „Law and Order“ wurde das Capgras-Syndrom diagnostiziert – ein deutlicher Hinweis auf die Faszinationskraft dieser Störung, die sicherlich damit zu tun hat, dass sie an die allgemein menschliche Frage rührt, wie real unsere Wirklichkeit tatsächlich ist.

 

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