Das Sexappeal der Bad Boys

Ein Erlebnis, mit dem sich viele Männer identifizieren können: Da umgarnt man die Herzensdame wochen- oder sogar monatelang und dann entscheidet sie sich schließlich für einen Typen Mann, der unserer Meinung nach bestenfalls als Macho bezeichnet werden könnte. Oft fühlt „Mann“ sich dann ungerecht behandelt, das eigene Ego ist angeknackst und er denkt: „Ich behandle sie doch tausendmal besser als dieser unsensible Typ – warum sieht sie das denn nicht?“ Aber was ist es das den Bad Boy für die Frau so anziehend macht?

Oft und leider ist dann der nächste Schritt viele enttäuschter Männer der Entschluss, ins „feindliche Lager“ überzuwechseln: Wenn die Frauen eben auf, pardon, Arschlöcher stehen, verhalte ich mich eben auch wie eines. Was dabei in der Regel nicht erkannt wird, ist, dass Frauen normalerweise nicht auf einen „Bad Boy“als solchen stehen; vielmehr sind es gewisse Charaktereigenschaften, die ein eher machohaft auftretender Mann mitbringt: Dazu gehören Entschlossenheit, Proaktivität und Spontaneität und oft auch eine klare Vorstellung von dem, was „Mann“ vom Leben erwartet und erreichen möchte. Damit einher geht natürlich immer auch Selbstbewusstsein. Dass solche Eigenschaften nicht selten zu einem großen Erfahrungsschatz im Umgang mit dem anderen Geschlecht führen, liegt nahe – was die Chancen, auf Frauen attraktiv zu wirken, weiter erhöht.

Zusammenfassend können wir also sagen: Ein unabhängiger Mann, der weiß, was er will, vermittelt Frauen das Gefühl von Geborgenheit und Schutz – ein Umstand, der wohl leicht nachzuvollziehen ist, besonders wenn man ihn aus dem Blickwinkel der Evolutionsbiologie betrachtet. Doch warum sind es nicht selten die „Bad Boys“, die diese zweifellos positiven Eigenschaften mitbringen?

Ein Erklärungsansatz ist, dass das oben geschilderte Verhalten – vergleichbar mit dem eines Alphatiers – auf einen überdurchschnittlich hohen Testosteronspiegel zurückzuführen ist; und dieser kann erfahrungsgemäß nicht nur positive, sondern auch negative Qualitäten mit sich bringen; dazu kann Untreue in der Partnerschaft, Gewaltbereitschaft und Egoismus gehören. Nicht selten geraten Frauen, die mit einem „Bad Boy“ liiert sind, in ein Dilemma: Während ihre emotionale Seite vor allem die positiven Eigenschaften des Partners anziehend findet, muss sie auf der rationalen Ebene oft erkennen, dass die „männlichen“ Qualitäten, die sie so sehr schätzt, mit ernstzunehmenden Schattenseiten verbunden sind. Doch da die Frau ja in der Regel gerade die Möglichkeit schätzt, sich in der Beziehung fallen lassen zu können, wird selten ein Vorwurf geäußert, wenn der Partner sich ungerecht verhält.

Was lernen wir daraus? Je differenzierter wir unsere Umwelt betrachten, desto leichter fällt es uns, ein glückliches, weil authentisches Leben zu führen. Denn der Rückschluss, Frauen fühlen sich besonders zu „Bad Boys“ hingezogen, ist offensichtlich falsch – und wer meint, er müsste sein wahres Ich verbergen und sich verstellen, belügt nicht nur die Menschen in seiner Umgebung, sondern auch sich selbst. Viel konstruktiver ist die Frage, wenn es um Beziehungen geht: Welche Qualitäten soll mein Traumpartner mitbringen und welche Eigenschaften will ich selbst in mein Leben integrieren, damit ich diesem Traumpartner auf Augenhöhe begegne?