Warum das Thema Gehalt tabu sein sollte

Man hört mitunter, dass Deutsche sogar eher über Sex reden als über ihr Gehalt. Zurecht, wie Forscher nun herausfanden.

Viele haben es bereits am eigenen Leib erfahren: Wer friedlich mit anderen zusammenleben möchte, prahlt besser nicht mit seinem Gehalt. Das Thema Geld ist bereits seit langem ein Reizthema und spielt auch in der Eheberatung meist eine große Rolle. Psychologen raten hier immer, wenn möglich Geld aus der Beziehung herauszuhalten. Doch wie kommt es, dass der Umgang mit Geld oft so viele Emotionen auslöst?

Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass allein der Gedanke an Geld meist negative Verhaltensweisen bei Menschen hervorruft. Dies wirkt sich besonders auf drei Bereiche aus: Menschen, bei denen der Gedanke an Geld unbewusst geweckt wurde, sind deutlich weniger hilfsbereit als Vergleichspersonen. Sie verhalten sich also egoistisch. Der zweite Bereich betrifft die Gier und Impulsivität des Menschen. Demnach aktiviert der Gedanke an Geld in unserem Gehirn eine Zone, die mit fehlender Impulskontrolle in Verbindung steht. Der dritte Punkt bezieht sich auf die Schmerztoleranz und Risikofreude. Probanden, die bei einem Experiment an Geld denken sollten, erzählten, sie würden weniger Schmerz empfinden, obwohl sie den gleichen Reizen ausgesetzt waren und hätten zudem weniger Angst davor, Risiken einzugehen.

Kulturelle Unterschiede beim Umgang mit Geld

Professor Dr. Florian Becker ist Diplom-Psychologe und Experte für Wirtschaftspsychologie. Er erklärt, dass auch kulturelle Besonderheiten beim Thema Geld zu beachten sind. Wer bereits ein bisschen durch die Welt gereist ist, hat sicher festgestellt, dass mit Geld nicht überall so verkrampft umgegangen wird wie in Deutschland. Dieses Phänomen betrifft im Besonderen zwei psychologische Bereiche.

Zum einen gibt es andernorts kulturelle Modelle zur Erklärung von Erfolg, die sich deutlich von unserer Auffassung unterscheiden. In den USA zum Beispiel glauben die Menschen an das Individuum und an seine Möglichkeiten. Ganz nach dem amerikanischen Traum, vom Tellerwäscher zum Millionär, sind Amerikaner meist der Meinung, wenn jemand viel Geld hat, dann hat er sich das auch verdient. In Deutschland hingegen glauben wir eher an Chancen und an die Umwelt. Ist jemand nicht gut in der Schule, dann hat er nicht die richtigen Chancen gehabt. Verdient jemand viel, so verdankt er das der Gesellschaft. Diese Unterschiede bleiben bestehen, obwohl der soziale Aufstieg in den USA beispielsweise deutlich schwieriger ist als in Deutschland.

Zum anderen spielt hier die geringe Akzeptanz sozialer Unterschiede ein Rolle. In der Psychologie beschreibt der Begriff „Machtdistanz“ inwieweit soziale Unterschiede in der jeweiligen Gesellschaft akzeptiert oder betont werden. In Deutschland vertreten wir ein egalitäres Modell, wir haben wenig Toleranz für große Unterschiede. Alle sollten die gleichen Chancen haben und das Gleiche erreichen können. Daher ist die Akzeptanz, wenn jemand seinen Rang besonders hervorhebt hierzulande, eher gering. In China hingegen wird die Gesellschaft als Hierarchie betrachtet. Daher ist es dort selbstverständlich, wenn der eine mehr hat als der andere.

Die typischen Diskussionen über geschlechterbedingte Gehaltsunterschiede und die Begrenzung von Managergehältern sind also durchaus auch kulturell bedingt. Daher ist in Deutschland dazu zu raten, das Thema Geld sowohl bei der Arbeit als auch privat eher im Hintergrund zu halten und falls man doch einmal gefragt wird, was man verdient, kann man durchaus ein wenig untertreiben.