Supermarkt-Marketing durch Kinderaugen

Kinder sind in den Augen der Marktwirtschaft lägst nicht mehr das, was sie mal waren: Früher wurden sie in den Verkaufsstrategien nur am Rande beachtet und das Hauptaugenmerk lag auf der Kaufkraft der Erwachsenen. Heutzutage verhält es sich anders. Die Entwicklungen der Marketing-Forschung sind dahingehend, dass auch Kinder Konsum-Subjekte sind, deren Aufmerksamkeit und emotionale Struktur jedoch ganz anders funktioniert als die eines erwachsenen Menschen.

Infolgedessen hat sich ein neuer Zweig – das Kinder-Marketing – entwickelt.

Kinder als Opfer der Werbeindustrie

Mit Helmkameras und Interviews versuchen die Werbeforscher, in die Köpfe der Kinder zu gelangen. Dass sie dabei grundlegend anders vorgehen müssen, als bei einem Erwachsenen, ist den Wissenschaftlern klar. Die Marketing-Experten haben erkannt, dass sie sich in die Wunsch-, Spiel- und Themenwelt der Kinder einklinken müssen, um eine Beziehung zu ihrem Produkt generieren zu können. Und das ist es, worauf die Forscher abzielen: Sie wollen eine emotionale Bindung des Kindes zu der Marke erzeugen, damit diese nicht nur von den Eltern für das Kind, sondern im späteren Leben auch vom Kind selbst gekauft wird.

Anscheinend haben die modernen Strategien Erfolg: Kinder kennen heutzutage im Alter von 10 Jahren rund 300 bis 400 verschiedene Markennamen und können diese sehr genau voneinander unterscheiden. Das rechnet sich für die Hersteller und Vertreiber sämtlicher Produkte, die auch für Kinder attraktiv sind: Im letzten Jahr besaßen die Kinder in Deutschland eine Kaufkraft von rund 3 Milliarden Euro. Darüber hinaus existiert noch ein so genannter „Nagging-Markt“ mit einem Volumen von rund 70 Milliarden Euro: Das Geld, welches Eltern für ihre Kinder ausgeben, weil diese quengeln. Die so genannte „Gatekeeper-Funktion“ der Eltern wird also immer mehr untergraben.

Strategien und Orte von Kinder-Marketing

Heutzutage gibt es keinen werbefreien Raum mehr für Kinder. Ihnen begegnen Markennamen im Alltag nicht mehr nur im TV und auf Plakaten, sondern auch in der Schule, demSportverein und Internet. Wenn es sich nicht um direkte Werbung handelt, sind viele Marken als Sponsoren vertreten. Der Effekt ist der selbe – die Produkte und ihre Hersteller schleichen sich in der Leben der Heranwachsenden.

Auch der Staat scheint hier keinen Riegel vorzuschieben: Im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag heißt es lediglich, dass direkte Kaufapelle an Kinder verboten seien. Doch diese brauchen die modernen Marketing-Strategen gar nicht mehr – sie zielen auf die „Pester Power“ der Kinder ab. Gemeint ist hier die „Quengelkraft“ von Kindern, mit denen sie den oben genannten „Nagging-Markt“ generieren. Je größer die Bindung an ein Produkt, desto höher die „Pester Power“.

Diese gewünschte Bindung wird zum einen durch die Kommerzialisierung wichtiger kindlicher Rituale wie Essen und Geschichtenerzählen und zum anderen durch das Einführen eigener Helden-Figuren erreicht, die das Kind durch die verschiedenen Stadien seiner Entwicklung begleiten. So werden Werbeangebote – vor allem im Internet – immer interaktiver und erreichen so letztendlich ihre Destination: Den Kopf Ihres Kindes.