25 – Jährige
Wann ist der Mensch geistig erwachsen?
Mit 18 Jahren wird der junge Mensch volljährig und erreicht juristisch gesehen die volle Geschäftsfähigkeit. Man darf den eigenen Aufenthaltsort selbst bestimmen, in der Öffentlichkeit Alkohol trinken, in Clubs gehen, wählen gehen, unbeschränkt Geschäfte abschließen und vieles mehr. Aber ist der junge Mensch zu diesem Zeitpunkt tatsächlich schon erwachsen?
Historischer Aspekt
1875 wurde in Deutschland die Volljährigkeit per Reichsgesetz auf 21 Jahre festgelegt. Davor lag die Grenze bei 25 Jahren. Seit 1900 konnte Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten, die Volljährigkeit zugesprochen werden, regulär begann diese aber weiterhin bei 21 Jahren.
In der Deutschen Demokratischen Republik wurde im Jahr 1950 das Volljährigkeitsalter auf die Vollendung des 18. Lebensjahres herabgesetzt, wohingegen das in der Bundesrepublik Deutschland erst 1975 passierte.
Juristischer Aspekt
Laut § 10 des Strafgesetzbuches trägt der Mensch erst ab dem vollendeten 21. Lebensjahr die volle Verantwortlichkeit als Erwachsener. Unter 21-jährige Volljährige werden also nicht in jedem Fall nach Erwachsenenrecht be- und verurteilt. Das wird im Einzelfall geprüft. Menschen zwischen 18 und 21 werden als Heranwachsende bezeichnet. Im Sozialrecht wird nach § 7 SGB VIII eine weitere Grenze erst bei 27 Jahren gezogen. Junger Volljähriger ist nach SGB wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist.
Psychologischer Aspekt
In verschiedenen Foren kann man sinngemäß lesen: Mit 18 Jahren ist man volljährig, mit 21 unter Umständen erwachsen. Aber manche Menschen erreichen diesen Zustand nie. Kerstin Konrad, Professorin an der RWTH Aachen für Klinische Neuropsychologie des Kindes- und Jugendalters bestätigt das: “Wenn die biologische Reifung abgeschlossen ist, das ist etwa mit Anfang 20, dann kann man von einem erwachsenen Gehirn und Nervensystem sprechen”. Ob allerdings dann auch die soziale Reifung vollzogen ist, das sei von Fall zu Fall unterschiedlich.
Gesellschaft und Politik versuchen die Reifung mit vielen Mitteln voranzutreiben. Als aktuelles Beispiel mag hier die Verkürzung des Gymnasiums um ein Jahr auf G-8 oder das frühere Einschulen gelten. Ein früherer Schulabschluss bedingt den früheren Beginn des Studiums oder der Berufsausbildung. Aber das bringt nicht unbedingt Klarheit über den zukünftigen Berufsweg oder die Karriereplanung mit sich. „Auf der einen Seite wird die Welt immer anspruchsvoller, verlangt mehr Flexibilität und fordert Kompetenzen. Auf der anderen Seite will ein großer Anteil einer ganzen Generation nicht erwachsen werden”, konstatiert Holger Salge, der den Bereich Psychotherapie Spätadoleszenter und junger Erwachsener an der Sonnenberg Klinik in Stuttgart leitet. Er benennt sie als Generation Konjunktiv und Generation Vielleicht.
Die Möglichkeiten, die sich jungen Leuten allerdings heute bieten, sind immens und wären vor einigen Jahrzehnten undenkbar gewesen. Das kann bewirken, dass sich das Jugendalter nach hinten ausdehnt. Andererseits wird die Welt auch zunehmend unübersichtlich. Das macht Angst. Laut Salge könnte das einer der Gründe sein, dass Kinder heute später das elterliche Nest verlassen und Eltern ihre Kinder zögerlicher loslassen. Eine dringende Notwendigkeit vor den Eltern in ein eigenes Heim zu flüchten sei oftmals durch die gestiegene Toleranz und die veränderte Beziehung der Eltern zu ihren Kindern gar nicht mehr so gegeben.
Psychotherapeutischer Aspekt
Aus psychotherapeutischer Sicht sind die Jahre bis zum vollendeten 25. Lebensjahr die empfindlichsten und zerbrechlichsten. Bis zu diesem Alter ist die Menge der Suizidversuche am höchsten. Auch beginnen vor dem 25. Lebensjahr etwa drei Viertel aller psychiatrischen Erkrankungen. Trotzdem sind für die jungen Erwachsenen in Deutschland nicht mehr die Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zuständig.
In anderen Ländern wie Großbritannien ist das inzwischen anders: Dort wird den Spätadoleszenten aus psychotherapeutischer Sicht besondere Aufmerksamkeit gegeben. Es wäre gut, wenn in einer Zeit wie unserer, in der den Jugendlichen so viel abverlangt wird, auch hierzulande entsprechende psychologische Hilfestellung angeboten würde.
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