Migräne bei Wetterumschwüngen – Mythos oder Realität?
Viele Migränepatienten sehen einen direkten Zusammenhang zwischen Wetterumschwüngen und ihren Migräneattacken. In einer Umfrage von 2007 sagten rund 53 Prozent der Befragten, dass das Wetter ihre Migräneanfälle beeinflussen würde. Diese Aussagen machten das Wetter zum dem zum vierthäufigsten Auslöser für Migräne, auch als Trigger bezeichnet. Das Wetter steht damit hinter Stress, dem weiblichen Hormonzyklus und Unterzuckerung wegen fehlender Mahlzeiten. Der Wettereinfluss konnte in Studien bisher jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden, wie eine Erhebung der Universität Wien zeigte: 238 Kopfschmerzpatienten führten 90 Tage lang ein Tagebuch über ihre Schmerzattacken. Anschließend wurden die Aufzeichnungen mit den Wetterlagen der Region abgeglichen. Ein Zusammenhang konnte nicht beobachtet werden.
Wetterfühligkeit subjektiv ein wichtiger Trigger
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Neurologen von der Charité Berlin. Ein Jahr lang machten Migränegeplagte Aufzeichnungen über ihre Anfälle. Ein Abgleich mit Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit konnte in den meisten Fällen keine Wetterfühligkeit erkennen lassen. Es gab nur eine kleine Gruppe von Probanden, die häufig unter Kopfschmerzen litten, wenn es kühl war und niedriger Luftdruck sowie hohe Luftfeuchtigkeit herrschten.
Andere Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass es einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Migräneanfällen und dem Luftdruck gibt. Die Physiologen der Universität Erlangen-Nürnberg erklären dieses Phänomen mit Hilfe von Ratten: Bei den Tieren führt ein abfallender Umgebungsdruck zu einer stärkeren Entladung der Neuronen des Trigeminuskerns, dessen Aktivität scheinbar Kopfschmerzen auslösen kann.
Kein gesicherter Zusammenhang
Wetterveränderungen und Migräne stehen noch nicht in einem wissenschaftlich gesicherten Zusammenhang. Forscher sammeln jetzt für die großangelegte Studie „Migräne Radar“ Krankendaten von Migränepatienten, die ihre Attacken online, per App oder Twitter übermitteln können. Die bisher 21.000 gemeldeten Fälle wurden mit den Daten des Deutschen Wetterdienstes verglichen. Dabei wurde deutlich, dass es 24 Prozent mehr Migräneanfälle gab, wenn es in den drei Tagen davor einen Temperaturabfall von fünf Grad Celsius gab. Bei einem Temperaturanstieg von fünf Grad wurden 19 Prozent mehr Migräneattacken gemeldet.
Es ist aber noch nicht möglich zu sagen, wie wetterfühlig einzelne Patienten sind. Das soll sich ändern, wenn die Teilnehmer sich in Zukunft registrieren können. Damit wollen die Forscher bestimmen, welche Probanden besonders sensibel auf Wetterveränderungen reagieren. Da es oft Probleme mit Selbstdiagnosen gibt, sind auch Patienten der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein Teil der Studie. Um auszuschließen, dass die Probanden bei Migräneanfällen zwanghaft nach einem Trigger suchen, werden jeden Tag andere mögliche auslösende Faktoren über einen Fragebogen abgefragt.
Wetterfühligkeit als selbsterfüllende Prophezeiung
Bisherige Studien konnten bereits zeigen, dass die Überzeugungen der Patienten Einfluss haben: Für Patienten, die sich selbst für wetterfühlig halten, kann diese Einstellung zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden – worin auch die Gefahr bei Migränewettervorhersagen besteht. Deshalb sollten die möglichen Wettereinflüsse auch nicht mit Migränepatienten besprochen werden. Wer der festen Überzeugung ist, dass das Wetter oder Wetterumschwünge die Migräneanfälle auslösen, lässt sich auch von der unsicheren Studienlage nicht von dieser Ansicht abbringen. Es sei darum schwierig, aber auch wichtig, den Patienten klar zu machen, dass wir das Wetter nicht ändern können, andere Kopfschmerzauslöser schon: Bewegung, Entspannung und Medikamente können die Patienten aktiv einsetzen, um Attacken vorzubeugen und diese abzumildern – sie wären damit auf alle Fälle für jedes Wetter gewappnet.
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