#istjairre: Eine Initiative für psychisch Kranke bei Twitter!
Boris Becker tut es bekanntlich, Stefan Raab auch. Manchmal attackieren sie sich gegenseitig, manchmal auch andere. Angela Merkel, Barack Obama und der Dalai Lama tun es sogar auch: Sie twittern. Ende 2011 nutzen weltweit rund 100 Millionen Personen, Organisationen und Unternehmen mindestens einmal im Monat das Angebot des Medienanbieters. Twitter-Nachrichten sind sogenannte Mikro-Contents. Sie haben maximal 140 Zeichen Text und sind damit in dieser unserer rastlosen Zeit ohne großen Zeitaufwand, quasi im Vorbeigehen zu lesen. Und, sie werden in Echtzeit publiziert und damit einer großen Menge an Menschen in dem Moment zugänglich gemacht, in dem sie geschrieben werden.
Diese Textnachrichten werden unter anderem den Personen angezeigt, die diesem Benutzer folgen. Sie werden als „Follower“ bezeichnet. Justin Bieber soll mit 40 Millionen Followern die meisten Leser haben. Eine der Tweets, der in letzter Zeit viel durch die Presse ging, war der Satz von Boris Becker: „Ich stolz Deutscher zu bin“, was zu besagtem Schlagabtausch zwischen Becker und Raab führte. Aber natürlich gibt es auch wichtige, politisch relevante Nachrichten, die der Öffentlichkeit in der Dauer eines Wimpernschlags zur Verfügung stehen.
Als Beispiel mögen hier die Aufstände im Iran im Juni 2009 gelten. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Notlandung eines Flugzeugs im Hudson River in New York im Januar 2009. Folgender Tweet war in Echtzeit zu lesen: “Da ist ein Flugzeug im Hudson. Ich bin auf der Fähre, die diese Leute aufsammelt. Verrückt!“.
Was ist ein Hashtag?
Hashtag besteht aus zwei englischen Begriffen hash und tag. „Hash“ steht für das Doppelkreuz und „tag“ ist eine Markierung. Hashtags sind verlinkt und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Man denke nur an „#aufschrei“. Derartig markierte Tweets waren Anfang 2013 ursprünglich Beiträge zu einer Debatte über Sexismus, die durch die Publikation einer als übergriffig beschriebenen Begegnung der Journalistin Laura Himmelreich mit dem FDP-Politiker Rainer Brüderle ausgelöst wurde. Damit ausgelöst wurde jedoch eine Lawine von allgemeineren Tweets über Bemerkungen und Übergriffe, denen Frauen sich in ihrem alltäglichen Leben ausgesetzt sehen und die sie als sexistisch empfinden.
Was will #istjairre?
Der neue Protest-Hashtag „#istjairre“ soll auf die die Diskriminierung von seelisch Erkrankten aufmerksam machen. Initiatorin ist die Studentin und freie Autorin Hengameh Yaghoobifarah. “Der tägliche Kampf, aber auch der tägliche Gegenwind durch andere Menschen raubt unglaublich viel Kraft. Es tut dabei sehr gut, sich auszutauschen und zu sehen, dass andere Menschen auch diese Realität zu spüren bekommen”, sagt sie. #isjairre soll eine Plattform für Menschen sein, die schlechte Erfahrungen im Umgang mit (ihren) psychischen Erkrankungen gemacht haben. Ein Austausch und eine Diskussion über mangelnde Akzeptanz und die Diskriminierung ist das Ziel. Da berichtet zum Beispiel ein Betroffener als Irrer und Schmarotzer bezeichnet worden zu sein, da er durch seine Zwangserkrankung arbeitsunfähig ist.
Der Hashtag trifft den Nerv der Zeit. Die Zahl psychisch erkrankter Menschen steigt immer weiter. Die Krankenkasse DAK meldet einen Anstieg um 74% in den letzten sieben Jahren. Gleichzeitig vermelden Forscher einen Anstieg der Stigmatisierung und Ablehnung psychisch Kranker. Asmus Finzen, Autor des Buches „Stigma psychische Krankheit“ und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie berichtet: “Trotz großer Kampagnen ist die Ablehnung schlimmer als noch vor zwanzig Jahren”. Dazu gibt es eine repräsentative Studie von 1990, die 2011 wiederholt wurde. Finzen schreibt dazu in der Zeitschrift „Psychosoziale Umschau“: “Während 1990 knapp ein Fünftel der Befragten keine Schizophreniekranken als Nachbarn dulden wollte, war es 2011 fast ein Drittel. Am Arbeitsplatz war das nicht anders. Während sich 1990 zwei Fünftel nicht vorstellen konnten, mit einem Psychosekranken befreundet zu sein, war es 2011 mehr als die Hälfte”. Das ist wohl auch der Grund, dass in Twitter unter dem Hashtag #istjairre leider auch dumme Kommentare und spöttische Bemerkungen zu lesen sind. Dies beweist, wie bitter nötig lnitiativen wie #istjairre auch und gerade in den sozialen Netzwerken sind, da sie ein riesiges Publikum erreichen und den Menschen Mitteilungsplattform sein können.
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