Die Körpergröße an der Stimmlage erkennen – Ist das möglich?
Offenbar brauchen wir einen Menschen nicht zwangsläufig zu sehen, um herauszufinden, wie groß er ist. Auch anhand der Stimmlage lässt sich die Körpergröße scheinbar erkennen. Ob diese Fähigkeit angeboren ist, oder ob man sie erlernen kann, ist bis heute jedoch unklar.
Blinde und Sehende hörten gleich gut
Polnische Psychologinnen stellten nun fest, dass von Geburt an Blinde ebenfalls in der Lage sind, die Körpergröße eines Menschen zu erfassen. Und zwar anhand der jeweiligen Stimmlage. Dies könnte auf die menschliche Evolution zurückzuführen sein, da es sich in ihrem Verlauf als wichtig erwiesen haben könnte, große und somit potentiell dominante Männer bereits am Klang ihrer Stimme erkennen zu können. Diese Fähigkeit scheint nicht von einem Lernprozess abhängig zu sein, der das Sehen erfordert. Daher könnte dieses Phänomen hauptsächlich auf genetischen Faktoren beruhen, so die Forscherinnen.
Katarzyna Pisanski und ihr Team von der Universität Breslau belegten durch ihre Untersuchungen, dass visuelle Erfahrungen nicht zwangsläufig nötig seien, zur zuverlässigen Einschätzung der Körpergröße eines anderen Menschen. Man müsse demnach beispielsweise nicht im Kindesalter erst einmal lernen, dass große Männer eher tiefere Stimmen haben. Doch auch die Annahme, dass Blinde auf Grund eines sensibleren Gehörs die Körpergröße anhand der Stimmlage besser einschätzen können als Sehende bestätigte sich nicht. Blinde Menschen schneiden zwar durchaus besser ab bei der Lokalisierung von Geräuschquellen, doch bei der akustischen Einschätzung der Körpergröße durch die Stimmerkennung sei dies nicht der Fall, so die Expertinnen.
Angeboren oder erlernt?
Für die Studie wurden 91 Frauen und Männer zwischen 20 und 65 mit einem normalen Hörsinn untersucht. Ein Drittel der Teilnehmer war entweder von Geburt an blind oder bereits im ersten Lebensjahr erblindet. Vierzig Probanden hatten erst später im Leben ihr Augenlicht verloren und 23 weitere Teilnehmer dienten als Kontrollgruppe mit intaktem Sehvermögen. Die Probanden bekamen verschiedene vorher aufgenommen Männerstimmen über Kopfhörer vorgespielt. Zu diesem Zweck hatten die Wissenschaftlerinnen zuvor 30 Stimmproben aufgezeichnet und spielten jeweils zwei nacheinander den Teilnehmern vor. Anschließend sollten die Testpersonen entscheiden, welche Stimme dem größeren Mann gehören könnte. Die Körpergrößen unterschieden sich zwischen 0 und 21 Zentimetern.
Sowohl Blinde als auch Sehende erzielten in diesem Test ähnliche Trefferquoten. Auch Geschlecht und Alter der Probanden schien keine Rolle zu spielen. Je größer der Unterschied der Körpergrößen, desto treffsicherer fielen auch die Ergebnisse aus. Bei einer maximalen Größendifferenz entschieden sich 88 Prozent der Befragten richtig. Zum einen lassen sich die Ergebnisse dadurch erklären, dass die Fähigkeit, die Körpergröße anhand der Stimmlage zu erkennen, wohl angeboren ist. Andererseits könnte der Zusammenhang zwischen Stimme und Größe auch auf irgendeine Weise erlernt worden sein. Aus unserer Erfahrung heraus wissen wir beispielsweise, dass große Objekte, ob sie nun lebendig oder unbelebt sind, meist tiefere Töne von sich geben oder erzeugen, als kleinere. In einer Folgestudie wollen die Forscherinnen nun untersuchen, ob es sich bei dem Erkennen von Frauenstimmen durch Blinde und Sehende ähnlich verhält.
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