Oxytozin – Das Liebeshormon

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Oxytozin - Das Liebeshormon

Der Allgemeinheit ist Oxytozin unter dem Namen Bindungs-, Treue- oder auch Liebeshormon bekannt. Dabei ist der Botenstoff viel mehr als das – und verursacht wesentlich komplizierte Effekte im Gehirn. In den 1970er Jahre erkannten Neurowissenschaftler, dass Oxytozin bei vielen Spezies Einfluss auf mütterliches Verhalten und soziale Bindungen nehmen. Lange wurde es als Kuschel- und Beziehungshormon verschrien. Bei Säugetieren kann jedoch nur schwer festgestellt werden, wo, wann und wie viel im Gehirn tatsächlich freigesetzt wird. Auch die Hauptaufgabe des Hormons ist noch nicht endgültig geklärt.

Bessere Signalwirkung

Eine Studie zeigte, dass Oxytozin vorübergehend inhibitorische Neurone blockiert, was zu einer stärkeren Antwort exzitatorischer, erregender Nervenzellen führt. Ankommende Signale, wie beispielsweise das Rufen von Mäusejungen, werden verstärkt wahrgenommen und als wichtig bewertet. Erstmals war eine Studie in der Lage, ein klares Verhaltensmuster, eine bestimmte Gehirnregion und eine Grundlage auf zellulärer Ebene zusammenzubringen.

Eine weitere Untersuchung beschäftigte sich mit den neuronalen Schaltkreisen. Beobachtet wurde, dass Oxytozin eine Wirkung auf inhibitorische Interneurone hat und so Hintergrundgeräusche im Hirnschaltkreis minimiert – die Signalweiterleitung wird enorm verbessert. Die Ergebnisse stützen die allgemeine Theorie, dass Oxytozin die soziale Interaktion fördert. Der Grund sei, dass das Hormon die Reaktion des Gehirns auf relevante Signale und Geräusche verstärkt. Doch alleine ist Oxytozin nicht verantwortlich: Das Hormon arbeitet mit dem Neurotransmitter Serotonin zusammen und ist dabei Teil eines größeren Ganzen – es kontrolliert verschiedene Regelsysteme.

Hilfe bei psychischen Erkrankungen

Da das Hormon seit den 1950er Jahren als Geburtsbeschleuniger genutzt wird, hält es die Wissenschaft für unbedenklich, Oxytozin in Verhaltensexperimenten einzusetzen. Schon vor zehn Jahren wurden die Folgen einer Einzeldosis Oxytozin per Nasenspray untersucht: Es förderte das Sozialverhalten und steigerte die Bereitschaft, Mitspielern Geld zu leihen. Darüber hinaus blickten Menschen nach der Verabreichung des Hormons anderen länger in die Augen und konnten deren Emotionen besser erkennen. Deshalb ist Oxytozin beliebt bei psychiatrischen Erkrankungen. Besonders bei einer Autismus-Spektrum-Störung, bei der die Betroffenen Schwierigkeiten mit Kommunikation und sozialer Interaktion haben, könnte es helfen. Frühere Studien zeigten, dass eine Einzeldosis Oxytozin bei Patienten mit Autismus-Spektrum-Störung vorübergehend die Empathie und das Maß an sozialer Kooperation steigern können. Doch viele Studien können keine allgemeinen Aussagen machen, da sie auf Einzeltests mit wenigen Probanden beruhen. Bei anderen Studien gab es keine Hinweise auf eine langfristige, positive Veränderung bei psychiatrischen Erkrankungen.

Unterschiedliche Wirkung

Der Zusammenhang zwischen Autismus und Problemen im Oxytozinregelkreis konnte bisher nicht sicher hergestellt werden. Eine Forschergruppe kam zu den Erkenntnissen, dass einige Autismusformen tatsächlich von Oxytozinmangel verursacht werden. Bei der sehr heterogenen Autismus-Störung sei aber nur eine Untergruppe an Patienten für eine entsprechende Therapie geeignet. Große klinische Studien sollen nun testen, wie Oxytozin und eine entsprechende Therapie bei Autismus-Spektrum-Störungen wirken.

Oxytozin hat nicht zwingend positive Effekte: Niedrige Dosen bei Präriewühlmäusen verbesserte die Paarbindung von Erwachsenen, während hohe Dosen zum Gegenteil führten. Bei Patientenstudien fiel auf, dass auch nur ein Hauch des Hormons Menschen gegenüber Konkurrenten aggressiver macht. Auch bei Borderline-Patienten senkte eine Einzeldosis Vertrauen und Kooperationsbereitschaft. Oxytozin muss also Weg vom Image des Liebeshormons. Die Wirkung von Oxytozin sei nicht einfach zu bestimmen, sagen die Wissenschaftler. Nicht bei allen Menschen habe der Stoff den gleichen Effekt – die Biologie dahinter zu komplex sei.

 

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