Virtuelle Realitäten gegen PTBS?

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Virtuelle Realitäten gegen PTBS?

Expositionstherapie auf Basis von virtuellen Realitäten ist die neuste Entwicklung in der Forschung nach effektiven Behandlungsmethoden von psychisch Kriegsversehrten.

Die Posttraumatische Belastungsstörung ist mit den Phobien und Angststörungen verwand und hier hilft oft eine Expositionstherapie. Da die das Trauma erzeugenden Situationen meist nicht nachstellbar sind, mag hier die virtuelle Realität Abhilfe schaffen. Neuste Studien weisen den Weg in diese Richtung.

Was ist Expositionstherapie mit virtueller Realität?

Eine normale Exposition wird in der Therapie von Phobien, beispielsweise bei der Behandlung der Angst vor Spinnen, der sogenannten Arachnophobie eingesetzt. Hier wird in “imago” und “in vitro” unterschieden. Zunächst sprechen die Klienten nur darüber, wie es sich anfühlt, wenn sie eine Spinne sehen, später stellen sie sich vor, eine Spinne auf der Hand zu halten – und zu letzt führen sie diese Handlung tatsächlich aus, um die Angst zu überkommen und festzustellen – “Ich kann diese Situation bewältigen”.

Bei Soldaten, die unter extremen Bedingungen Kameraden verloren haben oder selber töten mussten, ist es sehr viel schwieriger, so eine Exposition durchzuführen. Aber neue Erkenntisse aus der Forschung mit virtuellen Realitäten öffnen hier neue Möglichkeiten, die traumatisierten Kämpfer mit ihren Ängsten zu konfrontieren. Das Setting ist hierbei dem vorher beschriebenen sehr ähnlich – Patient und Therapeut befinden sich in einem Praxisraum und sitzen beieinander. Jedoch sitzt der Therapeut an einem Computer, während der Veteran ein Gerät über den Augen trägt, das ihn eine virtuelle Realität erleben lässt. Zusätzlich können auch Geräusch-Kulissen und Gerüche mit eingesetzt werden. Das Szenario, dass der Patient nun “betritt” entspricht der traumatischen Situation und funktioniert im Prinzip genauso, wie im Fall der Arachnophobie.

Wie funktioniert virtuelle Therapie?

Wie im Beispiel oben auch, soll dem Patienten die Angst genommen werden. Bei posttraumatischer Belastungsstörung plagen den Patienten eine Vielzahl von Symptomen, die den Alltag erschweren und die Funktionalität einschränken. Das wohl schlimmste Symptom ist der Flashback, beziehungsweise die Intrusion, bei der ein mit dem traumatischen Ereignis assozierter Reiz – im Fall eines Soldaten zum Beispiel die Geräusche von Schüssen oder Explosionen – den Betroffenen wieder “an den Ort des Geschehens” versetzt und ihn dadurch alle Gefühle und Reaktionen wiedererfahren lässt.

Dies würde für den eben beschrieben Fall zum Beispiel auch bei Feuerwerk oder Kinofilmen der Fall sein, oder auch nur, wenn er ein anderes Geräusch mit der auslösenden Situation assoziert. Als Schutzreaktion tritt deshalb oft völlige emotionale Taubheit bei den Betroffen auf – sie schirmen sich gänzlich von ihren Emotionen ab, um diese traumatischen Ereignisse nicht mehr spüren zu müssen. Dies führt zu weiteren Einschränkungen der Lebensqualität, des Beziehungserlebens und anderer Funktionalitäten.

Das wiederholte virutelle Erleben der traumatischen Kampfhandlungen im geschützten Raum der Therapie kann den Patienten für die Reize desensibilisieren und ihn neue Strategien für den Umgang mit der Situation erlernen lassen. Durch das kontrollierte Zulassen der Emotionen kann der Patient unter der Anleitung des Therapeuten lernen, diese aus dem restlichen Alltag fernzuhalten, bei ungewolltem Auftauchen sich ihnen nicht hilflos ausgeliefert zu fühlen, sondern wieder loslassen zu können.

Ergebnisse und Risiken

Die virtuelle Realität für die Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis einzusetzen, hat zwar in letzter Zeit gerade in den USA enorm hohre Erfolgsraten erzielt, wird jedoch weiter empirisch untersucht, um Fehlanwendungen und Folgeschäden zu vermeiden. Denn die bereits in der Psychotherapie von Traumatisierten verwendeten Konfrontationstechniken, wie die Narrative Expositionstherapie und das bewusste Wiedererinnern und Beschreiben, sind meist erst im weiteren Verlauf der Therapie angebracht und müssen behutsam eingesetzt werden. Meist sollte diesen wie auch immer gearteten Expositionen eine Vorbereitungszeit vorausgehen, in der der Klient stabilisiert wird.

Eine reine Anwendung der virtuellen Konfrontation mit der traumatischen Situation in mehreren Sitzung könnte sensiblere Gemüter überfordern und zu Rückfällen oder Verschlimmerungen führen. Daher spricht vieles für spezielle Fortbildungen von gut ausgebildeten klinischen Psychologen und Ärzten, bevor die Therapie angeboten wird. Auch wenn bis jetzt viele Studien für die Effektivität der Methode sprechen und diese somit als empirisch belegt angepriesen wird, werden weiter Studien durchgeführt, um Risiken auszuschließen. Langzeitfolgen werden erst durch langfristiger angelegte Studien absehbar werden. Zur Zeit kommt es aber nicht zuletzt von Seiten der Hersteller zu einer starken Vermarktung der Technologie, auch, da gerade in den USA zu wenige professionelle Therapeuten für die Behandlung der vielen in Afghanistan und im Iraq traumatisierten Veteranen zur Verfügung stehen.

Des Weiteren erscheint jungen Leuten die Therapie in einer virtuellen Realität intuitiv ansprechender als eine klassische Therapie, die gerade in Militär-Kreisen mit einem Stigma einhergeht. Vom Prinzip her kennen die jungen Soldaten die virtuellen Realitäten auch schon – sie wurden teilweise aus dem beliebten Video-Kriegsspiel “Full Spectrum Warrior” entnommen, das einige der Betroffenen möglicherweise bereits vor ihrem Einsatz vor dem heimischen PC spielten. Dass diese Spiele ebenfalls gerade in den USA jedoch immer wieder mit Gewalttaten durch psychisch Kranke in Verbindung gebracht werden, verdeutlicht die komplexe Fragestellung nach den Effekten und den ethischen Implikationen von virtuellen Realitäten auf unsere Psyche.

 

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