Freundschaften – Wahrnehmung vs. Realität
Freundschaften sind in unserem Leben immens wichtig. Doch nicht immer scheinen wir richtig einschätzen zu können, welche Freunde uns wirklich nahe stehen und welche Freundschaften leider nur oberflächlich sind. Eine Studie aus Kanada belegt jedoch, dass Menschen mit einem großen Freundeskreis deutlich stressfreier und somit gesünder leben.
Kürzlich berichtete die New York Times über eine Untersuchung, aus der hervorgeht, dass wir unsere Freundschaften oftmals anders einschätzen als sie im Endeffekt sind. Nicht alle unsere Freunde bringen uns demnach ebenso freundschaftliche Gefühle entgegen wie wir ihnen. Insgesamt befragten die Wissenschaftler 84 weibliche und männliche Studentinnen und Studenten einer Schule für Management im Alter von 23 bis 38 Jahren. Anhand eines Punktesystems sollten sie ihre Klassenkameraden einordnen. 5 Punkte waren gleichbedeutend mit „beste Freundin/bester Freund“, 3 Punkte wurden „Freunden“ verliehen und 0 Punkte bekamen „unbekannte Personen“.
Falsch eingeschätzte Freunde
In 94 Prozent der Fälle, bei denen die Testpersonen jemanden als Freund bezeichneten, gingen sie gleichzeitig davon aus, dass ihre Freundschaft auch erwidert wird. Doch lediglich bei 53 Prozent kam es zu einer Übereinstimmung der Einschätzung. Die Autoren der Studie versuchten anschließend der Frage auf den Grund zu gehen, woher wohl diese Fehleinschätzung kommen könnte. Alex Pentland, der als Co-Autor mitwirkte, vermutet, dass dies teilweise aus Selbstschutz geschehe, denn niemand gebe gerne zu, dass seine Gefühle nicht erwidert werden.
Es könnte jedoch auch daran liegen, dass wir uns allein bei der Definition von Freundschaft sehr schwer tun, erklärt Alexander Nehamas, der an der Universität Princeton Philosophie lehrt. In seinem Buch zu diesem Thema schreibt der Experte, es sei beispielsweise einfacher zu beschreiben, was Freundschaft nicht ist, als klar zwischen Bekanntschaften und Freunden zu unterscheiden. Freundschaft dürfe zum Beispiel keinesfalls zweckorientiert sein, so Nehamas. Spezifische Erwartungen und strategisches Denken seien daher eher ein Indiz für eine Zweckgemeinschaft.
Keine Zeit für mehr als fünf Freunde
Essentieller Faktor für Freundschaften sei in jedem Fall Zeit, erläutert Ronald Sharp, der im Bereich Literatur auch zum Thema Freundschaft schreibt und lehrt. Außerdem gehe es darum zueinander zu stehen, seine eigenen Schwächen und die des anderen zu kennen, über Probleme reden und zuhören zu können. Janosch Schobin hingegen von der Universität Kassel hält einseitige Freundschaften für ganz normal. Freundschaften verändern sich ständig und besonders bei neuen Bekanntschaften sei eine klare Einschätzung oft nicht möglich, so der Soziologe. Wenn eine Freundschaft auf längere Zeit bestehen solle, dann sei sie meist gegenseitig, wenn dies nicht der Fall sei, gehe sie ein.
Robin Dunbar beschreibt daher die Komplexität einer Freundschaft mit mehreren Schichten. Der Evolutionspsychologe aus Großbritannien ist der Meinung, wir können nicht mehr als 150 stabile Freundschaften gleichzeitig aufrecht erhalten. Von diesen 150 Kontaktpersonen seien jedoch lediglich fünf wirklich enge Freunde. Die oberste und intimste Schicht bestehe sogar meist nur aus zwei oder drei Personen, dem Partner oder der Partnerin sowie ein bis zwei besten Freunden. In der zweiten Schicht befänden sich Menschen, mit denen wir sehr häufig (mindestens einmal die Woche) Kontakt hätten. Alle weitere Schichten seien eher Bekanntschaften, in die wir deutlich weniger Zeit investieren. Der Mensch sei emotional und auch zeitlich nicht in der Lage alle Kontakte aufrecht zu erhalten, so der Experte.
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