Deutschland: Das Land der Psychotherapie

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Deutschland: Das Land der Therapie

Immer mehr Menschen stehen offen dazu, wenn ihre Seele krankt.  Dadurch findet die Psychotherapie auch immer mehr Zuspruch. Es wurde nahezu entstigmatisiert. Warum? Weil viele es schon selbst kennengelernt haben, sei es weil sie sich selber haben therapieren lassen oder weil sie jemanden in ihrem Umfeld haben oder hatten, der eine Psychotherapie gemacht hat. Im privaten Umfeld sind wir auf einem guten Weg, das sieht auch Thorsten Padberg, selbst Psychologe, so. Er gibt allerdings zu bedenken, dass viele Therapeuten bei der Behandlung nicht auf die Rahmenbedingungen der Gesellschaft Rücksicht nehmen.

Betroffene warten bis zu 4 Monate auf eine Psychotherapie

Unser Land wird immer mehr zum Therapieland. Die Zahl der psychisch Erkrankten erhöht sich statistisch jährlich um ein Viertel, das sind 22 Millionen Menschen. Doch leider ist es schwierig, einen geeigneten Therapieplatz zu bekommen, da die Nachfrage das Angebot inzwischen weit übersteigt. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz durchschnittlich 4 Monate.

Therapie-Patienten werden nicht mehr verurteilt

Der Umgang mit dem Thema hat sich auch deutlich verändert. Es gibt viele betroffene Menschen oder solche, die Psychotherapie-Patienten in der Familie oder im Freundeskreis haben. Es gibt auch einige Leute, die über eine Therapie nachdenken. Da eine Psychotherapie heute alltäglich und gegenwärtig ist, gehen wir anders damit um.

Soziale Not führt zur Diagnose

Unsere Gesellschaft verändert sich, wir pflegen deutlich weniger enge Kontakte. Wir sehen uns nach guten Gesprächen, haben aber oft keine Zeit, das auch noch unterzubringen. Wir sehnen uns nach Menschen, in denen wir Verständnis und Zuverlässigkeit finden. Ein Bericht der FAZ gab an, dass Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende und Migranten als besonders gefährdet gelten.

In den genannten Gruppen herrscht eine soziale Not. Es fehlt an Sicherheit im sozialen Bereich. Diese sozialen Notlagen macht auch J. Hari in seinem Bestseller „Der Welt nicht mehr verbunden“ zum Auslöser für psychische Erkrankungen.

Sehen wir also den aufsteigenden Trend zu Psychotherapien als positiv an? Viele Therapeuten arbeiten allein im persönlichen Bereich des Patienten. Die Befürchtung liegt nah, dass wenn nur am einzelnen Menschen gearbeitet wird, die Isolierung noch mehr verstärkt wird.

Ja zur Therapie?

Es gibt immer noch einen Teil der Bevölkerung, der es  ablehnt, dass immer mehr Menschen eine Therapie in Anspruch nehmen. Es gibt Sachverständige, die der Meinung sind, dass die wirklich psychisch gefährdeten Patienten gar nicht in den Praxen zu finden sind. Dort würden sich nur Menschen behandeln lassen, die durch ihr Leben gestresst oder genervt sind. Es sollten eher die schweren Leidensfälle behandelt werden.

Gesundheitsminister Spahn vertritt hier die Meinung, dass vorab durch eine Schiedsstelle zu klären sei, ob eine Psychotherapie von Nöten bzw. sinnvoll ist. Die Bürger unseres Landes vertreten da aber eine andere Meinung. Es wurde eine Bundestagspetition eingereicht, die von ca. 160.000 Menschen unterschrieben wurde. Die Petition richtete sich gegen eine solche Schiedsstelle. Grundlage für die große Resonanz auf die Petition ist, dass Menschen, die in ihrer Zukunft Therapiebedarf sahen, auch abgesichert sein möchten. Man stelle sich vor, dass bei einem orthopädischen Anliegen auch erst einmal vor der Schiedsstelle geklärt werden müsste, ob das Problem den Gang zum Orthopäden rechtfertigt.

Das soziale Ganze im Auge behalten

Es gibt zu viele Lücken im sozialen Netz. Es ist für Patienten oft schon eine Hilfe, wenn ihnen zugehört wird. Es tut gut, über das eigene Leid zu sprechen und mit jemandem gemeinsam Lösungen zu finden. Es ist die Aufgabe der Psychotherapeuten, auf die Missstände im sozialen Netz aufmerksam zu machen. Isolation, schlechte Arbeitsverhältnisse und Verurteilung machen krank. Die Gesellschaft entwickelt sich in eine schlechte Richtung. Die Folgen dieser Entwicklung sind nicht immer durch eine Psychotherapie heilbar. Denn keine Therapie kann das ersetzen, was uns an gesellschaftlichen Werten verloren gegangen ist.

Tipp der Redaktion: Der Deutschlandfunk bietet genau zu diesem Thema einen mehrteiligen Podcast an. Ihr findet ihn in allen aktuellen Podcatchern wie Apple, Spotify und natürlich in der DLF-Audiothek.

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