Welche Folgen hat Ghosting für Betroffene?

Wenn ein Mensch, der einem bis vor kurzem noch nahe stand, plötzlich abtaucht und weder auf Anrufe noch sonstige Nachrichten reagiert, kann dies sehr schwer für die Betroffenen sein. Das sogenannte Ghosting kann große psychische Schmerzen zur Folge haben.

Man lernt jemanden kennen, schließt eine neue Bekanntschaft oder ist bereits länger mit einer Person befreundet – und plötzlich taucht dieser Mensch ab, verschwindet spurlos. Auf Anrufe, Nachrichten und sonstige Kontaktversuche reagiert er nicht. Dieses abrupte Abtauchen nennt man „Ghosting“. Eine sehr treffende Bezeichnung für das Phänomen, da die Verschwundenen den Betroffenen meist noch lange im Kopf herumspuken.

Gefangen in der Endlosschleife

Wird eine Beziehung beendet, ist dies oft schmerzhaft, aber wir lernen damit umzugehen, da es zu einem Abschluss kam. Man hat die Möglichkeit, mit der anderen Person über die Gründe der Trennung zu reden und selbst wenn man im Streit auseinander geht, ist somit ein klares Ende markiert worden. Wir können nun beginnen, unseren eventuellen Schmerz zu verarbeiten.

Beim sogenannten Ghosting allerdings bekommen wir kein klares Ende geliefert, wir bleiben in der Ungewissheit gefangen. Meist fühlt man sich verletzt, da die andere Person einem nicht einmal den Respekt einer letzten Aussprache zollt. Außerdem fällt es in solchen Situationen schwer, eine geeignete Reaktion auf dieses offene Ende zu finden. Diese Endlosschleife kann bei den Betroffenen zu großen psychischen Schmerzen führen, die unser Gehirn als ebenso schmerzhaft wie physische Schmerzen empfinden kann.

Selbstzweifel und ein Gefühl der Ohnmacht

Zu Anfang machen sich die Betroffenen meist große Sorgen. Vielleicht ist demjenigen etwas zugestoßen, vielleicht ist er schwer krank oder es ist etwas schlimmes in der Familie vorgefallen? Ghosting strapaziert unsere Nerven in hohem Maße, da wir nicht wissen, was passiert ist. Das sogenannte „Social monitoring system“ springt an. Das Abscannen der Umgebung und der Erinnerung nach Hinweisen darauf, was geschehen sein könnte. Dieses Verhalten warnt uns beispielsweise, wenn eine Beziehung gefährdet ist oder wir uns ausgeschlossen fühlen. Doch beim Ghosting können wir einfach keine Ursache finden.

Das führt dazu, dass unser Gehirn ruhelos weiter nach möglichen Gründen sucht. Außerdem entsteht ein Gefühl der Ohnmacht. Wir beginnen an uns selbst zu zweifeln oder fragen uns, warum wir die abgetauchte Person nicht richtig einschätzen konnten. Hätte man es vielleicht verhindern können? War man selbst der Grund, warum die Person verschwunden ist? All diese Fragen werden wohl ungeklärt bleiben. Als kleinen Trost kann man Betroffenen mit auf den Weg geben, dass Personen, die Ghosting praktizieren, wohl auch nicht die richtigen Menschen waren, um eine enge und aufrichtige Beziehung führen zu können.