Rituale machen Essen köstlicher

,
Rituale machen Essen köstlicher

Viele kennen es noch aus ihrer Kindheit und geben es nun an den eigenen Nachwuchs weiter: Gegessen wird am Tisch und erst, wenn alle Familienmitglieder Platz genommen haben. Manche wünschen sich dann noch einen Guten Appetit und andere sprechen ein Gebet, um dann mit der Mahlzeit zu beginnen. Solche Rituale vor dem Essen scheinen banal, haben psychologisch gesehen jedoch einen unschätzbaren Wert.

Das Forscherteam um Kathleen Vohs von der Carlson School of Management an der University of Minnesota hat sich in einer Studie, welche vier Experimente umfasste, mit der Frage beschäftigt, wie sich Rituale vor dem Essen auf das Genuss- und Geschmackserlebnis der Essenden auswirkt – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Die amerikanischen Wissenschaftler führten insgesamt vier Experimente durch, in denen sie die Teilnehmer jedes Mal in verschiedene Gruppen aufteilten. Jedes Experiment baute dabei auf den Erkenntnissen des vorherigen auf und fügte diesen einen weiteren Aspekt hinzu. Im ersten Experiment baten die Forscher rund 50 Studenten, eine Tafel Schokolade zu verzehren. Sie teilten die Probanden in zwei gleich große Gruppen ein und gaben einer Gruppe ein kleines Ritual vor dem Essen vor, während die andere ohne Anweisung einfach drauf los essen durfte. Die erste Gruppe, welche die Schokolade vorerst im verpackten Zustand durchbrechen und dann erst die eine Hälfte auswickeln und essen und dann die andere verspeisen durfte, zeigte ein deutlich anderes Geschmacks- und Genussempfinden als die zweite Gruppe.

Sie war im Vergleich bereit, 25 Cent mehr für das Produkt auszugeben, behielt die Schokolade rund 10 Sekunden länger auf der Zunge und verspürte nach eigener Einschätzung einen weitaus höheren Grad des Genusses. Bei einem zweiten Experiment wurden die 40 teilnehmenden Personen wieder in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Probanden wurden eingeladen, eine hausgemachte Limonade zu verkosten, wobei die erste Gruppe die Limonade nach Rezept selbst herstellte und die zweite Gruppe dem Versuchsleiter nur bei der Herstellung zusehen durfte. Auch hier waren die Unterschiede zwischen den Gruppen klar erkennbar: Denjenigen, die ihre Limonade selbst hergestellt hatten, schmeckte das Getränk deutlich besser als der Vergleichsgruppe.

Im dritten Versuch nahmen mit 100 Probanden die meisten Personen teil. Die Wissenschaftler baten die Versuchspersonen hier, eine Möhre zu verzehren und teilten sie vorher in insgesamt vier unterschiedliche Gruppen ein: Gruppe 1 bekam die Anweisung, vor dem Verzehr eine ritualähnliche Handlung auszuführen, wie etwa ein bewusstes Einatmen oder das Schließen der Augen. Gruppe 2 bekam die selben Instruktionen und musste zudem noch einen gewissen Zeitraum zwischen dem kleinen Ritual und dem Verzehr der Möhre abwarten. Die dritte Gruppe musste ebenfalls etwas warten vor dem Verzehr, bekam aber kein Ritual zugeteilt. In der letzten Gruppe schließlich wurden gar keine Anweisungen vergeben und die Probanden durften die Möhre einfach so verzehren. Der Aufwand hatte sich gelohnt, denn die Ergebnisse waren eindeutig: Gruppe 1 und 2 empfanden beim Verzehr der Möhre einen höheren Genuss als Gruppe 3 und 4.

Der Spitzenreiter in Sachen Genusserleben war dann jedoch im Gesamten Gruppe 2, die neben dem Ritual auch noch eine gewissen Wartezeit hatte. Bei dem letzten Experiment im Rahmen der Studie nahmen 87 Probanden teil, die zum einen aufgefordert wurden, eine Tafel Schokolade zu essen und zum anderen einen Fragebogen zum Thema „intrinsisches Interesse“ auszufüllen. Die Teilnehmer wurden wieder in zwei Gruppen aufgeteilt, wovon der einen wieder ein Ritual vor dem Essen vorgegeben wurde und die andere keinerlei weitere Anweisungen erhielt. Wie zu erwarten, schätzte die erste Gruppe die Schokolade als leckerer und wertvoller ein, als die zweite Gruppe ohne Ritual.

Die Ergebnisse im Detail mit Zukunfsaussichten

Wie bereits erwähnt, bauten die Ergebnisse der vier Experimente inhaltlich aufeinander auf. Während das erste Experiment lediglich bewies, dass Rituale vor dem Essen das Geschmacks- und Genusserleben positiv beeinflussen, konnte der zweite Versuch bereits zeigen, dass dieser Effekt sich noch verstärkt, je aktiver der Essende in das Ritual mit eingebunden wird. Im dritten Experiment konnte ein weiterer Effekt bestätigt werden, nach dem ein verzögerter Konsum den Appetit steigert. Das letzte Experiment brachte die Forscher schließlich zum Kern des Mechanismus: Nachdem sie statistisch den Einflussfaktor des im Fragebogen angegebenen intrinsischen Interesses herausgerechnet hatten, konnte kein Unterschied im Genussempfinden zwischen der Gruppe mit und derjenigen ohne Ritual erkannt werden.

Es geht also im Kern der Sache nicht um die Ausführung des Rituals, sondern das Gefühl, welches dieses auslöst: Nämlich die Vorfreude und das Hinfiebern auf die bevorstehende Mahlzeit. In der Zukunft erhoffen sich die Wissenschaftler eine Anwendung ihrer Ergebnisse auch auf andere Bereiche des Lebens wie etwa die Anwendung von Safer Sex und die präoperative Versorgung von Patienten – es stellt sich zumindest die Frage, ob symbolische Handlungen sich positiv auf die Genesung auswirken könnten.

Online Beratung – Unsere Empfehlung

Diese Berater stehen aktuell für eine ausführliche Beratung in diesem Bereich zur Verfügung und geben Antwort auf Deine Fragen.

Es wurden keine Berater gefunden.