„Ehrliche Lebensmittel kommunizieren natürlich mit dem Körper“: Ein Interview mit Ernährungsexpertin Maike Ehrlichmann

„Ehrliche Lebensmittel kommunizieren natürlich mit dem Körper“: Ein Interview mit Ernährungsexpertin Maike Ehrlichmann

Ein geeignetes Ernährungskonzept zu finden, ist nicht immer einfach. Um unter der Vielzahl unterschiedlicher Modelle das persönlich Richtige zu finden, kann eine Ernährungsberatung helfen. Die Ernährungsexpertin Maike Ehrlichmann hat auf der Grundlage ihrer 15-jährigen Erfahrung als Ernährungsberaterin das Buch „Ehrlich Essen Macht Schön“ geschrieben und Vistano im Interview einige Fragen beantwortet. Im ersten Teil ging es um die Wahrnehmung der körpereigenen Signale und den ehrlichen Appetit. In diesem zweiten Teil stehen die Lebensmittel selbst im Vordergrund und die Frage, weshalb wir nicht immer auf unseren Appetit hören.

Vistano: Sie sprechen jetzt in Ihrem Buch von „ehrlich essen“ und „ehrlichen Lebensmitteln“, was kann man sich darunter genau vorstellen?

Ehrlichmann: „Ehrliche Lebensmittel“ sind Lebensmittel, die ehrlich mit dem Körper kommunizieren. Der Körper ist in der Lage, Lebensmittel in einer uns noch nicht wirklich bekannten Form zu analysieren. Das muss man sich ungefähr so vorstellen: Der Körper hat einen Bedarf nach einem bestimmten Stoff und bestellt dann letztendlich im Gehirn etwas, das diesen Stoff beinhaltet – und das kann er natürlich nur in Lebensmittelform tun. Man kann Appetit auf ein Lebensmittel haben, nicht auf einen Stoff.

Irgendwo im Körper, in einer Art riesiger Datenbank, muss abgespeichert sein, dass die Erdbeere zum Beispiel diesen Stoff enthält. Wenn Lebensmittel aber nach etwas schmecken, was sie gar nicht enthalten, wie zum Beispiel Erdbeerjoghurt ohne Erdbeeren oder mit minimalstem Anteil Erdbeere, kommt im Körper am Ende nicht das an, was eigentlich erwartet war. Also das heißt: ehrliche Lebensmittel kommunizieren ehrlich mit dem Körper, enthalten wirklich das, wonach sie schmecken und sie müssen dazu so unverarbeitet wie möglich sein. Was heißt, wenn ich zum Beispiel Mais esse, ist dieser relativ unverarbeitet und wenn ich Cornflakes nehme, dann sind die extrem hoch verarbeitet und wirken komplett anders auf den Körper. Bestimmte Zusatzstoffe stören das feinabgestimmte System von Hunger und Sättigung im Körper, deshalb sollten ehrliche Lebensmittel mindestens frei von Süßstoffen, Aromen und Geschmacksverstärkern sein. 

Vistano: Das heißt dann im Umkehrschluss, dass Geschmacksverstärker, Aromen, Süßstoffe und andere Zusätze den Körper irritieren, was dazu führt, dass man verlernt, auf den Körper zu hören?

EhrlichmannDas ist einer der wichtigsten Signalstörer und zwar wegen genau dieser Rückkopplung: Der Körper merkt, dass etwas ankommt, und reagiert darauf. Das wird durch Zusatzstoffe gestört. Zum Beispiel sehen wir, dass ganz gezielt Erdbeer-Sahne-Aroma in der Tiermast eingesetzt wird, um die Sättigung der Tiere auszutricksen. Das bedeutet, die Tiere essen, obwohl sie satt sind. Auch Geschmacksverstärker haben ihre Folgen, so macht Glutamat Ratten beispielsweise gefräßiger. Außerdem ändert Glutamat die Fettverteilung, die sich dann eher auf den Bauch und die Seiten konzentriert – eben die groteske Form, wie sie oft bei übergewichtigen Amerikanern zu sehen ist und mehr und mehr zu uns kommt. Zusammen mit Süßstoff bezeichne ich das als die drei stofflichen Signalstörer und weitere sind nicht auszuschließen.

Vistano: Was sind die nicht-stofflichen Signalstörer?

EhrlichmannUnter nicht-stofflichen Signalstörern verstehen wir vor allem Stress. Wir sehen ganz deutlich, dass Stress bei vielen Menschen zu einer inadäquaten Nachfrage nach Essen führt. Das Gehirn ist egoistisch, denn es braucht selbst Glucose, die es entweder aus dem Körper bekommen kann oder von außen anfragt. Unter Stress fragt das Gehirn beim Großteil der Menschen einfach von außen nach und fordert oft schnell verfügbare Kohlehydrate. Wir kennen diese Gelüste bei Zeitdruck, aber auch bei nervlichem Stress – vielleicht eine Schokolade oder ein Sandwich oder irgendwie so etwas. Auch der Stress während des Essens, die Gedanken, ob das jetzt gut ist oder doch zu viel, verhindern, dass wir ein natürliches Sättigungsgefühl empfinden. Dieser Diätstress beschäftigt manche Menschen konsequent während des ganzen Tages und verändert die innere Wahrnehmung. Oft greifen Menschen auf das zurück, was als gesund gilt, ohne darauf zu achten, worauf sie Appetit haben. Typische Signalstörer sind auch Werbungen und Angebote, weil sie unser tatsächliches Verlangen überlagern.

Geschmacksverstärker, Süßstoff, Aromen, Stress, Werbung und Angebote können unseren natürlichen Appetit verwirren und dazu fuhren, dass wir zu Lebensmitteln greifen, die in diesem Moment nicht optimal für unseren Körper sind. So hat der Mensch verlernt auf den ehrlichen Appetit zu hören. Im letzten Teil des Interviews mit Maike Ehrlichmann wird es darum gehen, was die Ehrlich-Essen-Methode beinhaltet und wie man durch frische Lebensmittel abnehmen kann.

Bildquelle: © Maike Ehrlichmann / Fotografin: Elena Bojadzieva

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