Tinnitus wegsingen – geht das?
Ständiger unliebsamer Begleiter: der Tinnitus. Etwa drei Millionen Deutsche leiden an einem unaufhörlichen Pfeifen, Klingeln oder Rauschen im Ohr. Der Dauerton lässt sie nie in Ruhe die Stille genießen. Im Gegenteil: Gerade wenn es still ist, hören Geplagte das Geräusch im Ohr am ehesten.
Seit einiger Zeit gibt es die Neuro-Musiktherapie, die Patienten Hoffnung macht. Mit ihr soll es möglich sein, den Tinnitus einfach weg zu singen. Die Methode besticht durch ihre Einfachheit und deshalb soll es sie in Zukunft sogar als App für das Smartphone geben. Doch bei aller Hoffnung und bei allem Erfolg dieser neuen Methode, sollte nicht vergessen werden, dass auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen beim Piepen im Ohr.
Unterschiedliche Schweregrade
Tinnitus ist nicht gleich Tinnitus. Der eine leidet stärker unter dem Dauerton im Ohr als der andere. Doch etwa die Hälfte von den drei Millionen Betroffenen in Deutschland empfindet den Tinnitus als unerträgliche Belastung. Sie hören beispielsweise ein unangenehmes Piepen oder Pfeifen, obwohl in Wahrheit gar kein Geräusch vorhanden ist. Niemand sonst hört es. Es wird unterschieden zwischen dem akuten und dem chronischen Tinnitus. Akut ist der Tinnitus, wenn er vor weniger als drei Monaten aufgetreten ist. Danach gilt er als chronisch. Gründe für einen akuten Tinnitus können sein: Mittelohrentzündung, Lärmschäden, Schwerhörigkeit, Muskelverspannungen oder ein Hörsturz. Stress ist ebenfalls ein häufiger Auslöser und nicht selten auch für den chronischen Tinnitus verantwortlich bei Leuten, die zum Beispiel ihres Berufs wegen kaum einmal Zeit haben um abzuschalten.
Neuro-Musiktherapie
Das Deutsche Zentrum für Musiktherapieforschung (DZM) in Heidelberg hat nun das neue Verfahren der Neuro-Musiktherapie entwickelt. Dabei wird versucht, die eingefahrenen Nervenverbindungen im Gehirn, die verantwortlich sind für den Tinnitus, zu verändern. Denn der Tinnitus entsteht meist im Gehirn, nicht im Kopf. Die Patienten absolvieren neun Sitzungen innerhalb von fünf Tagen, während derer sie ihr Gehör neu schulen. Der Musiktherapie spielt verschiedene Töne auf dem Klavier vor bis der richtige gefunden ist, der der Tonhöhe des Tinnitustons entspricht. Das funktioniert vor allem bei einem Pfeifen, Piepen oder auch Rauschen, das entweder aus einem Ton besteht oder bei dem zumindest ein Ton hervorsticht. Nachdem die richtige Tonhöhe identifiziert ist, spielt der Therapeut die umliegenden Töne vor und der Patient singt sie möglichst exakt nach. Dabei ist nicht entscheidend, dass er gut klingt, sondern, dass er die Tonhöhe gut trifft. Dadurch trainiert der Patient das Hörvermögen in dem Bereich, den der Tinnitus bislang für sich beansprucht hat. In den meisten Fällen haben die Betroffenen nämlich Hörprobleme in genau diesem Bereich, da der Ton des Tinnitus alles andere einfach überlagert. Die Gehirnregionen lernen so, wieder besser mit diesen Tönen umgehen zu können und das lenkt die Aufmerksamkeit weg von dem Störgeräusch.
Entspannungstraining
Neben diesen Übungen lernen die Patienten durch ein spezielles Training sich zu entspannen und den Tinnituston auszublenden. Die Entspannungsübungen sind auch anschließend im Alltag anwendbar. Die Therapie hat Erfolg Etwa achtzig Prozent der Geplagten verschafft die Neuro-Musiktherapie eine Linderung des Tinnitus. Wenn sie nicht ganz frei werden von dem Dauerton im Ohr, so kann damit zumindest erreicht werden, dass die Frequenz des Tons tiefer und er dadurch als weniger störend empfunden wird. Und durch die Entspannungsübungen hat die Therapie auch langfristig bei den meisten Patienten Erfolg. Geraten sie wieder unter Stress, können sie dies nun besser erkennen und aktiv gegensteuern.
Bald als App?
Bislang gibt es nur wenige Therapeuten, die mit dieser Methode behandeln und gerade die gesetzlichen Krankenkassen sind noch zögerlich bei der Übernahm der Kosten. Es ist daher denkbar, dass bald eine App entwickelt wird, mit Hilfe derer die Tinnituspatienten selber die Tonhöhe ihres Tinnitus bestimmen können und auch direkt zum Nachsingen angeleitet werden. Die Fertigstellung davon steht aber noch in den Sternen.
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