Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?

Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?


Wie funktioniert das Ganze?

Hat man eine Allergie, so reagiert das Immunsystem meist sehr empfindlich auf Stoffe der Umwelt, wie zum Beispiel Pollen, Schimmelpilze oder Nahrungsmittel. Hat man eine Soforttyp- Allergie, so bildet der Körper Abwehrstoffe, in Form von Antikörpern, gegen diese bestimmten Stoffe der Umwelt. Kommt man nun wieder in Kontakt mit diesen Stoffen, so werden Mastzellen aktiv und diese senden Botenstoffe aus. Die Botenstoffe wiederum greifen Gefäß-, Nerven- und Muskelzellen an, wodurch die Symptome einer Allergie zustande kommen.

Bei einer Hyposensibilisierung werden nun die T-Zellen oder die Polizeizellen des Immunsystems geschwächt, da diese bei einer Allergie zu aggressiv reagieren. Es werden mehr Antikörper gebildet um die Allergene zu neutralisieren. Das wiederum beruhigt die Entzündungszellen  wodurch sie weniger Botenstoffe aussenden. Dadurch nehmen die allergischen Symptome ab und es werden weniger Medikamente gegen die Allergie gebraucht. Schlägt die Behandlung besonders gut an, so  ist es möglich, dass die Allergie komplett verschwindet.

Ablauf einer Hyposensibilisierung

Als erstes findet der Arzt durch einen Allergietest heraus, worauf der Patient überempfindlich reagiert. Die Hyposensibilisierung selbst ist in zwei Teile unterteilt. Zum einen die Anfangsbehandlung und als zweites die Erhaltungsphase. Bei der Anfangsbehandlung wird dem Allergiker jede Woche der Allergenextrakt gespritzt. Die Dosis wird hierbei von Woche zu Woche bis zu einer Maximaldosis erhöht.

Danach folgt die Erhaltungstherapie, wobei einmal pro Monat die Maximaldosis gespritzt wird. Normalerweise dauert die Behandlung drei Jahre, jedoch gibt es auch eine Kurzzeittherapie, bei der man vor Beginn der Pollenflugsaison nur einige Spritzen verabreicht bekommt. Eine neue Form der Immuntherapie ist die Behandlung durch Tabletten oder Tropfen. Jedoch kann diese Methoden nicht bei allen Allergien angewendet werden.

Risiken und Nebenwirkungen

Nachdem man die Spritze bekommen hat, ist an der Einstichstelle eine allergische Reaktion, in Form von Rötungen oder Schwellungen, möglich. Teilweise sind auch allergische Allgemeinreaktionen oder ein allergischer Schock möglich. Deshalb muss die betroffene Person nach der Injektion noch ungefähr dreißig Minuten unter ärztlicher Aufsicht bleiben.

 

Angelina Jolie – ein risikoreicher Einzelfall

Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?


Angelina Jolie hat durch eine sehr persönliche Entscheidung, die sie getroffen und dann publik gemacht hat, heftige Diskussionen ausgelöst. Die Schauspielerin und Lebensgefährtin von Hollywood-Star Brad Pitt hat sich, um einer Brustkrebserkrankung vorzubeugen, die kompletten Brustdrüsen entfernen lassen. Die leere Haut nebst Brustwarze wurde durch Silikon-Implantate aufgefüllt. Die Entscheidung Jolies soll keinesfalls dazu führen, dass Frauen zur Brustkrebs-Prophylaxe ihre Brust entfernen lassen, sondern beruht auf einem sehr individuellen Einzelfall, von dem die Schauspielerin betroffen ist.

Nur wenige Frauen, so auch Angelina Jolie, haben ein mutiertes Gen namens Chromosom 17 in ihrem Körper. Diese Breast Cancer Gene 1 (BRCA1) erhöht die Gefahr, an Brustkrebs zu erkranken, ganz erheblich. Es ist nicht sicher, dass sich Krebs entwickelt, aber die Wahrscheinlichkeit liegt durchschnittlich bei 65 %. Ein weiterer Faktor für die Entscheidung der Hollywood-Schönheit lag sicherlich darin, dass Krebs, der sich bei Frauen, die das BRCA1 in sich tragen, sich sehr schnell und aggressiv entwickelt.

Familiär vorbelastet

Der Eingriff, der in Medizinerkreisen prophylaktische bilaterale Mastektomie genannt wird, war für Angelina eine Lösung, da die Mutter der Schauspielerin dem Brustkrebs mit 56 Jahren zum Opfer gefallen ist. Angelina selbst hat auch Kinder und möchte ihnen einen solch schweren Schicksalsschlag ersparen. Es ist bewundernswert, dass sie die Gründe für ihre Entscheidung, die sicherlich sehr persönlich sind, öffentlich macht. Die Entscheidung zur operativen Prophylaxe fiel auf Grund der Auskunft der Ärzte, dass das Krebsrisiko für Jolie bei 87 Prozent liege. Durch den Eingriff ist das Risiko auf weniger als 5 % gesunken. Die Operation ist keine Garantie dafür, nicht an Brustkrebs zu erkranken, aber in diesem speziellen Fall ist die Entscheidung sicherlich zu verstehen.

Zu viel Information?

Jolie ist an die Öffentlichkeit gegangen, weil andere Frauen erfahren sollen, dass das mutierte Gen möglicherweise in ihrem Körper zu finden ist. Ohne den Background der Krankheitsgeschichte Angelina Jolies ist es allerdings zu überlegen, wie sinnvoll es wirklich ist, das Risiko für eine derartige Krebserkrankung zu kennen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, wie z.B. das Abtasten der Brust, Ultraschall oder Mammografie, schenken vielen Frauen ein hohes Maß an Sicherheit. Auch bei diesen herkömmlichen Methoden ist ein gewisses Restrisiko nicht auszuschließen. Ob aber ein Gentest den Betroffenen hilfreich erscheint oder ihr Leben eher negativ beeinflusst, ist so individuell wie die Entscheidung der Schauspielerin. Angelina Jolie ist einen sehr individuellen Weg gegangen, der sicherlich als Einzelfall zu sehen ist. Diese Lösung ist keine Alternative für viele Frauen, sondern nur ein Einzelschicksal. Die positive Folge des öffentlichen Bekenntnisses der Schauspielerin ist aber, dass das Thema Brustkrebs wieder neu thematisiert wird und das Bewusstsein für Krebsfrüherkennung gestärkt wird.

 

Neues Verfahren in der Schilddrüsenkrebs-Therapie durch Hitze

Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?


Knoten im Bereich der Schilddrüse kommen bei etwa einem Fünftel der deutschen Bevölkerung vor. Das ist zunächst noch kein Grund zur Beunruhigung, denn nur in etwa 0,2 Prozent der Fälle handelt es sich hierbei um eine bösartige Krebserkrankung. Für diese Fälle sieht die Schilddrüsenkrebs-Therapie bislang Chemotherapie, Radiojodtherapie und Operationen vor. Doch in der vergangenen Woche erklärte die Klinik für Nuklearmedizin des Frankfurter Universitätsklinikums mit, dass sie den Schilddrüsenkrebs einer Patientin mit Hitze erfolgreich therapiert haben.

Das Thermoablationsverfahren

Beim sogenannten Thermoablationsverfahren wird der Schilddrüsenknoten mit Hilfe von Hitze bekämpft. Zu diesem Zweck wird nach einer örtlichen Betäubung eine Sonde in den Knoten gebracht, durch die die Temperatur nach und nach erhöht wird. In der Folge kann der Körper den Schilddrüsenknoten von selbst vollständig zersetzen. Was bislang lediglich bei gutartigen Knoten an der Schilddrüse erfolgreich angewendet wurde, setzte Dr. Huedayi Korkusuz in Frankfurt nun erstmals zur Bekämpfung eines bösartigen Schilddrüsenkrebses ein.

Die Patientin, bei der die Thermoablation nun erfolgreich angewendet wurde, hatte bereits vor 15 Jahren eine Operation, bei der ihr die Schilddrüse entfernt wurde. Heute ist sie 86 Jahre alt und ihre bösartigen Knoten sind Dank der Hitzebehandlung auf nur noch 20 Prozent ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft. Doch damit nicht genug, auch die Tumormarker im Blut der 86-Jährigen wurden Dank der Thermoablation innerhalb weniger Monate auf das Normalniveau gesenkt.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Der behandelnde Arzt Dr. Korkusuz sieht in diesem Verfahren eine effektive Behandlungsmethode, die deutlich weniger Nebenwirkungen habe als herkömmliche Verfahren. Auch der Leiter des Thermoablationszentrums in Frankfurt, Professor Frank Grünewald, lobt das positive Ergebnis und hofft, dass sich die Wirksamkeit der Thermoablation bei der Behandlung von Schilddrüsenkrebs in weiteren Anwendungen bestätigen lassen wird. Dann wäre eine gute Alternativbehandlung für diese Tumorarten gefunden worden.

 

Cannabis für medizinische Zwecke anbauen

Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?


Bereits vor Tausenden von Jahren entdeckten die Menschen, dass Cannabis eine heilende Wirkung hat. Obwohl der Konsum zu medizinischen Zwecken in Deutschland noch immer umstritten ist, gibt es bereits einige hunderte Patienten die Cannabis zu therapeutischen Zwecken verwenden dürfen. Sie dürfen die Substanz lediglich legal in Apotheken erwerben, um ihre unterschiedlichen Leiden zu lindern. Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun, dass im Fall eines 52-Jährigen aus Mannheim eine Ausnahme gemacht wird. Er darf Cannabis zur Selbstbehandlung zu Hause anbauen.

Cannabis zählt in Deutschland zu den illegalen Betäubungsmitteln. Doch neben seiner berauschenden Wirkung, kann es Schmerzen lindern und den Zustand von Menschen, die an Spasmen, Lähmungserscheinungen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Depressionen leiden, verbessern. Deshalb wird es in einigen Fällen als therapeutisches Mittel bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS), Krebs oder dem Tourette-Syndrom angewendet. Doch eine solche Behandlung müssen sich die Betroffenen erst einmal leisten können. Das medizinische Cannabis aus der Apotheke ist nicht eben günstig und wird in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

So stand der 52-Jährige MS-Patient vor dem Dilemma, dass Cannabis seine Symptome zwar merklich linderte, er sich die Substanz aber nicht leisten konnte. In seinem Fall entschied das Bundesverwaltungsgericht nun, dass er die Pflanzen ausschließlich für den medizinischen Eigenbedarf zu Hause selbst anbauen darf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Patient auf die Cannabis-Therapie angewiesen sei, sich das Mittel aus finanziellen Gründen aber nicht auf dem gewöhnlichen Weg über die Apotheke beschaffen könne.

Selbstverständlich handelt es sich bei diesem Urteil um eine Einzelfallentscheidung, die keine Allgemeingültigkeit besitzt. Dennoch kann diese Entscheidung unter Umständen auch für ähnlich gelagerte Fälle als Vorbild dienen. Das Urteil zeigt einmal mehr, dass bei der Anwendung von Cannabis für medizinische Zwecke eine verbesserte gesetzliche Regelung notwendig ist.

 

„Medizinische Therapien sollten nicht verharmlost werden“: Ein Interview mit Dr. med. Michael Hauch

Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?


In der heutigen Leistungsgesellschaft ist es wichtig, dass alle Menschen funktionieren und möglichst viel Leistung bringen. Auch von den Kindern wird das von Anfang an gefordert. Was aber wenn sich ein Kind nicht schnell genug entwickelt? Leidet es an einer Entwicklungsverzögerung und muss therapiert werden? Viele Erwachsene sehen Therapiebedarf wo keiner ist. Dr. med. Michael Hauch klärt im zweiten Teil seines Interviews mit Vistano darüber auf, weshalb überflüssige Therapien sogar schädlich sein können.

Vistano: Sie sagen, dass Kinder zunächst beobachtet werden sollten, bevor eine vorschnelle Therapie angeordnet wird. Weshalb ist Ihnen die Beobachtung so wichtig?

Hauch: Ich finde ganz wichtig zu wissen, dass wir Menschen keine Roboter sind. Wir unterliegen keinem Schaltplan, sondern entwickeln uns ganz individuell. Erst einmal muss ich als Arzt gucken, woher kommt das Kind und welche Fortschritte hat es in der letzten Zeit gemacht, was kann es gut und was schlecht. Viele haben immer nur einen Defizitblick auf das Kind.

Fatal sind letztendlich die Tests. Die sind zwar teilweise wichtig, aber man muss sie richtig interpretieren. Ich sage den Eltern immer: „Wenn Sie Hochleistungssportler sind und haben jahrelang für die Olympischen Spiele trainiert und sind dort im Endlauf, geben Sie natürlich 130 Prozent.“ Aber ein Kind, das im Kindergarten einen Test machen soll, hält diesen vielleicht für Schwachsinn, möchte grade lieber draußen spielen oder findet den Untersuchenden blöd. Dann sagen die Testergebnisse eines bestimmten Tages gar nichts über das Kind aus. Mir sind gut gemachte und dokumentierte Beobachtungen viel wichtiger. Aus ihnen kann man mehr ablesen als aus irgendwelchen Tests.

Vistano: Da über 40 Prozent der Jungen und etwa 30 Prozent der Mädchen wenigstens eine funktionelle Therapie verordnet bekommen, stellt sich die Frage, bei wie vielen von ihnen diese sinnvoll ist? Gibt es überhaupt Kinder denen eine Therapie helfen kann?

HauchZunächst muss festgehalten werden, dass es bei den Therapien von denen wir nun reden nicht darum geht etwas Verlorenes wieder zu erlangen. Wir reden über Therapien bei Entwicklungsstörungen oder –verzögerungen. Und da muss man sich fragen, was bringt eine Therapie überhaupt? Die Wirkung solcher Therapien ist gar nicht bewiesen, denn es gibt keine Langzeitstudien über Therapieerfolge. Beziehungsweise die Studien, die es gibt, zum Beispiel über Physiotherapie bei Frühgeborenen, zeigen, dass es gar keinen Unterschied gibt. Es gibt keine langfristige Validierung dieser Therapien. Kurzfristig bewirkt sie vielleicht einen Übungseffekt, auch Logopädie zeigt bloß Übungseffekte. Man muss also eigentlich fragen, was machen die überhaupt?

Vistano: Was ist Ihrer Meinung nach schädlicher, eine überflüssige Therapie oder eine nichtverordnete notwendige Therapie?

HauchAuf Grund des nicht bewiesenen Therapieerfolgs bin ich definitiv der Meinung, dass eine überflüssige Therapie schädlich ist. Bei überflüssigen Therapien wird das Kind als krank und unnormal aus der Masse der Kinder herausgehoben, es bedarf schließlich einer medizinischen Diagnose und medizinischen Therapie. Das sollte nicht verharmlost werden. Ich muss auch hinterher den Therapieerfolg überprüfen und das passiert in den meisten Fällen nicht. Außerdem werden vorschnell Therapien verordnet. Deshalb ist das Kapitel ADHS in meinem Buch so umfangreich geworden. Schließlich ist dies ein gutes Beispiel wie vorschnelle Therapien verordnet werden und wie der Markt hier funktioniert.

Therapien sind in hohem Maß schädlich. Einerseits bei dem Kind und andererseits bei den Eltern, weil die Therapien das Defizitdenken der Eltern verstärken. Es schädigt die Eltern-Kind-Beziehung, denn die Eltern werden zu Co-Therapeuten. Sie müssen viel Zeit investieren, die sie lieber im Schwimmbad, bei Brettspielen oder auf dem Spielplatz mit ihrem Kind verbringen sollten.

Denke ich an nichtverordnete notwendige Therapien, muss ich wieder anmerken, dass wir hier von Therapien bei Entwicklungsverzögerungen sprechen, die nicht validiert sind. Ich bin der Meinung, ich brauche dann eine Therapie, wenn ich dem Kind Alltagsfähigkeiten beibringen muss, besonders einem behinderten Kind. Zum Beispiel die Fähigkeit mit einem Löffel essen zu können, sich die Schuhe zubinden zu können oder einen Reißverschluss zumachen zu können. Gerade im Bereich der behinderten Kinder ist es oft so, dass die Eltern sich am Anfang denken: „Jetzt mache ich ganz viele Therapien und dann wird mein Kind normal.“ Und auch da sehen sie das Kind in seinen Bedürfnissen gar nicht, sondern das Kind wird einem Therapiemarathon unterzogen. Dieser ist weder gut für die Entwicklung des Kindes, noch für die Eltern-Kind-Beziehung.

Auch die Angst vor sich schließenden Zeitfenstern ist in diesem Zusammenhang völlig unangebracht. Wir können unser ganzes Leben lang etwas lernen. Das was wir nicht später wieder aufbauen können oder nur mit großen Anstrengungen, ist die Beziehungsarbeit, der Beziehungsaufbau und das Vertrauen der Eltern in das Kind. Wenn das fehlt in den ersten zwei Jahren, kriegt man das später nicht mehr hin.

Ich kann zahlreiche Beispiele aus meiner Arbeit im Kinderhilfezentrum in Düsseldorf nennen. Das ist praktisch ein ganzer Stadtteil, in dem die Kinder aus den Familien heraus genommen werden, weil sie vernachlässigt, missbraucht, geschlagen oder vergewaltigt wurden. Diese Kinder können teilweise mit drei oder vier Jahren weder laufen noch sprechen. Alles was wir mit diesen Kindern machen ist nicht ihnen tausend Therapien angedeihen zu lassen, sondern eigentlich bieten wir ihnen nur ein liebevolles Zuhause, ein sauberes Bett, saubere Kleidung, regelmäßige Mahlzeiten, ein paar Umgangsregeln und eine Bezugsperson. Dann kann man die Kinder nach einem halben Jahr nicht mehr wiedererkennen. Ohne eine Therapiestunde haben sie sprechen, laufen oder hüpfen gelernt.

Therapien können Kindern und Eltern also schaden, was sollen Eltern allerdings tun, wenn sie bemerken, dass ihr Kind eine Entwicklungsverzögerung hat? Ab wann ist eine Therapie sinnvoll und wie kann man das Kind ohne Therapie unterstützen? Diese Fragen beantwortet Dr. Michael Hauch im dritten und letzten Teil des Interviews.

 

„Menschen sind keine Treibhaustomaten“: Ein Interview mit Dr. med. Michael Hauch

Wie verläuft eine Hyposensibilisierung?


Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie stehen heute bei vielen Kindern an der Tagesordnung. Der Kinder und Jugendarzt Dr. Michael Hauch begann seinen medizinischen Werdegang mit einem Studium an der Kinderklinik der Universität Düsseldorf, um danach in New York auf einer Kinderkrebsstation weitere praktische Erfahrungen zu sammeln. Als einer der ersten niedergelassenen Kinderärzte in Düsseldorf bietet er seit nunmehr 23 Jahren Familien der unterschiedlichsten sozialen Milieus ganzheitliche Therapie und umfangreiche Diagnosen.

In seinem kürzlich erschienenen Buch “Kindheit ist keine Krankheit” (Fischer Verlag) erklärt er, weshalb viele unnötige Therapien verschrieben werden und wie man dieser Therapiewut entgegen wirken kann. Im ersten Teil seines dreiteiligen Interviews mit Vistano erklärt er, wie es zu den hohen Therapiezahlen kommt.

Vistano: Es gibt kumulative Studien und statistische Berechnungen aus denen hervorgeht, dass über 40 Prozent der Jungen und etwa 30 Prozent der Mädchen bis zum Alter von 15 Jahren wenigstens eine funktionelle Therapie, sprich Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie verordnet bekommen. Wie erklären Sie sich diese hohen Zahlen?

Hauch: Zunächst möchte ich anmerken, dass diese Auswertung nur Zahlen wiedergeben. Es steht nicht darin, wo die Therapien stattfinden, wie die häuslichen Verhältnisse sind, ob es Ein-Eltern-Familien sind, Geschwisterkinder gibt und ähnliches. Um diese Zahlen also zu verstehen, muss man die Hintergründe sehen und sagen, dass sich das Umfeld in dem Kinder aufwachsen gegenüber früher grundlegend geändert hat. Das häusliche Umfeld ist heute ständigen Veränderungen ausgesetzt, die Eltern stehen ständig unter Spannung. Es herrscht in vielen Bereichen, beispielsweise Beruf und Partnerschaft, eine große Unsicherheit, die durch massive Einflussnahmen von außen und das Internet verstärkt wird.

Auch unsere gesellschaftlichen Ansprüche haben sich massiv geändert. Kinder sind in der heutigen Zeit ein sehr kostbares Gut für die Wirtschaft. Dementsprechend müssen Kinder funktionieren und gut ausgebildet sein, damit sie hinterher dem Arbeitsmarkt möglichst viel Intelligenz und Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Dazu kommt, dass wir den Hang zu einer Art Perfektionismus haben. So muss das Kind sich immer nach einem bestimmten Schema entwickeln. Ähnlich wie Treibhaustomaten, die sich alle gleich entwickeln, aber Menschen sind keine Treibhaustomaten.

Zusätzlich leben wir heute in einer Zeit, in der wir meinen, dass wir alles reparieren oder heilen können. Wir denken, dass wir die Mittel haben, wenn wir nur wollen, fördern und Therapien machen, alles ins „Normale“ zu kehren. Damit wir das Kind haben, was sich genau entlang der Normen entwickelt. Das gibt es so einfach nicht.

Vistano: Wer ist Ihrer Meinung nach für die zunehmende Therapiewut in Deutschland verantwortlich? Geht das immer von den Eltern aus? Liegt es eher an den ErzieherInnen und LehrerInnen oder vielleicht an den Therapeuten selbst?

Hauch: Die meisten Eltern kommen in meine Praxis, weil sie nicht nur eine Therapieempfehlung, sondern eine Therapieaufforderung haben. Diese geht in den meisten Fällen von Erzieherinnen oder Grundschullehrerinnen aus. Nicht zuletzt weil sie sich nicht anders zu helfen wissen, wenn die Eltern nach einem Grund für die schlechten Leistungen des Kindes fragen. Sehr selten kommen Eltern von sich aus mit irgendeiner Frage und dies ist im Großen und Ganzen auf die ersten zwei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Und selbst dann ist es oft so, dass die Eltern etwas gelesen haben. „Da steht aber drinnen, dass er mit einem Jahr laufen können muss, das kann er aber noch lange nicht.“

Der Einfluss von Außenstehenden geht mittlerweile sogar soweit, dass wir zumindest in Großstädten eine solche Flut an Therapeuten haben, die knapp an Patienten sind und sich deshalb Kindergärten und Grundschulen anbieten, um die Kinder hier zu untersuchen. Hierbei sehen diese dann bei 40 bis 50 Prozent der Kinder Therapiebedarf. Das gilt besonders für angestellte Therapeuten in Großpraxen. Denn sie sind angehalten, das Maximum, was ihnen die Krankenkassen zahlen, auszureizen und doch noch einmal eine Rezeptverlängerung zu beantragen, auch wenn sie denken, dass die Therapie eigentlich nichts bringt. Mit solchen Therapeuten arbeite ich nicht zusammen.

Vistano: Wenn man davon ausgeht, dass viele der verordneten Therapien überflüssig sind, stellt sich die Frage nach dem Warum. Weshalb verordnen trotzdem noch viele Kinder- und Jugendärzte so häufig Therapien?

Hauch: Es gibt keine funktionelle Therapie ohne eine Verordnung vom Arzt. Hierfür gibt es mehrere Gründe.

Erstens lernen Ärzte den richtigen Umgang mit Therapien nicht in ihrer Ausbildung – weder im Studium, noch in der Facharztausbildung. In der Facharztausbildung betreuen sie Kinder und Familien nicht langfristig. Sie sehen ein Kind einmal und selbst chronisch kranke Kinder sehen sie ein- oder zweimal. Aber sie betreuen ja keine Familie von Geburt an, die vielleicht drei oder vier Kinder hat, so wie ich.

Zusätzlich kommen sie aus dem Studium und der Facharztausbildung mit einer Allmachtvorstellung. „Ich kann allen helfen, ich kann alles heilen, ich kann alles tun. Die Medizin kann alles geraderücken.“ Um so zu handeln wie ich, brauchen sie nicht nur eine sehr gute Ausbildung und gute Lehrer, sondern auch ganz viel Erfahrung. Mein damaliger Lehrer vertrat genau meine heutige Einstellung und lehrte mich, dass man nichts im Gehirn umpolen kann, was nicht vom Gehirn kommt.

Außerdem kommt ein gewisser Druck von den Eltern. Einige Eltern sagen dann: „Wenn Sie mir das Rezept nicht ausstellen, gehe ich eben zum Hausarzt, der stellt es schon aus.“ Wenn Eltern mit mir nicht zufrieden sind, sage ich, dass es 45 Kinderärzte in Düsseldorf gibt. Ich persönlich kann allerdings gut damit leben, dass unzufriedene Eltern wechseln.

Auch der wirtschaftliche Druck spielt eine große Rolle. Wir werden ja mehr oder weniger pauschal bezahlt. Ob ich einer Mutter kurz zuhöre und auf einen Computerknopf drücke, um die Verordnung auszudrucken, was mich kaum drei Minuten kostet, oder ob ich mindestens eine Stunde Zeit in Gespräche mit Eltern, Erzieherinnen oder Lehrerinnen und Untersuchungen investiere, ich bekomme das gleiche Geld. Unter dem heutigen Druck, der auf uns lastet, versuchen einige Ärzte möglichst schnell und effizient zu arbeiten.

Dazu kommt die Einstellung, dass irgendjemand dem Kind ja helfen muss. Andere Ärzte sagen dann, dass zu Hause nichts passiert und das schrecklich ist. In der Therapie hat das Kind dann wenigstens einmal in der Woche für eine Stunde jemanden, der liebevoll mit dem Kind umgeht und es umsorgt. Also der Gedanke, dass man als Arzt helfen muss. Dass das keine Hilfe ist, wenn ich das falsche aufschreibe, ist den meisten Ärzten vielleicht nicht bewusst.

Den letzten Grund sehe ich darin, dass wir das, was eigentlich hilft, wie Erziehungsbeihilfe, Hilfe durch das Jugendamt oder Elternaufklärungskurse, nicht verordnen können. Und selbst wenn ich mal eine pädagogische Maßnahme haben will, die gibt es beispielsweise bei bestimmten Sprachstörungen in Form von bestimmten Elterntrainings, fallen diese nicht unter Therapie sondern Pädagogik. Hier muss ich extrem komplizierte Einzelanträge stellen, das ist sehr viel Arbeit, für die ich natürlich auch keinen Pfennig bekomme.

Nachdem Herr Dr. Hauch in diesem ersten Teil des Interviews über die Gründe für überflüssige Therapien gesprochen hat, beantwortet er im zweiten Teil die Frage, ob diese Therapien einen Nutzen haben oder eher schädlich sind.

Buchautor: Michael Hauch  Foto: Thekla Ehling

 

Muss bei einer Blinddarmentzündung immer operiert werden?

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Bauchschmerzen können sehr unangenehm sein. Für diese Art von Leiden gibt es zahlreiche Gründe. Einer davon ist die Entzündung des Blinddarm. Wenn der Blinddarm entzündet ist, kann das schonmal sehr schmerzhaft sein. Doch muss es dann immer zu einer Operation am Blinddarm respektive dessen Entfernung führen?

Wie kommt es zu einer Blinddarmentzündung?

Am Blinddarm ist ein Wurmfortsatz angegliedert, welcher in Medizinerkreisen Appendix genannt wird. Er ist etwa 10 Zentimer lang. Ist dieser Schlauch verstopft, dann kann es zu einer Mehrung von Bakterien kommen, die aus dem Dickdarm stammen. Dieser Stau wird meist durch zu harten Stuhl hervorgerufen. Somit entsteht die Blinddarmentzündung.

Ist diese Entzündung gegeben, muss trotzdem nicht unbedingt operiert werden. Zunächst einmal sollten die behandelnden Ärzte mit Hilfe von bildgebenden Verfahren die Schwere der Entzündung eruieren. Ist die Entzündung noch nicht gravierend, kann sie auch mit Hilfe von Antibiotika und Bettruhe auskuriert werden. Zudem erscheint eine chronische Darmentzündung manchmal wie eine Blinddarmentzündung. Diese Möglichkeit sollte demnach auch erstmals ausgeschlossen werden.

Diagnose und Behandlung bei Kindern

Die Diagnose ist bei Kindern meist wesentlich schwieriger vorzunehmen, da der Schmerz nicht einwandfrei lokalisiert werden kann. Bauchschmerzen können bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen zahlreiche Gründe haben. Ein Nachteil ist, dass man bei Kindern keine Computertomografie anwenden kann, weil diese die Keimdrüsen und Eierstöcke zu sehr belastet. Fakt ist, dass Operationen nicht immer notwendig sind. Man muss dabei auch bedenken, dass der Wurmfortsatz ebenfalls wichtige Aufgaben übernimmt. Er beherbergt immerhin Zellen des Lymphsystems und unterstützt die körpereigene Abwehr. Daher ist es ratsam, dass Kinderchiguren in diesen Fällen tätig werden. Dann kann eine kindgerechte Therapie ermöglicht werden, die nicht unbedingt immer aus einer Opeation besteht.

 

Halluzinogene für die Medizin nutzbar machen

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Halluzinogene Drogen wie LSD oder Mescalin werden von zahlreichen Medizinern sehr kritisch beäugt. Der sogenannte Horrortrip, welcher durch psychedelische Drogen entstehen kann, ist im wahrsten Sinne des Wortes zu verstehen. Heutzutage interessieren sich allerdings wieder zahlreiche Mediziner und Psychologen für die Wirkung von psychedelischen Drogen, weil sie davon ausgehen, dass man diese für psychotherapeutische Therapien gegen Depressionen oder andere Krankheiten nutzbar machen kann.

Die meisten Halluzinogene stammen aus der Natur und können daher auf recht einfache Art und Weise abgebaut werden. In den 60er- und 70er Jahren waren halluzinogene Drogen das „Ding“. Diese Substanzen veränderten die Wahrnehmung und erschufen eine gänzlich neue Welt. Dass dieser Trip in einer „andere Welt“ auch Nebenwirkungen haben kann, zeigte das Verbot von LSD ab dem Jahr 1971.

Tatsächlich eignen sich Halluzinogene nicht für den Verkauf, weil sie nicht süchtig machen und eben in der Natur vielfach vorkommen. Deshalb sind sie von Drogenkartellen meist nicht genutzt worden. In manchen kulturellen Kreisen, wie dem Schamanismus, gehören sie zum Alltag dazu wie Essen und Trinken. Pharmakologen und Mediziner sind nun bestrebt die starke Wirkung von Halluzinogene auf das Gehirn positiv zu nutzen. In Experimenten eruieren sie aktuell Möglichkeiten der Nutzung.

Kategorien von Halluzinogenen

Halluzinogene werden in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Die Psychedelika, zu denen vor allem LSD und Mescalin sowie Pilze gehören, schalten einen Informationsfilter im Gehirn aus. Dadurch dringen innere und äußere Reize ungehindert ins Gehirn und werden dort als intensive Visionen wahrgenommen.

Die zweite Gruppe sind die Dissoziativa. Zu dieser Gruppe gehören Ketamin, Lachgas oder auch DXM. Diese Substanzen rufen Halluzinationen hervor.

Die Delirantia, welche zumeist aus Nachtschattengewächsen wie Stechapfel, Tollkirsche oder Musicmol gewonnen werden, bewirken Desorientierung und echte Halluzinationen. All diese Kategorien verbindet ihre psychische Veränderung, welche oftmals zu einem andersartigen Empfinden von Zeit und Raum führt.

Drogen in der Medizin

Eine der weitverbreitesten halluzinogenen Drogen ist sicherlich LSD. Dieses wurde in dern 50er- und 60er Jahren auch zur Behandlung von Clusterkopfschmerzen oder anderen Schmerzen verwendet. Auch in Hinblick auf Depressionen werden halluzinogene Stoffe angewendet. So beispielsweise synthetisches Psilocybin. Weiterhin ist auch die schmerzstillende Wirkung von Lachgas bewiesen worden und konnte daher für zahlreiche Behandlungen genutzt werden. Inwieweit halluzinogene Drogen in der Zukunft für medizinische Zwecke genutzt werden können, wird sich zeigen. Entscheidend ist allerdings immer die Grundstimmung des Konsumenten. Diese entscheidet mit darüber, ob der Trip ein Horrortrip oder eine angenehme Bewusstseinsveränderung bewirkt.

 

Zwei neue Präparate gegen Alzheimer machen neuen Mut

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Alzheimer ist mehr denn je zur Volkskrankheit geworden. 35 Millionen Betroffene zählt die Welt aktuell und es werden stetig mehr. Colin Masters arbeitet an der Universität of Melbourne und Konrad Bayreuther an der Universität Heidelberg. Beide haben sie den Kampf gegen den geistigen Verfall, der uns in Form von Alzheimer nahezu tagtäglich begegnet, gemeinsam gekämpft und erforscht. Zwei neue Medikamente machen nun Mut und deuten eine Zeitenwende an.

Die beiden Medikamente werden von den Pharmariesen Eli Lilly und Biogen vertrieben und unterliegen aktuell einer Testphase. Bisherigen Studien zufolge konnte allerdings schon nachgewiesen werden, dass die Krankheit Alzheimer durch die Vergabe der Medikamente bereits verlangsamt werden konnte.

Auf der Internationalen Alzheimerkonferenz in Washington sollen die abschließenden Ergebnisse vorgestellt werden. Wenn sich diese Präparate als wirksam erweisen, wäre eine lange Serie von fehlgeschlagenen Medikamenten gegen Alzheimer durchbrochen. Die Forscher setzen große Hoffnungen in die Entwicklungen.

Beyreuther und Master sehen auch einen persönlichen Erfolg darin, dass aus ihren Vorarbeiten, die sie während der 80er Jahre vorgenommen haben, nun eine medikamentöse Therapie gegen Alzheimer entstehen konnte. Die Beiden hatten das Entstehen von Alzheimer genauer untersucht und fanden dabei heraus, woraus die tödlichen Ablagerungen im Gehirn entstehen, nämlich aus Eiweißstücken. Diese pathologische Form wird Amyloid-beta (Abeta) genannt. Seit Jahren versuchen Forscher dieses aus den Gehirnen von Betroffenen zu exkludieren. Bisher konnten keine wirksamen Antikörper gespritzt werden.

Das erste Präparat Sola

Das neue Präparat namens Solanezumab, kurz Sola, zeichnet sich vor allem durch seine Beweglichkeit aus und gelangt besonders gut ins Gehirn. Bislang konnten die Medikamente nur sehr kurzweilige Verzögerungen bewirken. Zeigt Sola weiterhin positive Ergebnisse, dann wäre eine Zulassung in zwei Jahren möglich. Sola kann allerdings nur im Frühstadion einer Alzheimererkrankung Wirkung zeigen und nicht bei schwerkranken Patienten wirken.

Das zweite Präparat von Biogen

Dieses Präparat speist sich aus jahrelanger Arbeit mit gesunden Senioren, die nicht von Alzheimer befallen sind. Eintausend dieser älteren Menschen wurden untersucht und tatsächlich zeigte sich in ihrem Immunsystem, dass sie bestimmte Zellen besitzen, die das Abeta in Form von Antikörpern bekämpfen. Dieser Antikörper wird nun in Form des Medikaments von Biogen auf seine Wirkkraft hin untersucht und könnte neben Sola eine echte Revolution für die Alzheimerforschung bedeuten. Aducanumab wird das Medikament genannt und es wurde bereits an 166 Patienten getestet.

Bereits nach 26. Behandlungswochen sah man das Abeta geradezu schwinden. Leider zeichneten sich auch Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und vorübergehende Verwirrtheit ab. Trotzdem war die Wirkkraft beeindruckend. Mit Hilfe eines beschleunigten Zulassungsverfahrens soll das Medikament jetzt schnellstmöglich auf den Markt gebracht werden. Immer mehr Pharmakonzerne sind nun motiviert ebenfalls wieder in die Alzheimertherapie einzusteigen und man kann nur hoffen, dass die Nebenwirkungen gering gehalten werden und ein dauerhafter Erfolg mit Hilfe von Sola und anderen Präparaten dieser Art verzeichnet werden kann.

 

„Eltern haben eine Vorbildfunktion“: Ein Interview mit Dr. med. Michael Hauch

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Kinder entwickeln sich unterschiedlich, sie sollten individuell gefördert werden und in einer vertrauten Umgebung eigene Erfahrungen machen können. Therapien sind für die normale und gesunde Entwicklung eines Kindes unnötig, so der Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Michael Hauch. Dieser erklärt im dritten und letzten Teil seines Interviews mit Vistano, wie Eltern ihre Kinder in der Entwicklung unterstützen können und was mögliche Warnsignale sind.

Vistano: Nachdem Sie erklärt haben, dass Therapien in der Regel eher kontraproduktiv sind, würden wir gerne wissen, welche Tipps Sie für Eltern haben. Wie können Eltern ihre Kinder in ihrer gesunden Entwicklung fördern?

Hauch: Also das wichtigste ist erst einmal die Vorbildfunktion. Der Philosoph, Kirchenvater und Heilige Augustinus Aurelius (354-430) sagte einmal: „Das Leben der Eltern ist das Buch in dem die Kinder lesen.“ So muss ich meinem Kind zeigen, dass wir bei uns in der Familie liebevoll miteinander umgehen, ich nicht ständig von meinem Partner verprügelt werde oder der Fernseher nicht den ganzen Tag läuft. Konflikte werden bei uns friedlich gelöst und wir haben Freude am Leben. Sie sollten dem Kind vermitteln: ‚Du bist mir wichtig und wertvoll, so wie du bist!‘ Das sind Dinge, die Eltern ihren Kindern vermitteln sollten.

Der Beziehungsaufbau ist besonders in den ersten Jahren wichtig. Eltern sollten ihre Kinder nicht kritisch beäugen, sie sollten sich auf die Kinder freuen. Schreit das Kind, sollten Eltern sich ins Gedächtnis rufen, dass sie nicht schuld sind. Auch Eltern müssen lernen Disharmonien in der Erziehung auszuhalten und ihrem Kind Zeit geben sich zu beruhigen.

Außerdem ist eine anregende Umgebung, die nicht nur aus Fernseher und Spielekonsole besteht, wichtig, damit Kinder eigene Erfahrungen machen und ihre Neugier ausleben können. Kinder lernen schließlich anders als Abiturienten. Sie lernen nicht aus Büchern, sondern durch reines Ausprobieren. Hier dürfen Eltern nicht ständig eingreifen, denn eigene Erfahrungen sind wichtig. So können Eltern ihrem Kind Anregungen bieten. Das sind nicht immer absolut pädagogisch wertvolle Dinge. Es sind ganz einfache Dinge, wie gemeinsam einen Kuchen backen. Für 1,50 Euro backen sie einen Rührkuchen, haben so viel Spaß mit ihrem Kind und hinterher noch etwas Leckeres zu essen.

Ich muss das Kind auch nicht den ganzen Tag bespaßen, dann soll es sich doch langweilen. Das tun wir ja auch und aus der Langeweile heraus kommt dann eine Idee. Ein Kind muss sich eben langweilen können, denn daraus folgt Kreativität und Aktivität. Auch so machen Kinder ihre Erfahrungen.

In jedem Fall sollten Eltern ihren Kindern vertrauen. Dieses Vertrauen spüren Kinder und agieren anders in einer vertrauensvollen Umgebung. Früher wollten die Eltern, dass ihre Kinder es mal besser haben als sie. Heute ist es oftmals so, dass die Eltern nicht wollen, dass das Kind es mal schlechter hat als sie. Vielleicht will das Kind aber seinen eigenen Weg gehen. Hier sollten Eltern dem Kind vertrauen und auch wenn sie es anders machen würden, sagen: „Ich vertraue dir, mach mal, probier es mal aus.“

Vistano: Gibt es Warnsignale für Eltern, bei denen sie einen Arzt aufsuchen sollten und eine Therapie vielleicht doch angebracht ist?

HauchWarnsignale sind immer schwierig. Eigentlich ist es nur ein Warnsignal, wenn das Kind etwas verlernt, was es schon kann. Es lief beispielsweise relativ sicher und plötzlich fängt es an zu stolpern und fällt ständig hin. Oder sprach viel und dann plötzlich nicht mehr. Das sind sicherlich Warnsignale. Ansonsten sollten Eltern ihr Kind aufmerksam beobachten, bei Sorgen oder Fragen direkt zum Kinderarzt gehen und diese nicht mit sich herum tragen. Dieser wird die Fragen ehrlich beantworten und die Eltern sollten versuchen das dann auch anzunehmen.

Bei der Frage nach Warnsignalen sollten Eltern in erster Linie auf ihre Intuition vertrauen. Oft kommen Eltern mit Therapievorschlägen, weil das Kind laut Erzieherinnen oder Lehrerinnen auffällig ist. Frage ich die Eltern dann, ob sie das auch so sehen, verneinen die meisten das. Eltern haben eigentlich keine schlechte Intuition nach meiner Erfahrung. Sie brauchen zwar etwas Hilfe und Unterstützung, aber so schlecht ist die Intuition nicht – vor allen Dingen, wenn sie mehrere Kinder haben. Da sieht man ja schnell wie unterschiedlich die Kinder sind, wie unterschiedlich auch Jungs und Mädchen sind. Natürlich kann man auch Ratgeber zu Rate ziehen, aber dann müssen es eben die Richtigen sein. Ich empfehle dann gerne zum Beispiel Remo H. Largo, der in seinen Büchern viel Wissenschaftliches, aber für Laien leicht verständlich, darüber schreibt, wie ein Kind aufwächst und was normal ist und wie groß hier die Variationsbreite bei den Kindern ist.

Vistano: Vielen Dank für das interessante Gespräch und die hilfreichen Tipps.

Abschließend lässt sich zusammen fassen, dass Therapien in Deutschland zu häufig verordnet werden, ohne dass eine medizinische Indikation dafür vorliegt. Zum einen ist das Umfeld der Eltern und zum anderen ErzieherInnen sowie LehrerInnen aber auch Therapeuten selbst dafür verantwortlich. Therapien können die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig belasten und dadurch die natürliche Entwicklung der Kinder eher schädigen als fördern. Da es sich bei funktionellen Therapien um medizinische Verordnungen handelt, sollten sie nicht leichtfertig verschrieben werden.