„Eltern haben eine Vorbildfunktion“: Ein Interview mit Dr. med. Michael Hauch

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„Eltern haben eine Vorbildfunktion“: Ein Interview mit Dr. med. Michael Hauch

Kinder entwickeln sich unterschiedlich, sie sollten individuell gefördert werden und in einer vertrauten Umgebung eigene Erfahrungen machen können. Therapien sind für die normale und gesunde Entwicklung eines Kindes unnötig, so der Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Michael Hauch. Dieser erklärt im dritten und letzten Teil seines Interviews mit Vistano, wie Eltern ihre Kinder in der Entwicklung unterstützen können und was mögliche Warnsignale sind.

Vistano: Nachdem Sie erklärt haben, dass Therapien in der Regel eher kontraproduktiv sind, würden wir gerne wissen, welche Tipps Sie für Eltern haben. Wie können Eltern ihre Kinder in ihrer gesunden Entwicklung fördern?

Hauch: Also das wichtigste ist erst einmal die Vorbildfunktion. Der Philosoph, Kirchenvater und Heilige Augustinus Aurelius (354-430) sagte einmal: „Das Leben der Eltern ist das Buch in dem die Kinder lesen.“ So muss ich meinem Kind zeigen, dass wir bei uns in der Familie liebevoll miteinander umgehen, ich nicht ständig von meinem Partner verprügelt werde oder der Fernseher nicht den ganzen Tag läuft. Konflikte werden bei uns friedlich gelöst und wir haben Freude am Leben. Sie sollten dem Kind vermitteln: ‚Du bist mir wichtig und wertvoll, so wie du bist!‘ Das sind Dinge, die Eltern ihren Kindern vermitteln sollten.

Der Beziehungsaufbau ist besonders in den ersten Jahren wichtig. Eltern sollten ihre Kinder nicht kritisch beäugen, sie sollten sich auf die Kinder freuen. Schreit das Kind, sollten Eltern sich ins Gedächtnis rufen, dass sie nicht schuld sind. Auch Eltern müssen lernen Disharmonien in der Erziehung auszuhalten und ihrem Kind Zeit geben sich zu beruhigen.

Außerdem ist eine anregende Umgebung, die nicht nur aus Fernseher und Spielekonsole besteht, wichtig, damit Kinder eigene Erfahrungen machen und ihre Neugier ausleben können. Kinder lernen schließlich anders als Abiturienten. Sie lernen nicht aus Büchern, sondern durch reines Ausprobieren. Hier dürfen Eltern nicht ständig eingreifen, denn eigene Erfahrungen sind wichtig. So können Eltern ihrem Kind Anregungen bieten. Das sind nicht immer absolut pädagogisch wertvolle Dinge. Es sind ganz einfache Dinge, wie gemeinsam einen Kuchen backen. Für 1,50 Euro backen sie einen Rührkuchen, haben so viel Spaß mit ihrem Kind und hinterher noch etwas Leckeres zu essen.

Ich muss das Kind auch nicht den ganzen Tag bespaßen, dann soll es sich doch langweilen. Das tun wir ja auch und aus der Langeweile heraus kommt dann eine Idee. Ein Kind muss sich eben langweilen können, denn daraus folgt Kreativität und Aktivität. Auch so machen Kinder ihre Erfahrungen.

In jedem Fall sollten Eltern ihren Kindern vertrauen. Dieses Vertrauen spüren Kinder und agieren anders in einer vertrauensvollen Umgebung. Früher wollten die Eltern, dass ihre Kinder es mal besser haben als sie. Heute ist es oftmals so, dass die Eltern nicht wollen, dass das Kind es mal schlechter hat als sie. Vielleicht will das Kind aber seinen eigenen Weg gehen. Hier sollten Eltern dem Kind vertrauen und auch wenn sie es anders machen würden, sagen: „Ich vertraue dir, mach mal, probier es mal aus.“

Vistano: Gibt es Warnsignale für Eltern, bei denen sie einen Arzt aufsuchen sollten und eine Therapie vielleicht doch angebracht ist?

HauchWarnsignale sind immer schwierig. Eigentlich ist es nur ein Warnsignal, wenn das Kind etwas verlernt, was es schon kann. Es lief beispielsweise relativ sicher und plötzlich fängt es an zu stolpern und fällt ständig hin. Oder sprach viel und dann plötzlich nicht mehr. Das sind sicherlich Warnsignale. Ansonsten sollten Eltern ihr Kind aufmerksam beobachten, bei Sorgen oder Fragen direkt zum Kinderarzt gehen und diese nicht mit sich herum tragen. Dieser wird die Fragen ehrlich beantworten und die Eltern sollten versuchen das dann auch anzunehmen.

Bei der Frage nach Warnsignalen sollten Eltern in erster Linie auf ihre Intuition vertrauen. Oft kommen Eltern mit Therapievorschlägen, weil das Kind laut Erzieherinnen oder Lehrerinnen auffällig ist. Frage ich die Eltern dann, ob sie das auch so sehen, verneinen die meisten das. Eltern haben eigentlich keine schlechte Intuition nach meiner Erfahrung. Sie brauchen zwar etwas Hilfe und Unterstützung, aber so schlecht ist die Intuition nicht – vor allen Dingen, wenn sie mehrere Kinder haben. Da sieht man ja schnell wie unterschiedlich die Kinder sind, wie unterschiedlich auch Jungs und Mädchen sind. Natürlich kann man auch Ratgeber zu Rate ziehen, aber dann müssen es eben die Richtigen sein. Ich empfehle dann gerne zum Beispiel Remo H. Largo, der in seinen Büchern viel Wissenschaftliches, aber für Laien leicht verständlich, darüber schreibt, wie ein Kind aufwächst und was normal ist und wie groß hier die Variationsbreite bei den Kindern ist.

Vistano: Vielen Dank für das interessante Gespräch und die hilfreichen Tipps.

Abschließend lässt sich zusammen fassen, dass Therapien in Deutschland zu häufig verordnet werden, ohne dass eine medizinische Indikation dafür vorliegt. Zum einen ist das Umfeld der Eltern und zum anderen ErzieherInnen sowie LehrerInnen aber auch Therapeuten selbst dafür verantwortlich. Therapien können die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig belasten und dadurch die natürliche Entwicklung der Kinder eher schädigen als fördern. Da es sich bei funktionellen Therapien um medizinische Verordnungen handelt, sollten sie nicht leichtfertig verschrieben werden.

 

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