„Wirbelsäulenoperationen sind zu 80 Prozent überflüssig”: Ein Interview mit Dr. med. Martin Marianowicz

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„Wirbelsäulenoperationen sind zu 80 Prozent überflüssig": Ein Interview mit Dr. med. Martin Marianowicz

Rückenschmerzen sind in Deutschland eine Volkskrankheit: 85 Prozent der Deutschen leiden zumindest einmal in ihrem Leben an Rückenschmerzen. Aber eine Operation ist trotz Bandscheibenvorfall nicht unbedingt die richtige Lösung, sagt der Wirbelsäulenspezialist Dr. Martin Marianowicz. Im ersten Teil seines Interviews mit Vistano erklärt er woran das liegt.

Vistano: In keinem anderen Land Europas wird so viel am Rücken operiert wie in Deutschland: über 400.000 Operationen jährlich und die Tendenz ist steigend. Wie kommt es dazu?

Marianowicz: Deutschland ist sogar weltweit führend und das verheerende sind nicht die absoluten Zahlen, sondern die Art der vorgenommenen Rückenoperationen. Während früher nur etwa zehn Prozent der Rückenoperationen instrumentalisiert waren, wird heute bei über 50 Prozent der Operationen mit Versteifungen, Prothesen, Platten oder Schrauben gearbeitet. Der Grund für diese zunehmende Instrumentalisierung und die steigenden Operationszahlen ist einfach: Mit einer konservativen Behandlung bei Rückenbeschwerden wird in drei Monaten nur 30 Euro verdient, aber eine Operation ist zwischen 2.000 und 15.000 Euro wert. So fördert unser fatales medizinisches Entlohnungssystem die zunehmenden Operationszahlen.

Vistano: Wie kommt es, dass Sie als Orthopäde in einem solchen System die konservative Behandlung trotzdem bevorzugen?

MarianowiczIch bevorzuge die konservative Behandlung, weil sie richtig ist und 80 Prozent der Wirbelsäulenoperationen überflüssig sind. Das wussten wir bereits vor 30 Jahren, als ich mein Examen ablegte. Schließlich klingen 80 bis 90 Prozent der konservativ behandelten Bandscheibenvorfälle nach sechs bis zwölf Wochen wieder ab. Also hat ein Operateur nichts an vorderster Front im Kampf gegen Rückenschmerzen verloren. Schließlich geht es bei der Heilung der Wirbelsäule nicht darum die Bilder zu verbessern, sondern dem Körper beim Arrangement mit der eigenen Degeneration zu helfen.

Vistano: Aber können falsche Behandlungen, wie überflüssige Operationen, nicht durch bildgebende Methoden wie CT oder MRT ausgeschlossen werden?

MarianowiczIn Deutschland wird oft ein schnelles Bild gemacht und daraus resultierend eine schnelle Übertherapie angesetzt. Denn zum einen weiß der Operateur, dass die Zeit sein größter Feind ist, und zum anderen gibt es allein in einer Stadt wie München ebenso viele Kernspintomografen wie in ganz Norditalien. Aber Bilder sind nicht ausschlaggebend für eine korrekte Diagnose, da 60 Prozent der an chronischen Rückenschmerzen leidenden Patienten keinen Befund auf den Bildern vorweisen. Diese Patienten leiden an sogenannten unspezifischen Rückenschmerzen. Auf der anderen Seite ist es möglich trotz Befund schmerzfrei zu sein, denn es handelt sich hierbei nicht automatisch um eine Krankheit, wie zum Beispiel in der Onkologie. Wir stehen also vor dem Problem, dass unser System zu bildhörig ist.

Vistano: Wenn Bilder nicht zwingend ausschlaggebend für die richtige Diagnose sind, wie sollte Ihrer Meinung nach eine richtige Diagnose gestellt werden?

MarianowiczUm eine Verdachtsdiagnose stellen zu können reicht zunächst ein 15 minütiges Gespräch. Ich stelle meinen Patienten hierfür zweimal 20 Fragen. Erst danach kann ich meine Diagnose anhand der Bilder überprüfen. Die meisten meiner Patienten kommen zu mir, weil ihnen zu einer Operation geraten wurde und sie eine zweite Meinung brauchen. Über 50 Prozent von ihnen wurden vorher nie ausgezogen. Auch hierfür ist unser medizinisches System verantwortlich, denn den Ärzten bleibt nicht die Zeit für ein Gespräch. Ohne ein Gespräch ist eine Diagnose allerdings nicht möglich, denn der Schmerz entsteht im Kopf, auch wenn die Ursache im Rücken liegt.

Nachdem Herr Dr. Marianowicz im ersten Teil des Interviews über Diagnosen von Rückenschmerzen gesprochen hat, erklärt er im zweiten Teil, welchen Einfluss die menschliche Psyche auf das Schmerzempfinden hat und wie ein Patient seinen Rücken selbst heilen kann.

 

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