Zu viel Hygiene ist schädlich
Nicht nur der Lebenswandel im Erwachsenenalter, sondern auch und vor allem die Ereignisse in der Kindheit bestimmen zu einem großen Teil, wie leistungsstark unser Immunsystem ist. Pharmakologe Detlev Ganten vom Berliner Universitätsklinikum Charité hat es in einem Interview auf den Punkt gebracht.
Gesunder Schmutz
„Dreck macht Speck“ heißt es in einem alten deutschen Sprichwort. Es meint, dass wir bei den Hygienevorstellungen innerhalb der Erziehung nicht allzu streng sein sollten. Als einer der einflussreichsten Mediziner Deutschlands betont Ganten, wie wichtig das Training des Immunsystems in der Kindheit in Form von Dreck und Matsch sei. Unser Immunsystem sei auf eine schmutzige Welt ausgerichtet und müsse schon früh und vielseitig stimuliert werden, so der Pharmakologe. Der Kontakt mit verschiedenen Viren, Pilzen und Bakterien sei also keineswegs ein Problem, sondern sogar wünschenswert.
Eine bessere Allergie-Vorsorge, als das ungehemmte Spielen im Matsch, gibt es nach Meinung von Ganten überhaupt nicht. Und er geht sogar noch einen Schritt weiter: Eltern sollen nicht in Panik und Selbstvorwürfe verfallen, wenn ihre Kinder einen harmlosen Wurmbefall erleiden – im Gegenteil! Sie sollten sich freuen, denn diese Kinder werden im späteren Leben ein besonders gutes Immunsystem haben.
Kranke Hygiene
Das viel größere Risiko liegt heutzutage in den Industrieländern viel mehr in der Desinfektionswut vieler Menschen. Damit nimmt man dem Immunsystem nicht nur den stimulierenden Gegenspieler, sondern fördert auch noch die Bildung resistenter Keime, die dann tatsächlich zu einem potentiellen Gesundheitsschaden führen können. Auch entzündliche Erkrankungen wie Asthma oder Arthritis werden mit dem übermäßigen Gebrauch von Desinfektionsmitteln und anderen Vorkehrungen zur Keimabwehr in Verbindung gebracht.
Vor allem Städter sollten sich nicht der Illusion eines „keimfreien“ Haushaltes hingeben und sich wieder auf „frühere Verhaltensweisen“ besinnen, so Ganten. Natürlich soll in bestimmten Bereichen wie der Küche oder dem WC ein gewisses Maß an Hygiene nicht fehlen, jedoch ist die Redensart „Dreck reinigt den Magen“ nicht ganz so falsch, wie mancher Hypochonder vielleicht denkt.
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