Gesundheitswahn
Die Gesundheit ist ein hohes Gut. Dennoch: Viele Menschen übertreiben die Gesunderhaltung und betreiben einen Gesundheitswahn. Dies beginnt häufig bereits bei der zwanghaften Ernährung, führt über zwanghaftes Trainieren bis hin zu zwanghaftem Schlafverhalten. Doch aus welchem Grund verhalten sich die Menschen so?
Warum wir dem Wahn nachgeben
Viele halten die Gesundheitsbewegungen derzeit für eine Erscheinung, die dadurch bedingt ist, dass Leben oftmals nur noch als diesseitig angenommen wird. Damit ist nicht das reale Leben gemeint. Vielmehr gingen die Menschen im Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert davon aus, dass sie nur eine kurze Zeit auf der Welt verweilen, bevor sie dann im Paradies ewig leben. Die Lebenszeit war daher unbegrenzt.
Heute sind die Menschen wesentlich aufgeklärter und der Gottesglaube geht stark zurück. Das Ergebnis daraus ist, dass sie weniger Lebenszeit zur Verfügung haben. Die soll dann verlängert und auch möglichst gesund gestaltet werden. Im Umkehrschluss werden auch Krankheiten als dramatischer eingestuft und können schnell eine Panikwelle auslösen. Das Problem zieht sich dabei bis in politische Kreise.
Der Gesundheitswahn führt dazu, dass die Politik regelmäßig verspricht, dass für die Gesundheit der Wähler alles getan wird. Ein Problem dabei ist, dass die Kosten dann selbstverständlich auch steigen. Schon heute ist der Fortschritt in der Medizin kaum noch finanzierbar. Gerade Techniken, die an Universitäten eingesetzt werden, sind teuer und werden deshalb meistens zunächst Privatpatienten angeboten.
Die Kasse selbst kann diese nicht tragen. Ein weiterer Nachteil entsteht durch die persönliche Einstellung, die sich durch den Gesundheitswahn komplett verändern kann. Gerade als das ewige Leben noch zur gängigen Meinung zählte, blieb Raum für das Sozialwesen. Die Menschen halfen sich und die Gemeinschaft bestand aus einem Miteinander. Der Gesundheitswahn brachte nun die Umkehr. Um gesund zu bleiben, muss sich der Mensch auf sich selbst konzentrieren. Es entsteht eine durchaus leicht egoistische Grundhaltung, die dann dazu führt, dass der Mensch weniger Zeit für Soziales hat.
Gesundheitswahn gefährlich
Der Gesundheitswahn hat allerdings nicht nur eine politische und gesellschaftliche Dimension, sondern auch eine durchaus physische Seite. Dies wird vor allem im Bereich der Ernährung sehr deutlich. Hier werden immer wieder Wunderinhaltsstoffe angepriesen. Vitamine und Mineralstoffe werden in diesem Zusammenhang immer wieder in den Fokus gerückt. Was auch passieren kann, wenn der Mensch versucht gesund zu leben, zeigt ein klassischer Fall aus den USA.
Dort wurde ein Fettersatzstoff eingeführt. Dieser wurde dann in zahlreichen Lebensmitteln verwendet. Die Folge davon war ernüchternd: Die Menschen nahmen nur noch Produkte mit diesem Stoff zu sich, da er versprach nicht dick zu machen. Der Körper braucht allerdings Fett, um zu überleben. Am Ende forderte dieser neue Stoff dann Menschenleben. In Deutschland und Europa darf der Stoff bis heute nicht eingesetzt werden. Ähnliches lässt sich an der Gesundheitswahnfront in regelmäßigen Abständen berichten und ob die Studien und Belege für die gesundheitsförderliche Wirkung eines Stoffes auch morgen noch gültig sind, steht oftmals in den Sternen.
Stilblüten – Von Stammzellen und Lebensverlängerung
Welche Stilblüten der Gesundheitswahn annimmt, wird auch beim Thema Stammzellen klar. Heute können die Stammzellen direkt bei privaten Blutbanken eingefroren werden. Die Zellen selbst stammen aus der Nabelschnur von Neugeborenen. Stammzellen selbst sind nicht differenziert, sondern sind noch in der Lage, jedes Gewebe zu bilden. Daher sollen sie bei einer Krankheit neue Organe bilden oder einfach die Defekte beseitigen. Private Anbieter werben inzwischen damit, dass in der Zukunft schwerwiegende Krankheiten mittels Stammzellen behandelbar seien. Einem Unternehmen wurde diese Werbung allerdings bereits untersagt – aus gutem Grund.
Die Stammzellen können dabei helfen, Blutkrebs und vererbte Knochenmarkskrankheiten zu heilen. Allerdings ist hierbei anzumerken, dass sie nicht dem Spender helfen. Vielmehr müssen zur Heilung fremde Zellen verwendet werden. Körpereigene Zellen weisen bereits die Fehler auf, die zur Krankheit führen, wodurch sie unbrauchbar sind. Auch Blutkrebs wird oft bereits vor der Geburt angelegt, sodass die eigenen Stammzellen nicht verwendet werden können. Zwar werden heute viele Untersuchungen durchgeführt, welche Erkrankungen mit den Stammzellen behandelt werden können. Aussagekräftige Ergebnisse liegen allerdings nicht vor. Auch in der nahen Zukunft werden keine Ergebnisse erwartet, die eine Heilungsmöglichkeit erwarten lassen. Noch immer steckt die Technik in den Kinderschuhen, sodass eine Heilung von Krankheiten derzeit noch Utopie ist.
Ob die Stammzellentherapie sinnvoll ist, kann daher als fraglich eingestuft werden. Einziger sinnvoller Einsatz ist daher die Anwendung bei fremden Menschen bezüglich der Knochenmarkskrankheiten sowie des Blutkrebses. Der Gesundheitswahn sorgt auch dafür, dass das Leben ständig verlängert werden soll. Lebensverlängernde Maßnahmen sind zahlreich vorhanden. Sie werden dann eingesetzt, wenn der Mensch aus eigener Kraft nicht mehr überleben kann, da die Schäden zu hoch sind. Ist es sinnvoll, dass solche Maßnahmen tatsächlich auch ausgeführt werden? Eher nicht, denn in der Mehrheit der Fälle sind die Patienten per Definition eigentlich schon tot oder haben keine Chance ohne die Maschinen zu überleben. Lebensqualität ist daher meistens nicht gegeben und nur ein verschwindend geringer Teil realisiert überhaupt noch, dass er lebt. Eine Verlängerung des Lebens ist daher sinnlos. Lebensverlängernd wirken sich auch verschiedene weitere Bemühungen aus. Forscher haben sogar die Hoffnung, den Tod irgendwann zu besiegen. Das Problem dabei ist die Frage, ob ein Mensch überhaupt noch Leistung erbringen würde, wenn er wüsste, dass er bis in alle Ewigkeit lebt. Viele Unternehmungen werden sinnlos, da noch die Ewigkeit zur Verfügung steht.
Mit steigenden Lebensalter nimmt zudem auch der Verschleiß zu. Der Mensch ist ursprünglich auf eine durchschnittliche Lebenserwartung von knapp 40 Jahren ausgelegt. Inzwischen wird der Mensch doppelt so alt. Die Folge: Alterserscheinungen wie Demenzen, Knochenschwund oder Herzprobleme. Zwar werden die Menschen immer älter. Mit zunehmendem Alter wird allerdings auch das Leben beschwerlicher. Zugleich nehmen die Aufgaben des Menschen im Verlauf des Lebens ab. Der Mensch benötigt Ziele, die irgendwann erreicht sind. Spätestens dann kann damit gerechnet werden, dass Depressionen und anderen psychische Erkrankungen zunehmen. Zugleich ist der Platz auf der Erde begrenzt. Sterben die Menschen später oder überhaupt nicht mehr, wird die Erde überbevölkert. Schon heute gibt es ein Ernährungsproblem, das sich dann weiter verstärken würde. Kriege um Nahrung wären die Folge und schon jetzt sehen Zukunftsforscher in diesem Bezug ein ernstes Problem.
Die ewige Schönheit
Eine Lösung erscheint dabei die ewige Jugend. Ein Ziel, das bezüglich des Schönheitswahns wichtig wird, zu dem auch der Schlankheitswahn gehört. Schönheit wird in der Gesellschaft hoch bewertet. Schöne Menschen haben messbar mehr Erfolg im Beruf und auch das Kennenlernen fremder Menschen fällt schönen Menschen leichter. Jugendliches Aussehen ist schön, weshalb viele Menschen zu kosmetischen Operationen greifen, die eigentlich dem Gesundheitswahn widersprechen. Die Operationen haben viele Risiken, die kaum ausgeglichen werden können und nicht wenige Operationen enden mit einer starken Schädigung oder sogar mit dem Tod des Patienten. Schlankheit führt schließlich auch zu Erkrankungen, denn mit dem ständigen Hungern werden nur noch wenige Nährstoffe geliefert und das Immunsystem verschlechtert sich. Schönheit und die ewige Jugend werden unter diesem Aspekt zu einer gesundheitlichen Last.
Und doch bedingt die Gesellschaft, dass sich viele Jugendlichen diesem Trend anpassen und immer schlanker werden. Nicht selten endet dies in einer ernsten Erkrankung wie der Magersucht. Der gemeinsame Nenner zum Gesundheitswahn ist einfach erklärt. Es handelt sich um einen gesellschaftlichen Bereich, der aussagt, was erstrebenswert ist. Einige Kulturen haben diesen Trend erkannt. In Israel beispielsweise sind nur noch Modells erlaubt, die einen normalen Body-Mass-Index aufweisen.
Da gerade das Körpergewicht auch eine Modeerscheinung ist, die sich im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder veränderte, bleibt zu hoffen, dass sich auch diese Mode wieder ändern wird. Der Gesundheitswahn ist heute gefährlich und eigentlich hemmt er die Menschheit. In vielen Fällen sind gerade die Menschen gesund, die dem Trend nicht verfallen. Nachdem sich die Meinung der Wissenschaft ständig durch neue Erkenntnisse ändert, bleibt ohnehin die Frage: Ist der Gesundheitswahn wirklich gesund oder wird die Wissenschaft in einigen Jahren beweisen, dass sich die Menschen selbst schädigen? Und vielleicht sollten die Menschen auch die Frage beantworten: Will ich gesund oder zufrieden sterben?
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