Dunkles Erbe: Die Verarbeitung eines Traumas
Im Artikel “Dunkles Erbe: Das Trauma lebt weiter” konntet Ihr erfahren, dass ein Mensch die Folgen eines Traumas erleben kann, obwohl das Trauma vor Generationen in der Familie stattfand. Der Weg dahin ist nicht einfach, aber wenn man es geschafft hat, ist es wichtig, es zu verarbeiten.
Die Folgen eines Traumas
Nun stellt sich die Frage, wie solch ein Trauma überhaupt überleben kann? Kann ein Mensch eine traumatische Erfahrung nicht bewältigen, entwickelt sich eine Traumafolgestörung. Diese kann noch über mehrere Generationen weitergegeben werden. Ein Mensch, der unter diesen Folgen leidet, fällt es oft schwerer, eine Elternrolle kompetent zu erfüllen. Die Eltern sind für die Kinder emotional nicht erreichbar. Manchmal bekommen die Kinder nicht genug Fürsorge oder Aufmerksamkeit, weil die Eltern sehr stark mit sich selbst beschäftigt sind. Auch Annas Mutter zeigte einige Auffälligkeiten, die die Tochter nicht verstehen konnte.
Prof. Mihacek aus dem „Esra“-Zentrum in Wien war der erste Mensch, der Anna verstand. Sie konnte sehen, dass es nicht ihre Kriegserinnerungen waren, die sie belasteten. Die junge Frau selbst war ja gar nicht im Kriegsgeschehen involviert. Sie hat inzwischen verstanden, dass ihre Einschränkungen und Ängste durch die Familiengeschichte ausgelöst wurden.
Verschiedene Wege der Verarbeitung
Mihacek weiß aus seiner Arbeit, dass Menschen traumatische Erinnerungen auf ganz unterschiedliche Weise verarbeiten. Manche reden über die Geschehnisse oder bilden sich zum Thema weiter. Wieder andere gehen beruflich in eine Richtung, die mit den Erlebnissen zu tun hat. Wieder andere Personen schweigen darüber.
Auch die Symptome einer Traumafolgestörung fallen unterschiedlich aus. Annas Geschwister leiden alle auf die ein oder andere Art an dem vererbten Trauma. Therapeutin Cristina Budroni aus dem Esra Zentrum erklärt, dass Kinder oft das Gefühl haben, dass ihnen nicht mehr Glück zusteht, als den Eltern. Verarbeitet die zweite Generation das Trauma nicht, wird es sogar noch an die dritte Generation weitergegeben. Nachkommen empfinden Schuld, weil sie glücklicher als die Eltern sind.
Budroni erklärt, dass die Erfahrungen der Eltern die Basis für das Leben der Kinder sei. Von den Eltern lernen Kinder, wie das Leben funktioniert. Selbst wenn Eltern nicht über diese Dinge oder Folgen sprechen, geht es doch auf die Kinder über.
Annas Tochter spürt auch die Folgen des Traumas
Auch Annas Tochter, die dritte Generation, spürt noch Folgen des Traumas der Oma. So ist es ihr zum Beispiel nicht möglich, ein Dampfbad zu besuchen. Die zweite Generation ist noch sehr stark auf die erste ausgerichtet. Immer steht die Frage im Raum, ob man etwas darf oder nicht.
Der dritten Generation ist es hingegen schon möglich, ein eigenständiges Leben zu führen. In vielen Fällen entscheiden sich diese Menschen sogar für eine große räumliche Distanz. Wird Betroffenen klar, dass sie an einer vererbten Traumafolgestörung leiden, verstehen sie ihr Leben und ihre Entscheidungen viel besser.
Alles besser machen
Anna hat inzwischen sehr viel verstanden und verarbeitet. Sie hat für sich entschieden, dass sie offen über diese Dinge spricht. Sie möchte es besser als ihre Mutter machen. Anna nutzt ihren Beruf als Psychologin, um anderen zu helfen. Ihre eigene Störung hat sie inzwischen schon ein Stück weit verarbeitet und ihr Leben ist bereits leichter geworden. Die Restbelastung versucht sie so gut wie möglich in ihren Alltag und Beruf zu integrieren.
Eine vererbte Traumafolgestörung kann demnach behandelt werden, wenn der Betroffene diese feststellt und die Möglichkeit hat, sie aufzuarbeiten. Vielleicht kann so in manchen Fällen die dritte Generation weitgehend von Störungen verschont bleiben.
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