Europa: Fünf Erfolge der Grundlagenforschung

Europa: Fünf Erfolge der Grundlagenforschung


Ein kleiner Überblick der Grundlagenforschung über die unterschiedlichen Projekte des Europäischen Forschungsrates, die mit Hilfe von Grants realisiert werden konnten.

Entdeckung einer neuen Krebstherapie

Ursprünglich sollte mit dem ERC Consolidator Grant für die Entwicklung eines Medikamentes in Kopenhagen genutzt werden, welches Schwangere vor Malaria schützen sollte. Die daraus entstandenen Entdeckungen könnten jedoch auch die Krebstherapie revolutionieren. Die Anopheles-Mücke, verantwortlich für Malaria, beherbergt ein Protein, welches sich an ein spezielles Zuckermolekül in der Plazenta bindet. Dieses Zuckermolekül ist auch in den meisten Krebszellen vorhanden. Das Protein könnte somit genutzt werden, um Medikamente zu den Krebszellen zu bringen, damit Tumore in der Plazenta, sowie nahezu alle anderen Krebsarten, direkt bekämpft werden können. Versuche an Mäusen und Zellkulturen zeigten erste Erfolge. Der nächste Schritt sind klinische Studien am Menschen.

Gesundheitsvermessung

Laut Marc Luy an dem Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaft sei die Schätzung der gesunden Lebenszeit aufgrund der Erfassung des Gesundheitszustandes viel komplexer und komplizierter als die Bestimmung der reinen Lebenserwartung im Bezug zum Lebensstatus. Zudem gebe es viele unterschiedliche Definitionen von Gesundheit. Die demografischen Kennzahlen, die als Grundlage politischer Entscheidungen dienen, bringen demnach viele methodologische Probleme mit. Schließlich kommt es darauf an, welche Studien und Gesundheitskennzahlen dieser zugrunde liegen. Mit dem Grant soll das Problem systematisch Untersucht werden. Es sollen die methodischen Empfindlichkeiten, sowie die Beeinflussung der abgebildeten Entwicklung erforscht werden.

Teamarbeit auf kognitiven Grundlagen

Die Psychologie ging lange nach dem Schema, dass, bevor eine Reaktion stattfindet, die Handlungen des Gegenübers erst audiovisuell wahrgenommen und dann kognitiv verarbeitet werden. Mittlerweile weiß man, dass für das Eingehen auf blitzschnelle Interaktionen aufeinander, neurologisch verankerte Mechanismen verantwortlich sind. Diese aktivieren bei dem Handelnden und auch beim Partner die gleichen Areale im Gehirn. Mit dem Grant soll experimentell untersucht werden, wie die blitzschnellen Prozesse von Erahnen und Vorwegnehmen von Handlungen und Bewegungen im Gehirn funktionieren. Die Erkenntnisse sollen bei der kognitiven Robotik und Programmierung von Industrierobotern (soziale Intelligenz) eine Rolle spielen.

Wenn Unrecht rechtlich fundiert wird

Grundlage bietet das rechtlich verzerrte System des NS-Regimes und die Frage, wie es möglich ist, dass ein politisches System wie dieses sich über ethische Grundsätze und rechtsstaatliche Prinzipien hinwegsetzen konnte und trotzdem rechtlich legitimiert wurde. Mit dem Grant suchte Herlinde Pauer-Studer vom Institut für Philosophie der Uni Wien eine Antwort. Der Nationalsozialismus sei, wie kein anderer Genozid, theoretisch und argumentativ so gut vorbereitet gewesen. Auf dieser Basis wurde die Ethisierung des Rechts in Verbindung mit Totalisierung des machtstaatlichen Einflusses untersucht. Laut der zentralen Erkenntnisse, habe der Nationalsozialismus den Unterschied zwischen ethischen Pflichten und Rechtspflege nivelliert.

Außenpolitisches Frühwarnsystem

Im Bezug zur Außenpolitik und Warnungen vor bewaffneten Konflikten wurden in einem abgeschlossenen ERC-Projekt die Kommunikation und die Wahrnehmung von Warnungen analysiert. Bei Warnungen vor Konflikten komme es darauf an, wer was wann genau zu wem sagt. Zwar seien objektive Daten im Falle eines Frühwarnsystems wichtig, dennoch dürfe nicht alles darauf basieren. Politische Akteure achten genau auf die Glaubwürdigkeit ihrer Quellen, Warnungen von Menschenrechtsorganisationen werden jedoch regelmäßig überhört. Für ein Frühwarnsystem für bewaffnete Konflikte sei Expertenwissen allein nicht ausreichend. Es ist ebenso wichtig, zu wissen, wie Warnungen zu politischen Akteuren kommen und in Organisationen eingeschleust werden können.

 

Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Depressionen und Entzündungen

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Die Zahl der Menschen in Deutschland, die unter Depressionen leiden liegt schätzungsweise bei 4 Millionen. Das ist eine große Zahl und eine noch größere Herausforderung für unser Gesundheitssystem. Während wir oft zwischen einer psychischen und einer physischen Krankheit unterscheiden, zeigt uns die Medizin immer mehr, dass der Übergang viel fließender ist als wir denken.

Starke Medikamente haben starke Nebenwirkungen

Des Weiteren kristallisiert sich seit Jahren schon heraus, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Entzündungen und Depressionen gibt. Der entzündungstherapeutische Ansatz ist oft vielversprechend, weil die meisten Patienten mit Depressionen durch die üblichen Medikamente nicht geheilt werden können. Im Falle von Depressionen sind oft starke Medikamente eine Lösung. Diese Lösung aber, sorgt auch für viel Kritik, weil ihre Nebenwirkungen sehr stark sind. Dazu kommt, dass Antidepressiva den Serotonin-Spiegel deutlich erhöhen.

Abwehr des Körpers ist durch Depression geschwächt

In Frankreich und auch in Deutschland haben vor kurzem mehrere Studien beweisen können, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Entzündungen und Depressionen gibt. Dr. Sophie Georgin-Lavialle vom Sainte-Anne-Krankenhaus konnte beispielsweise nur bei depressiven Probanden eine Produktion von Chinolinsäure statt Serotonin, wie es eigentlich üblich ist. Die Chinolinsäure ist ein neurotoxisches Derivat und sehr gefährlich für den menschlichen Körper. Der Grund dafür ist eine überstarke Aktivierung der Mastozyten. Dabei handelt es sich um Zellen, die für die Abwehr des Körpers verantwortlich sind. Die Ergebnisse und Untersuchungen wurden einst von den Professoren Olivier Hermine und Raphael Gaillard erwiesen. Sie konnten den Zusammenhang zwischen Mastozyten und Depressionen beweisen.

In diesem Bereich der Medizin gibt es in Deutschland besonders zwei Personen, die mehr als nur erwähnenswert sind, nämlich Prof. Harald Engler und Prof. Manfred Schedlowski. Engler ist an der medizinischen Fakultät Duisburg-Essen (UDE) und Schedlowski am Institut für medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie am Universitätsklinikum Essen (UK Essen) angestellt. Beide Professoren konnten nachweisen, dass Depression dazu führen, dass die Konzentration an Interleukin (IL-6), einem Immunbotenstoff, im Blut und auch in der Gehirnrückenmarks-Flüssigkeit (Liquor) deutlich weniger wird. Wenn ein Proband eine höhere Konzentration aufwies, dann weil die Symptome für eine Depression auch größer und stärker waren.

Die Vermutung der Wissenschaftler ist jetzt, dass IL-6 durch das Blut in unser Gehirn gelangen kann und dort neuronale Prozesse durcheinanderbringt und diese eine Depression bewirken können. Es muss zwar noch untersucht werden, wie genau IL-6 in unserem Körper transportiert wird und ob das überhaupt möglich ist, es erscheint aber mehr als nur plausibel. In Berlin forschen auch noch weitere Mediziner an diesem Thema. Am Universitätskrankenhaus der Charité untersucht beispielsweise Prof. Julian Hellman-Regen Minocyclin. Das Medikament wird ursprünglich gegen Infektionen und Akne eingesetzt. Hellman-Regen möchte herausfinden, ob es sich auch für die Bekämpfung von Entzündungszellen im Gehirn eignet.

Ein heiß diskutiertes und erforschtes Thema in Europa

In Frankreich und auch in anderen Einrichtungen in Deutschland wird das Thema genau untersucht. Ganz egal ob in Toulouse oder Berlin, die Ergebnisse von Studien und Labortests lassen doch sehr stark vermuten, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Depressionen und Entzündungen gibt. Das kann natürlich eine revolutionierende Entdeckung sein für die Medizin. Psychische Krankheiten sind meist schwer zu behandeln bzw. die Diagnose stellt uns oft vor große Probleme. Der Zusammenhang mit Depressionen könnten sowohl die Diagnose als auch die Heilung sehr vereinfachen.

 

In China züchten Forscher autistische Affen

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Für Forschungen im Autismus-Bereich gingen chinesische Forscher nun einen Schritt weiter, als ihre Kollegen. Sie züchteten autistische Affen. Diese Affen sind sehr viel ängstlichere und weniger sozial als ihre nicht-autistischen Artgenossen. Die Forscher erhoffen sich, durch verschiedene Tests an Affen ein Mittel gegen Autismus zu finden.

Nach eigenen Angaben haben chinesische Forscher es wohl über Genveränderungen geschafft, autistische Affen zu züchten. Im Fachmagazin „Nature“ berichten die Forscher, dass den Affen das MeCP2-Gen eingeschleust wurde.

Die Affen veränderten sich dadurch sehr. Anders als ihre normalen Artgenossen liefen sie sehr häufig im Kreis, waren weniger sozial und reagierten sehr ängstlich. Die kognitive Leistungsfähigkeit der Affen wurde auch getestet und es zeigten sich deutliche Unterschiede. Die Forscher sind daher nun der Meinung, dass man statt Mäuse Affen benutzen kann für die Tests und die Ergebnisse dadurch greifbarer und womöglich auch realistischer werden. Denn Forscher stoßen immer wieder auf das gleiche Problem: Im Bereich der Autismusforschung können Tests nur an Mäusen und Ratten durchgeführt werden. Die neuen Ergebnisse könnten einen riesigen Fortschritt für die Forschung bedeuten, es bleibt allerdings noch abzuwarten, in wie fern typische Defizite im sozialen Verhalten der Affen sich tatsächlich bemerkbar machen, sagt Melissa Bauman von der University of California.

In China hat Zilong Qiu vom Hirnforschungszentrum CAS Javaneraffen für seine Tests verwendet. Das MeCP2-Gen wurde den Affen durch bestimmte Viren verabreicht und mit einer speziellen Methode wurden die Affen auch vermehrt. Dabei konnten die Forscher sogar Verhaltensauffälligkeiten beim Nachwuchs feststellen.

Schwere Erkrankungen bei Affen

Aus dem MeCP2-Protein resultiert ein Protein, welches viele Funktionen im Gehirn aufrecht hält und daher sehr wichtig ist. Beim Menschen kann eine solche Veränderung zu einer gravierenden Entwicklungsstörung führen, beispielsweise zum Rett-Syndrom. Menschen, die am Rett-Syndrom erkranken, zeigen ähnliche Anzeichen wie Menschen, die an Autismus leiden.

Eine Duplikation des MeCP2-Gens kann auch schwere Folgen haben, denn die Entwicklung, gerade bei männlichen Kindern, kann sehr darunter leiden. Es zeigen sich Verhaltensdefizite und die Kinder sind anfälliger für Infektionen. Bei den Affen kam es durch die genetischen Veränderungen zu schweren Erkrankungen, wie die Forscher in „Nature“ berichten. Laut Eric Vallender (University of Mississippi) gibt es außer dem MeCP2-Gen noch unzählige Gründe für Autismus Erkrankungen. Allein im Bereich Erbgut-Forschung gibt es noch unglaublich viel zu erforschen. Außerdem zeigen die Tests nur relevante Ergebnisse in Bezug zu dem MeCP2-Gen und nicht zu Autismus allgemein.

Sensibel mit Affen umgehen

Genmodifizierte Affen könnten einen großen Fortschritt im Bereich der neurologischen Störungen bedeuten. Tests an Makaken weisen menschennahe Ergebnisse auf, erklärt Gilbert Schönfelder vom Deutschen Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R). Die Ethik und der Respekt vor den Affen sollte natürlich bei der Forschung nicht verloren gehen. Die Wissenschaftler sind sich bewusst, dass Versuche mit Affen in der Öffentlichkeit für Aufregung sorgen können. Allerdings argumentieren die Forscher, dass bei Versuchen mit Mäusen es kaum jemanden interessiert und sich dann natürlich die Frage stellt ob manche Tiere mehr Wert sind als andere.

 

Besondere Zellen regulieren Verlangen nach Alkohol

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Ein Feierabend-Bier oder ein Glas Wein auf dem Sofa – für viele ist Alkohol im Alltag eine kleine Belohnung. Die meisten Menschen kennen ihre Grenzen gut, wissen wie viel sie vertragen und wann sie nicht trinken sollten. Doch bei ungefähr fünf Prozent der Deutschen ist das nicht der Fall, diese ca. 4 Millionen Menschen neigen dazu, unter Alkoholeinfluss die Kontrolle zu verlieren und können in die Abhängigkeit abrutschen. Nun haben Forscher dieses Verlangen nach Alkohol genauer untersucht.

Zellen regeln unsere Achtsamkeit

Wie genau ein solcher Kontrollverlust zustande kommt, ist bisher nicht klar erforscht. Doch spielt sich alles in der Großhirnrinde ab, die zuständig ist für die Kontrolle unserer Emotionen und Motivationen und einen großen Teil unseres alltäglichen Verhaltens beeinflusst. Am Institut für Psychopharmakologie ZI haben Forscher die Großhirnrinde von Ratten untersucht und sind auf eine Gruppe ganz besonderer Nervenzellen gestoßen, die sogenannten „Achtsamkeitszellen“. Diese Zellen dienen zur Unterbrechung unbewusster Gewohnheiten, wie beispielsweise der regelmäßige Konsum von Alkohol. Somit regulieren sie in gewissem Maße auch unser Verhalten im Bezug auf Suchtmittel.

Bestimmte Zellengruppen in unseren Gehirnen ermöglichen es uns, eine Situation bewusst wahrzunehmen und zu bewerten, bevor wir uns für eine Handlung entschließen. Um diese Nervenzellen-Gruppen näher zu verstehen, wurde an der Universität Heidelberg ein Sonderforschungsbereich ins Leben gerufen. Ein Gruppe Forscher um Prof. Dr. Sommer haben im vergangen Juli ein Experiment veröffentlicht, mit dem sie nachweisen konnten, dass eine dieser Nervenzellen-Gruppen für Impulshandlungen unter Alkoholeinfluss zuständig ist. Somit können die Forscher nun den genauen Prozess des Kontrollverlustes untersuchen und nachvollziehen.

Forschung könnte Alkoholkranken helfen

Das Zellen-Ensemble befindet sich in der sogenannten Area 25 der Großhirnrinde, ein Zentrum, das auch für die Entstehung von Depressionen eine große Rolle spielt. Eine frühere Studie Sommers hat bereits ergeben, dass Neuronen in dieser Zone des Gehirns besonders sensibel auf starken und wiederholten Alkoholkonsum reagieren. Nicht nur bei Ratten waren Langzeitschäden dieser Region zu beobachten, sondern auch bei Alkoholpatienten ist dies bekannt.

Daraus lässt sich schließen, dass es durch massiven Alkoholkonsum zu Ausfällen in dieser Zone des Gehirns kommt, und somit die von dort aus gesteuerte Achtsamkeit erheblich nachlässt. Dies verstärkt bei Alkoholpatienten ebenfalls das Rückfall-Risiko. In der Zukunft könnten weitere Forschungen an der Großhirnrinde zu wichtigen Erkenntnissen führen und bei der Therapie sowie der Früherkennung von Alkoholerkrankungen nützlich sein.

 

Parkinson im Zentrum der Forschung

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Das schweizer Forschungsprogramm, das sich auf Stammzellen fokussiert, ist abgeschlossen. Im Zentrum der Forschung zu Parkinson stehen nun zellfreie Therapiemethoden.

Weltweit forschen Wissenschaftler an Stammzellen, um diverse Leiden wie Lähmungen oder Herzinfarkte in Zukunft therapieren zu können. Durch die Transplantation von intakten Zellen sollen defekte Zellen ersetzt und so eine Heilung herbeigeführt werden. Professor Hans Rudolf Widmer leitet das Forschungslabor der Neurochirurgie des Berner Inselspitals. Hier wurde nun das nationale Forschungsprogramm „Stammzellen und regenerative Medizin“ abgeschlossen.

Zellfreie Therapie zeigt Wirkung

Zwar arbeiten die Forscher dieses Instituts mit Vorläuferzellen und Stammzellen, ihr Ziel ist es jedoch nicht, diese zu transplantieren. Sie streben vielmehr eine zellfreie Therapiemethode an. Stefano Di Santo, der Verantwortliche für dieses Projekt, zeigt, wie sich Vorläuferzellen bei bestimmten Temperaturen in einer besonderen Flüssigkeit aufbewahren lassen. Unter diesen Bedingungen geben die Zellen Wirkstoffe an die Flüssigkeit ab, so wie sie es auch im menschlichen Körper tun würden. Spritzt man diese Substanzen in den Körper, ist dies äußerst wirkungsvoll: Die Selbstheilungsmechanismen des Körpers werden aktiviert, da die Substanz die körpereigenen Stammzellen anregt.

Di Santo hat dieses Phänomen an Ratten untersucht, die unter einer Arterienverkalkung der Beine litten. Nach der Injektion bildeten die Tiere neue Blutgefäße und dadurch verbesserte sich die Durchblutung. Zusammen mit einem Kollegen erhielt Di Santo 2010 für diese Arbeit den Pfizer-Forschungspreis. Nur eine Injektion vorzunehmen, ohne Zellen transplantieren zu müssen habe viele Vorteile, so der Wissenschaftler. Das Risiko von Tumorbildungen sei deutlich kleiner als bei Zelltransplantationen, außerdem komme es so nicht zu etwaigen Abstoßreaktionen.

Zell-Cocktail gegen Parkinson

Daher wollten die Forscher um Hans Rudolf Widmer noch einen Schritt weiter gehen. Sie untersuchten, ob die zellfreie Therapie auch im Gehirn anwendbar sei. Außerdem analysierten sie die Zusammensetzung der Substanz, die die Zellen abgaben. Die Wissenschaftler injizierten den Wirkstoff-Cocktail in das Gehirn einer Ratte und stellten fest, dass so tatsächlich die dortigen Stammzellen angeregt wurden.

Diese Ergebnisse sind jedoch nicht unbedingt für die Therapie eines Hirnschlags relevant, sondern viel mehr für Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson, bei denen Nervenzellen nach und nach absterben. Die Zellsubstanz zu entschlüsseln erwies sich jedoch als äußerst kompliziert. Sowohl Lipide als auch Proteine seien Urheber der beobachteten Effekte, erklärt Di Santo. Es handele sich aber um eine bei weitem komplexere Zusammensetzung als erwartet, daher sei die Forschung noch weit davon entfernt, diese Substanz künstlich nachbilden zu können.

Hoher Erwartungsdruck auf Wissenschaftler

Auch wenn das Forschungsprogramm bereits abgeschlossen ist, bleiben die Wissenschaftler der Zusammensetzung weiter auf der Spur und möchten herausfinden, wie genau dieser zellfreie Cocktail im Körper wirken könnte.

Zwar haben die Wissenschaftler in dieser Hinsicht schon große Fortschritte gemacht, doch gesteht Widmer auch, dass je weiter die Forschungen voranschreiten, ihnen immer bewusster werde, wie wenig sie eigentlich von dem ganzen verstünden. Es treten beispielsweise Nebenwirkungen auf, die noch nicht geklärt seien, komme man einem Problem auf die Spur, erscheine an anderer Stelle ein neues. Daher warnt der Forscher vor zu großen Erwartungen und Hoffnungen, weltweit stünden Wissenschaftler meist unter enormem Erfolgsdruck. Außerdem sei da noch der ethische Aspekt, der nie außer Acht gelassen werden dürfe im Bezug auf die Forschung an menschlichen embryonalen Zellen sowie im Hinblick auf Tierversuche.

 

Kaum geschlechterspezifische Unterschiede im Gehirn

Europa: Fünf Erfolge der Grundlagenforschung


Ob Mann oder Frau, es gibt keine Unterschiede im Gehirn. Solche Kategorisierungen scheinen zumindest auf der Ebene des Gehirns wenig Sinn zu ergeben, ergab eine Studie. Die einzigen Unterschiede, die man findet, sind minimal.

Die Verlockung ist groß, zu glauben, dass es sowohl ein männliches und ein weibliches Gehirn gibt. Forscher warnen allerdings vor dieser Annahme. Die Ergebnisse der Studien sind zu minimal, um einen wirklichen Unterschied auszumachen. Man sollte also das Gehirn nicht geschlechterspezifisch betrachten. Daphna Joel ist Forscher an der Universität in Tel Aviv und für sie besteht das Gehirn sowohl aus männlichen als auch aus weiblichen Kennzeichen und diese bilden zusammen ein Mosaik.

Erst kürzlich untersuchte Joel die Kernspintomografie-Aufnahmen von 1400 Testpersonen. Untersucht wurden die Unterschiede in der weißen und grauen Substanz im Gehirn oder die Stärke der Verknüpfungen in den verschiedenen Hirnbereichen. Das Ergebnis der Studie ist folgendes: Es gibt Merkmale, die eher bei Frauen zu finden sind, andere eher bei Männern. Einige dieser Merkmale kommen allerdings auch bei beiden Geschlechtern vor.

Es gibt eine Minderheit an Gehirnen, die rein weibliche oder männlich Merkmale aufweisen. Die meisten besitzen Merkmale aus allen Kategorien. Nur 6% der Probanden besaßen ausschließlich männliche oder weibliche Merkmale.

Die Ergebnisse sind gut mit den Ergebnissen einer Studie bezüglich des Verhaltens von Männern und Frauen zu vergleichen. Beide zeigen kaum oder wenig signifikante Unterschiede. Die Mehrheit der Probanden lässt sich durch diese Studien und die Ergebnisse nicht einem Geschlecht zuordnen.

Funktionieren weibliche und männliche Gehirne anders?

Die Rosalind Franklin University of Medicine and Science in Chicago hat das Gedächtniszentrum im Gehirn untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass der Hippocampus von Frauen nicht größer ist als der von Männern. Das wurde zuvor nämlich vermutet.

Deutliche Unterschiede stellten sich bei einer Studie um Forscher Madhura Ingalhalikar von der University of Pennsylvania in Philadelphia heraus. Die Forschung ergab, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der Verdrahtung des Gehirns deutliche Merkmale aufweist. Während Männer innerhalb der Gehirnhälften mehr Verknüpfungen haben, besitzen Frauen zwischen den beiden Hirnhälften viele Kontakte.

Wissenschaftler schließen daraus, dass dies die Erklärung sein könnte für die unterschiedlichen Eigenschaften von Frauen und Männern. Männer können demnach dank der Zusammensetzung ihres Gehirns Sachen besser wahrnehmen und in koordinierte Handlungen umsetzen. Im Unterschied dazu, können Frauen intuitive und analytische Informationen besser miteinander verbinden.

Denker beschäftigt die Frage, ob Männer und Frauen abgesehen von den visuellen Merkmalen auch noch andere Unterschiede vorweisen natürlich sehr. Das berichtet das Team um Forscher Daphna Joel. Die festgestellten Unterschiede bei Studien wurden oft als Anhaltspunkte gesehen um einen Unterschied zwischen dem weiblichen und dem männlichen Gehirn auszumachen. Bisher ist dieses Thematik aber bei weitem noch nicht gut genug untersucht worden und den Forschern bleibt nichts übrig, als weiter zu forschen und Vermutungen aufzustellen.