Mehrdeutigkeit weckt mehr Interesse als Schönheit
Studien und Forschung zum ästhetischen Erleben gab es bereits viele. Die meisten Ergebnisse besagten, dass ein Kunstwerk vom Menschen als schön empfunden wird, wenn es leicht zu verstehen ist. Diese Hypothese ist jedoch nicht dafür geeignet zu erklären, warum zum Beispiel René Magritte oder Pablo Picasso so beliebt sind und auf der ganzen Welt teuer verkauft werden.
Beide Künstler stehen für Werke mit mehrdeutigen Aussagen und abstrakter Darstellung. Die Frage, warum Menschen auch oder gerade von abstrakten Bildern und Skulpturen so begeistert sind, versuchten jetzt Psychologen der Universitäten Bamberg und Mainz, in ihrer aktuellen Studie zu beantworten.
Bewertung von Kunstwerken
Für ein Experiment wurden insgesamt 39 Probanden, die sich im Alter von 18 bis 41 Jahren befanden, 17 Kunstwerke präsentiert, die alle aus dem zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert stammten. Sie sollten diese Bilder eingehend betrachten und bewerten. Dafür sollten die Probanden Auskunft darüber geben, wie ihnen das jeweilige Werk gefällt und wie sehr es sie interessiert. Darüber hinaus sollten sie angeben, wie stark der Eindruck ist, den das Bild bei ihnen gemacht hat. Ein weiterer Faktor war, wie hoch sie die Mehrdeutigkeit, also die Ambiguität, des Kunstwerks einschätzen und welche Schwierigkeiten bestanden, diese zu lösen, damit das Werk verstanden wird. Zum Abschluss sollten die Probanden beschreiben, welche Einsichten sie durch das Betrachten des jeweiligen Kunstwerks gewonnen hatten.
Hohe Ambiguitätstoleranz
Die Auswertung der Ergebnisse zeigte, dass gerade die Kunstwerke als positiv und interessant bewertet wurden, die sie gleichzeitig mehrdeutig fanden und die ein verstärktes Nachdenken erforderten. Bei Bildern, die sie weniger mehrdeutig und schwer zu verstehen fanden, zeigten sie auch weniger Interesse. Diese Ergebnisse gelten aber speziell für Personen mit hoher Ambiguitätstoleranz, das heißt für Menschen, die im Allgemeinen Mehrdeutigkeiten und Widersprüche händeln können. Die Probanden, die generell über eine geringere Ambiguitätstoleranz verfügten, hatten auch für mehrdeutige Bilder weniger übrig und empfanden diese als weniger interessant.
Mehrdeutigkeit ist schöner
Aus der Studie schließen die Forscher, dass das Problem des Bildes – also seine Mehrdeutigkeit – nicht aufgelöst werden muss, um Vergnügen oder positive Gefühle beim Betrachten des Kunstwerkes zu empfinden. Es sind mehr die belohnenden Einsichten, die für eine stärkere Wertschätzung des Gemäldes sorgen, als tatsächlich eine eindeutige Interpretation. Die Zuschauer sind also eher von der Mehrdeutigkeit des Kunstwerkes gefesselt als von der bloßen Schönheit.
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