Vereinssport bei Jugendlichen – Förderlich oder schädlich?
Die Gesundheitspsychologie proklamiert Sport in Gruppen als einen rund-um-Schutz für diverse psychische und körperliche Leiden. Soziale Unterstützung in schwierigen Zeiten, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit durch sportliche Erfolg, sowie regelmäßige Bewegung gegen Übergewicht und andere körperliche Leiden werden immer wieder als positive Effekte von Sportlicher Aktivität, auch und vor Allem in Vereinen, dargestellt. Aber stimmt das auch? Eine neue Studie stellt diese Behauptungen in Frage.
Sport muss an Alter angepasst sein
Die Psychologie beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den präventiven Eigenschaften von Sport für psychische und physische Leiden. Dass sportliche Betätigung für Kinder und Jugendliche wünschenswert ist, steht laut dieser Forschung außer Frage. Wie sieht es jedoch mit Vereinssport aus? Gerade bei Kindern kann der Sport im Verein demotivierend in Hinsicht auf die sportliche Aktivität sein, da er von Belohnungen, Wettbewerb und strukturierten Aktivitäten, wie immer wieder den gleichen Übungen geprägt ist.
Diese Eigenschaften der Aktivität stellen für Kinder Barrieren dar, die sie daran hindern sich voll auf sie einzulassen oder überhaupt an ihnen teilzunehmen. Denn für Kinder stehen Charakteristika wie die Möglichkeit bei der Aktivität Neues zu entdecken, neue Erfahrungen zu sammeln und mit dem Körper und seinen Fähigkeiten zu experimentieren. Negative Erfahrungen durch unangemessene sportliche Anforderungen, die vor Allem in Vereinen und dem Leistungssport vorhanden sind, können ein negativer Prädiktor für den Grad der späteren körperlichen Aktivität sein.
Bei Jugendlichen kommt durch die Pubertät vor Allem der Aspekt des Gewichtsmanagements hinzu, der durch die direkte Konkurrenzsituation mit Gleichaltrigen, wie sie zum Beispiel in einem Verein besteht, eher zu einer zusätzlichen psychischen Belastung führt. In dieser psychisch ohnehin sensiblen Phase sollten Jugendliche einen geschützten, sicheren Raum haben, in dem sie ihre Identitätskonflikte durchleben können. Ein auf Konkurenz und Leistungsdruck sowie Gruppenzwang basierendes System ist hierfür nicht das beste Umfeld. Ein neuer Trend ist die Darstellung der Erfolge und körperlichen Fitness in sozialen Netzwerken, die sich zum Teil genau auf diese Aspekte spezialisiert haben. Hier ist eine selektive, kontrollierte Darstellung möglich. Es werden also eher individuell Erfolge erarbeitet und diese dann zu einem späteren Zeitpunkt einem ausgewählten Kreis mitgeteilt. Dies weißt vielleicht auch auf einen Trend hin, der Vereine weniger relevant für Kinder und Jugendliche macht, da diese die soziale Einbindung nun auch auf andere, für sie nützlichere und sichere Art und Weise erfahren können.
Negative Einflüsse von Vereinssport
Wie oben beschrieben, könnte es sein, dass positive Aspekte wie soziale Unterstützung durch negative Aspekte wie starken Konkurrenzkampf und Peer-Pressure in ihren positiven psychischen Effekten neutralisiert werden. Aber auch auf der körperlichen Ebene gibt es gegenläufige Verhaltensweisen, die durch die Kultur in Sportvereinen gefördert werden, die den gesundheitsförderlichen Aspekten entgegenstehen. Generell finden Studien bei Sporttreibenden einen Rückgang der Wahrscheinlichkeit, schwerwiegende oder tödliche Erkrankungen zu erleiden. Auch bei Übergewicht hilft sportliche Aktivität, die negativen Effekte auf die Gesundheit zu lindern. Auch in psychischer Hinsicht zeigen Studien, dass die Gefahr an psychischen Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen zu erkranken, durch sportliche Aktivität gesenkt wird.
Da rund die Hälfte aller sportlich Aktiven in Vereinen ihrem Hobby nachgehen, scheint dies den Vorwürfen gegen über dem Vereinssport entgegenzustehen. Jedoch könnte es sein, dass es sich bei den negativen Einflüssen um Langzeiteffekte handelt und dass die positiven Effekte durch den Sport sehr viel höher wären, wenn eine andere Kultur in den Vereinen herrschen würde. Das Hauptproblem der Sportvereine scheint nämlich vor Allem der enorme Alkoholkonsum der Jugendlichen zu sein – dies zeigt zumindest eine aktuelle Studie mit über 1500 Kindern und Jugendlichen aus einer deutschen Stadt. So sollen die Jugendlichen laut Studienergebnissen einen sehr viel höheren Alkoholkonsum aufweisen, der sich jedoch nach dem Austritt aus dem Verein wieder verringert. Dies weißt auf den direkten Einfluss der Vereinskultur hin. Im Rahmen der Vereinstätigkeit sollen auch für die jugendlichen verbotene Substanzen wie hochprozentiger Alkohol konsumiert werden.
Dies kann natürlich sehr schädlich für die Jugendlichen sein, da in dieser sensiblen Phase der Entwicklung viele Weichen für das spätere Leben gestellt werden und ein hoher Drogenkonsum negative Effekte auf verschiedene Bereiche des Lebens, der Psyche und die Gesundheit hat. Die in Studien gefundene Korrelation zwischen kognitiver Fähigkeit und sportlicher Aktivität wird hierdurch sicher geschmälert. In der neuen Studie wurde jedoch der Befund der erhöhten sozialen Unterstützung durch den Verein und die damit verbundene bessere Schulleistung bestätigt. Es zeigt sich also zumindest die Volksweisheit zu bestätigen, wonach Alkohol Freundschaft stiftet.
In diesem Bereich scheint es jedoch noch differenziertere Studien zu benötigen, um die verschiedenen widersprüchlichen Ergebnisse in Einklang zu bringen und ein ganzheitliches Bild zu erhalten. Bis jetzt kann Sport, auch in Vereinen, nicht seine positive Wirkung auf viele verschiedene Aspekte des Lebens abgesprochen werden. Vielleicht kommt es jedoch auf die Auswahl der Sportart und der Kultur und Atmosphäre des Sportvereins ein, wobei den Eltern sicherlich auch eine gewisse Verantwortung zukommt.
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