Haben psychische Störungen eine übersehende Gemeinsamkeit?

Haben psychische Störungen eine übersehende Gemeinsamkeit?

In medizinischer Sicht treten bestimmte Krankheiten häufig mit Begleiterkrankungen, einer sogenannten Komorbidität auf. So kommen anscheinend auch psychische Störungen nicht alleine. Viele Menschen haben gleich mit mehreren psychischen Problemen zu kämpfen.

Mögliche Ursachen der Komorbidität

Das Phänomen tritt erstaunlich häufig auf, aber der Grund muss noch gefunden werden. Betroffene haben mit einer psychischen Erkrankung meist schon genug zu verkraften. Häufig bleibt es jedoch nicht nur bei einer Erkrankung. Nicht selten kommt es bei den Patienten zu einer Komorbidität, was zu einem Problem bei Diagnosen und Therapien werden kann. Demnach kommt es bei der Hälfte der Patienten vor, dass zwei Erkrankungen der ähnlichen Kategorie vorliegen können. So gehen Angststörungen mit sozialer Phobie oder Platzangst einher. Allerdings sind mit Angst und Persönlichkeitsstörungen auch größere Unterschiede möglich.

Der P-Faktor

Um der Komorbidität einen Wert zu geben, betrachtete Adrienne Romer an der Duke University mit ihrem Team die auffälligen Korrelationen genauer und veröffentlichte die Erkenntnisse in Molecular Psychiatry. Dabei wurde ein sogenannter P-Faktor ermittelt, einem auf theoretischer Basis errechneter Wert, der die generelle Anfälligkeit für psychische Störungen angibt. Dafür wurden Daten von 1246 Studenten ausgewertet. Diese nahmen freiwillig in einer Umfrage an etwaigen psychischen Störungen teil. Zusätzlich wurde ihr Gehirn im Magnetresonanztomografen gescannt. Für jeden einzelnen Probanden wurde der P-Faktor ermittelt. Liegen Angststörungen vor, die mit Depressionen oder bipolaren Störungen einhergehen, fällt der Wert des Faktors entsprechend hoch aus.

Dem Grund auf der Spur

Der ermittelte Wert korrelierte tatsächlich mit bestimmten Regionen des Gehirns. So wurden bei dem Hirnscan bei Personen mit einem hohen P-Wert, die also eine hohe Neigung zur Komorbidität aufweisen, einige Auffälligkeiten festgestellt. Allerdings in Regionen, mit denen die Forscher eher wenig gerechnet hatten. Dabei handelte es sich um das Kleinhirn und der Pons, oder der Brücke, im Hinterhirn. Diese Areale sind nicht an den typisch höheren Denkprozessen beteiligt, sondern eher für die Koordination von motorischen und sensomotorischen Signalen und Reflexen verantwortlich.

Weiter zeigten Messergebnisse, dass die Gehirndichte, also das Volumen der grauen Substanz, im Kleinhirn bei einem höheren P-Faktor messbar niedriger ist. Genauso verhält es sich bei der Pons mit der Integrität der weißen Substanz – Neuronenleitungen – die für eine Verbindung des präfrontalen Kortex mit den höheren Gehirnzentren verantwortlich ist. Die Gehirnareale kommunizieren untereinander. Unser Körper gleicht dabei ab, ob unsere Bewegungen auch tatsächlich so abgelaufen sind, wie sie gedanklich geplant wurden.

Weitere Befunden müssen folgen

Die Forscher spekulieren weiter. Möglicherweise spielen die Kommunikationskanäle auch bei emotionalen und gedanklichen Feedback eine Rolle. Sollte dies stimmen, könnte es erklären, warum bei solch einem Leistungsabfall die Menschen eine Neigung zu psychischen Störungen gepaart mit Komorbidität entwickeln. Damit würden die von außen einströmenden Realitäten und die Selbstwahrnehmung häufig nicht optimal aufeinander eingestimmt sein – häufiger als bei anderen Menschen. Diese Ungleichheit könne schnell zu milden, aber auch schweren Störungen führen.

Dennoch müssen weitere Befunde abgewartet und die bisherigen Erkenntnisse der Studie unabhängig reproduziert werden. Jedoch gibt es schon jetzt klare Indizien, dass viele verschiedene psychische Erkrankungen, die oftmals gemeinsam oder in Abhängigkeit zueinander auftreten, eine gemeinsame neuronale Grundlage aufweisen könnten. Neben diesem Aspekt sind sich die Forscher zudem einig, dass die Hirnstrukturen, wie das Kleinhirn noch genauer untersucht werden sollten.

 

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