Hirnschäden aufgrund von Schlafmangel

Hirnschäden aufgrund von Schlafmangel


Schlafmangel kann auf Dauer das Risiko für Erkrankungen wie Alzheimer oder andere Schädigungen des Gehirns verantwortlich sein. Dafür ist ein Aufräum-Mechanismus des Gehirns verantwortlich, der eigentlich nützlich ist.

Chronischer Schlafmangel beeinflusst die Gesundheit negativ

Zum Beispiel essen wir dadurch mehr und das Immunsystem wird geschwächt. Studien der Universität von Wisconsin haben ergeben, dass sich der Schlafmangel offenbar auch schädlich für das Gehirn auswirkt. Wenn der Körper permanent ohne ausreichend Schlaf auskommen muss, aktiviert der Körper einen normalerweise nützlichen Reinigungsmechanismus. Die Erkenntnisse haben Wissenschaftler aus Experimenten mit Mäusen gewonnen.

In den Versuchen wurden die Mäuse auf unterschiedliche Art um den Schlaf gebracht. Zum einen konnten die Mäuse so lange schlafen wie sie wollten, wurden aber zu regelmäßigen Zeiten geweckt, zum anderen wurde der Schlaf um acht Stunden hinausgezögert, im dritten Fall mussten die Mäuse fünf Tage lang ohne Schlaf auskommen. So simulierten die Wissenschaftler chronischen Schlafmangel. Wichtiges Ziel der Experimente war, zu erkennen, wie bestimmte Gliazellen im Gehirn auf den Schlafmangel reagieren. Diese Gliazellen gehören zum Verteidigungssystem des Gehirns und überwachen das Gewebe. Sie kontrollieren Schäden und prüfen das Gewebe auf eindringende Bakterien. Im Ernstfall aktivieren sie die Immunzellen und entsorgen die beschädigten Zellen. Außerdem sind sie an wichtigen Vorgängen des Gedächtnisses beteiligt. Sie beseitigen Verknüpfungen von Nervenzellen bzw. Synapsen und machen dem Gehirn so Platz für das Lernen neuer Dinge. Diese Aufräumarbeiten werden in der Regel nachts erledigt, da dann die Denkleistung des Gehirns heruntergefahren wird.

Bei chronischem Schlafmangel über längere Zeit jedoch scheint dieser nützliche Mechanismus aus dem Ruder zu laufen. Bei den Beobachtungen der Gliazellen der Mäuse konnten die Wissenschaftler feststellen, dass bei den normal geweckten Mäusen die Gliazellen zu 5,7 Prozent und 7,3 Prozent der Synapsen aktiv waren. Bei den anderen Vergleichsgruppen der Tiere war die Aktivität erheblich erhöht. Dabei wurden die Synapsen regelrecht aufgezehrt. Die Mäuse mit einmaligem Schlafmangel waren 8,4 Prozent der Gliazellen aktiv, bei Mäusen mit dauerhaftem Schlafentzug waren 13,5 Prozent der Synapsen aktiv.

Erkrankungen wie Alzheimer könnten das Resultat sein

Daraus schließen die Wissenschaftler, dass der Schlafmangel dafür verantwortlich ist, dass mehr Verbindungen der Neuronen bzw. Synapsen aufgelöst werden. Dabei handelt es sich vor allem um große und relativ alte Synapsen, die bereits lange im Gehirn aktiv sind. Nun könnte man denken, dass dies kein Grund zur Sorge ist, weil die Synapsen ja durch neue Synapsen ersetzt werden. Allerdings zeigen auch frühere Studien, dass die auf Dauer erhöhte Aktivität der Gliazellen mit Erkrankungen wie Alzheimer und anderen ähnlichen neurodegenerativen Erkrankungen zusammenhängen könnte.

Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass der chronische Schlafmangel auch Demenz begünstigen kann. So wurde festgestellt, dass im Gehirn der Demenz-Patienten Ansammlungen von Plaques aus Beta-Amyloiden zu finden sind. Diese stehen in enger Verbindung mit Alzheimer. Bisher ist die konkrete Rolle der Mikro-Gliazellen im Gehirn bei neurodegenerativen Erkrankungen aber noch nicht vollständig geklärt.

 

Depressionen mit Wachtherapie behandeln

Hirnschäden aufgrund von Schlafmangel


Schlaflose Nächte können depressive Beschwerden lindern. Der Grund dafür könnte in der synaptischen Plastizität des Gehirns liegen.In einem Experiment will man herausfinden, ob sich der Schlafentzug und seine Folgen positiv auf eine Depression auswirken.

Die Probanden, die an einer Depression leiden, haben meistens selbst Schlafstörungen und verbringen die Nacht mit einem Betreuer mit verschiedenen Aktivitäten. Normalerweise würden die Probanden wach im Bett liegen und nur wenig schlafen. Sie wachen dann ausgelaugt und schlecht gelaunt am nächsten Morgen auf. Dies kann ihre Depression noch verstärken.

Depressionen behandeln ohne Medikamente

Schon eine einzige Nacht mit Schlafentzug wirkt wahre Wunder. Sechs von zehn Probanden konnten eine klare Verbesserung ihrer Mentalität erkennen. Sie sind besser gelaunt und positiver gestimmt.
Nebenwirkungen hat die Therapie nicht wirklich. Unruhe und Müdigkeit tauchten vor allem bei den Patienten auf, bei denen die Therapie nicht gewirkt hat. Normale Psychotherapien und Medikamente können Tage oder sogar Wochen brauchen, bis sie wirken. Der Schlafentzug wirkt bereits nach einer Nacht.

Rückfall vorbeugen indem man die Nachtruhe verschiebt

Ein Nachteil der Therapie ist die hohe Rückfallrate. Sie liegt bei etwa 80%. Schon ein kleines Nickerchen kann die positive Wirkung der Schlaftherapie abschwächen. Die beste Möglichkeit um das zu verhindern, ist die Verschiebung der Nachtruhe. Hierbei gehen sie nach der durchgemachten Nacht immer eine Stunde später ins Bett bis sie ihren normalen Schlafrhythmus wieder erreicht haben.

Auch eine Lichttherapie kann den Patienten helfen den Schlafrhythmus in Takt zu halten. Durch eine intensive Lichtquelle wird den Menschen geholfen den positiven Effekt mehrere Tage lang aufrecht zu erhalten.

Optimale Plastizität durch Schlafentzug

Die positive Wirkung vom Schlafentzug bei depressiven Menschen erfolgt, weil sie ohne ihn nie den Zustand optimaler Plastizität erreichen. Viele Betroffene sagen der Therapie zu. Sie ist billig, einfach und erfolgt ohne Medikamente. Doch wie genau funktioniert das?

Während man wach ist speichert unser Hirn Informationen ab. Diese muss es nachts verarbeiten, damit es nicht überlastet wird. Bei diesem Vorgang werden nur die wichtigen Informationen verankert. Bei gesunden Menschen wird der optimale Zustand der Plastizität also mit ausreichend Schlaf erreicht. Man kann sich das ganze wie ein Radio vorstellen, welches den Tag über immer lauter wird. Am Ende des Tages ist es so laut, dass man es kaum noch verstehen kann und die Lautstärke wieder runterdrehen muss. Das wäre in unserem Fall der erholsame Schlaf.

Bei depressiven Menschen ist das anders. Bildlich vorgestellt könnte man sagen, dass ihr Radio am Anfang des Tages so leise ist, dass es am Ende des Tages nicht zu laut ist. Man kann das Radio also auch über Nacht und am nächsten Tag verstehen ohne es leiser machen zu müssen. So hat das Radio erst nach einer durchgemachten Nacht seine normale Lautstärke erreicht. Genau das passiert auch mit der Plastizität bei depressiven Menschen.

 

Auswirkungen von Schlafentzug

Hirnschäden aufgrund von Schlafmangel


Langfristiger Schlafentzug kann für einige Menschen extreme Folgen haben: Sie machen wissenschaftlich kaum zu erklärende Erfahrungen, wie beispielsweise Kontakte ins Jenseits und zu Geistern. Auch das soziale Leben kann von andauerndem Schlafentzug beeinflusst werden. Beziehungen können kaum aufgebaut oder erhalten werden.

Eine Forschungsgruppe der Universität Bonn untersuchte nun in einer Studie die Eindrücke und Erfahrungen dieser Personengruppen. Da es bereits nach einer durchwachten Nacht und 24-stündigem Schlafentzug zu Wahrnehmungsstörungen kommt, wollten die Forscher ermitteln, ob diese bei Menschen mit übersinnlichen Erfahrungen oder wenigen Sozialkontakten ausgeprägter sind. In Zusammenarbeit mit dem King‘s College London wurde herausgefunden, dass auch bei gesunden Menschen ein Zustand ähnlich der Schizophrenie oder einer Psychose auftreten kann, wenn diese 24 Stunden nicht geschlafen haben.

Eine Psychose wird durch einen Realitätsverlust gekennzeichnet, in dessen Folge es zu Halluzinationen und Wahnvorstellungen kommen kann. Als Schizophrenie bezeichnet man in diesem Fall die chronische Form. Dass bei den Probanden Symptome dieser schweren psychischen Erkrankung beobachtet werden konnten, überraschte die Forscher, die nur mit einer allgemeinen Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens gerechnet hatten.

Untersuchung im Labor

An der Universität Bonn wurden 24 gesunde Teilnehmer untersucht. In der ersten Untersuchungsrunde verbrachten die Probanden eine Nacht im Labor, in der sie durchschlafen sollten. In der nächsten Woche sollten sie mit Hilfe von Filmen, Gesprächen, Spielen oder Spaziergängen wach bleiben. Neben einer Befragung zu ihren Eindrücken folgte eine Präpulsinhibition bei den Probanden. Dabei wird die Filterfunktion des Gehirns gemessen. Der Teilnehmer hört über einen Kopfhörer laute Geräusche, die zu einer Schreckreaktion führen, die über Elektroden an den Gesichtsmuskeln gemessen wird. Die Schreckreaktion ist geringer, wenn zuvor ein Präpuls gesetzt wird. Dieser Präpuls ist sehr bedeutend, da so das Gehirn Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden und Reizüberflutungen vermeiden kann.

Bei Menschen mit längerem Schlafentzug fällt diese Filterleistung viel geringer aus. Die Folge sind extreme Aufmerksamkeitsdefizite, die üblicherweise auch bei einer Schizophrenie auftreten. Der Schlafentzug sorgte jedoch nicht nur für eine unselektierte Informationsflut, die Chaos im Gehirn verursachte, sondern machte die Probanden auch sensibler für Licht, Farbe oder Helligkeit. Zudem scheint sich der Schlafentzug auf das Zeitgefühl und den Geruchssinn auszuwirken. Die Teilnehmer hatten den Eindruck von extremen Gedankensprüngen. Einigen Probanden hatten sogar die Wahrnehmung, dass sie selbst Gedanken lesen konnten.

Schlafentzug als Chance für die Entwicklung neuer Medikamente

Die Ergebnisse dieser Untersuchung waren in ihrer Extremität für die Forscher nicht nur überraschend, sondern bieten auch jede Menge Potenzial für die weitere Erforschung von Medikamenten gegen Psychosen. Denn bis jetzt müssen in der Medikamentenforschung diese psychischen Störungen in Experimenten mit chemischen Wirkstoffen simuliert werden. Diese rufen allerdings nur eine geringe Anzahl von Symptomen hervor. Schlafentzug könnte in diesem Zusammenhang das bessere Modellsystem sein, denn die subjektiven Beschwerden und objektiv erfassten Filterstörungen sind psychischen Erkrankungen wesentlich ähnlicher. Eine einzelne durchwachte Nacht ist dabei übrigens nicht gefährlich. Ein langer Erholungsschlaf lässt die Symptome wieder verschwinden.