Wo sind wir eigentlich zuhause?
Besonders zu Feiertagen oder in schwierigen Phasen unseres Lebens ist unser Zuhause sehr wichtig für uns. Ein Ort der Normalität und Geborgenheit. Doch was genau sind eigentlich die Faktoren, die uns ein Gefühl von Zuhause-Sein vermitteln?
Unsere Wurzeln
Sarah ist im Rheinland aufgewachsen. Aus beruflichen Gründen zog sie später nach Ulm. Dort wohnt sie nun bereits über 10 Jahre und hat eine feste Beziehung. Wenn man sie allerdings fragt, wann sie nach Hause fährt, dann bezieht sie das sofort auf ihren Herkunftsort und ihr Elternhaus. Ihre Zukunft stellt sich Sarah auch grundsätzlich eher im Rheinland vor. Eben dort, wo sie sich zuhause fühlt.
Heimatforscherin Beate Mitzscherlich kennt dieses Phänomen sehr gut. Zuhause ist ganz eng gekoppelt an soziale und emotionale Bindungen. Dort wo wir aufwachsen sind, wo wir unsere ersten Freunde haben, wo wir unseren ersten Kuss erleben, unsere ersten Abenteuer, dort fühlen wir uns verwurzelt, so die Expertin. Natürlich kann man sich ebenfalls dort zu Hause fühlen, wo man selbst eine neue Familie gründet. Denn das setze ein großes Maß an Geborgenheit und engen sozialen Beziehungen voraus.
Strukturen unserer Kindheit
Ehemals vertraute Orte können jedoch an Bindung verlieren, wenn die uns vertrauten Personen wegziehen oder sich die Umgebung stark verändert. Im Zuge von Untersuchungen zur Heimatforschung nach dem Mauerfall wurde ersichtlich, dass Ostdeutsche, die nach Westdeutschland kamen oder auch umgekehrt, zu Anfang einem hohen Risiko für Ängste oder Depressionen ausgesetzt waren. Je schneller die Betroffenen jedoch Freunde fanden und soziale Bande knüpften, desto eher schwanden die Ängste und ein Gefühl von Zuhause-Sein setzte ein.
Schon unsere Erfahrungen, die wir diesbezüglich in der Kindheit sammeln, wirken sich auf unsere späteren Wurzeln aus. Menschen, die ein behütetes und geborgenes Zuhause hatten, sind später besser in der Lage, auch an einem anderen Ort ein eigenes Zuhause aufzubauen, so die Heimatforscherin. Scheidungskinder oder Personen, die früh auf sich gestellt waren, hingegen befinden sich meist auch noch im Erwachsenenalter ständig auf der Suche nach einem Ort, der für sie Zuhause sein könnte.
Identitätssuche bei Entwurzelung
Die Strukturen, die darüber entscheiden, werden sehr früh geschaffen, erklärt Mitzscherlich. Gerüche, Landschaften, Melodien und Emotionen prägen uns von klein auf. Im Erwachsenenalter und auch wenn wir älter sind lösen sie ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit bei uns aus. Wir fühlen diese Geborgenheit besonders, wenn wir zu unseren Wurzeln zurückkehren und uns an all diese Eindrücke erinnern. Ist das Zuhause jedoch negativ in unserem Unterbewusstsein belegt, so bleiben diese Verbindungen und Strukturen aus.
Umso schlimmer ist es, aus seinem Zuhause herausgerissen zu werden. So ergeht es momentan Millionen von Flüchtlingen in der Welt. Krieg ist etwas grausames und entwurzelt Menschen. Diese Menschen müssen ihre Heimat verlassen, haben Familienangehörige und Freunde verloren oder zurücklassen müssen und stehen dann vor der schwierigen Aufgabe in einer fremden Kultur mit fremden Gerüchen, Landschaften, Melodien und Bräuchen ihre eigene Identität wiederzufinden. Entwurzelung stellt eine sehr hohe Belastung dar, berichtet die Heimatforscherin.
Doch nicht nur Kriegssituationen können und das Gefühl der Heimatlosigkeit vermitteln. Auch Umzüge oder ständige Hotelaufenthalte aus privaten oder beruflichen Gründen können uns rastlos werden lassen, ewig auf der Suche nach unserem Zuhause. Soziale Bindungen sind daher an jedem Ort der Anker, der uns festhält.
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