Bitter und gesund

Bitter und gesund


„Mit ‘nem Teeelöffel Zucker schluckst du jede Medizin“, heißt es in einem der Lieder aus dem berühmten Musical „Mary Poppins“. Dahinter steckt natürlich die Erfahrung, dass viele Arzneien einen wenig verführerischen, meist bitteren Geschmack aufweisen.

Nun ist zwar nicht alles, was bitter ist, prinzipiell gesund. Aber Bitterstoffe haben eine ganze Reihe beachtlicher und durchweg positiver Effekte. Daher sind auch Lebensmittel, in denen sie enthalten sind, sehr gesund. Chemisch gesehen lassen sich die Bitterstoffe nicht einer Gruppe von Elementen oder Verbindungen zuordnen. Als „Bitterstoff“ wird schlicht deklariert, was bitter schmeckt.

Diese Geschmacksvariante übt vornehmlich eine Wirkung auf den menschlichen Organismus aus: Sie regt die Verdauung an. Der Genuss von bitteren Speisen oder Getränken führt zu einer verstärkten Produktion von Verdauungssekreten und aktiviert auch die Bewegung des Darms.

Ein Effekt davon ist ein schnelleres und anhaltenderes Sättigungsgefühl. Während Süßes den Appetit steigert, führen Bitterstoffe zu einer Dämpfung von Hungergefühlen und können so z.B. das Abnehmen unterstützen. Eine intakte Verdauung ist darüber hinaus auch wichtig für das Immunsystem des Körpers.

Einzelne bittere Substanzen, wie etwa das Chinin, bewirken noch sehr viel mehr. Es kann Fieber senken, kann Entzündungen vorbeugen oder dabei helfen, sie zu bekämpfen. Nach wie vor gilt es als wichtigster Stoff in der Malaria-Therapie. Da es, wie viele Substanzen, in größeren Mengen giftig ist, besteht bei der Verwendung in Lebensmitteln eine Deklarationspflicht. Tonic Water zum Beispiel enthält durch das in ihm gelöste Chinin seinen unverkennbar herb-bitteren Geschmack.

Zu den Obstsorten, die besonders reich an Bitterstoffen sind, zählen Orange und Grapefruit. Bei ihnen ist die größte Konzentration in den Schalen zu finden. Unter den Salaten sind Endivie, Chicoree, Radichio und Rucola zu nennen, unter den Gemüsen Blumenkohl, Broccoli, Rosenkohl und Artischocke. Auch Gewürze wie Lorbeer, Ingwer, Kerbel, Liebstöckel, Majoran, Rosmarin, Salbei, Thymian und der Pfeffer enthalten Bitterstoffe. Eine kleine Prise Pfeffer ist daher bei vielen Speisen nicht nur angenehm, da sie einzelne Geschmacksnuancen unterstützen und hervorheben kann. Sie gibt auch der Verdauung einen willkommenen kleinen Schubs und dämpft damit den Appetit.

Sinneswahrnehmung beim Essen

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So funktioniert unsere Sinneswahrnehmung beim Essen

Für die meisten Menschen sind Essen und Trinken sehr viel mehr als nur die reine Aufnahme von Nahrung. Unsere Sinnesorgane vermitteln uns Geruch, Geschmack und die Konsistenz einer Mahlzeit.

Wer mehr über unsere Sinneswahrnehmung beim Essen weiß, versteht auch die Zusammenhänge bei der Entwicklung von Vorlieben für bestimmte Nahrungsmittel. Schon beim Vorkosten erfolgen differenzierte Sinneswahrnehmungen über Nase, Augen und die Zunge und so funktioniert das:

Erste Sinneswahrnehmung beim Verkosten

Bei der Verkostung einer Mahlzeit erfolgt die sogenannte retronasale Wahrnehmung. 93-95 Prozent der Wahrnehmung erfolgt dabei durch den Geruch eines Lebensmittel. Die restlichen 5-7% werden über Zunge, Augen und Ohren wahrgenommen.
Dabei unterscheiden Experten weitere drei unterschiedliche Arten der Wahrnehmung.

  • Die körperliche bzw. mentale Verfassung
  • Das Zusammenspiel von Speisen und Getränken
  • Das Ambiente und das Umfeld, in dem die Mahlzeit stattfindet

Hierbei wird der Geschmack aber nicht allein von den Geschmacksnerven bestimmt. Er ist stark von individuellen Dispositionen wie etwa Vorlieben oder Abneigungen gegen ein Lebensmittel abhängig. Weitere Eigenschaften wie etwa das derzeitige Befinden, das Aussehen einer Mahlzeit oder auch die kulturelle Konditionierung entscheiden über die Sinneswahrnehmung beim Essen. So gelten bestimmte regionale Lebensmittel als Leckerbissen, anderswo würden sie hingegen Ekel hervorrufen.

Hier entsteht ein Geschmack

Die menschliche Zunge ist mit einer Fülle an Papillen bestückt. Diese Geschmackszellen ermöglichen es uns, verschiedene Geschmacksbereiche zu schmecken. – Bitter – Salzig – Süß – Sauer Dabei ist immer eine ganz bestimmte Region der Zunge für einen der Geschmacksbereiche zuständig. Die hintere Zunge übermittelt bittere Geschmackseindrücke an unser Gehirn, während der Zungenrand saure oder salzige Lebensmittel erkennt. Die Zungenspitze ist für das Erkennen von süßem Geschmack zuständig.

Leider nimmt die Wahrnehmung der vier Geschmacksprofile mit dem übermäßigen Konsum von Süßigkeiten, salzigen, bitteren oder scharfen Speisen ab. Diese Abstumpfung wird oft auch für übermäßigen Konsum von salzigen oder süßen Lebensmitteln verantwortlich gemacht.

 

Gibt es einen Geschmackssinn für Fett?

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Die Geschmacksknospen der Zunge ermöglichen es dem Menschen, den Grundgeschmack zu erkennen. Bisher waren die Sinne süß, sauer, salzig, bitter sowie herzhaft bekannt. Der genaue Geschmack wurde dann in der Kombination mit Rezeptoren in der Nase erzeugt. Wissenschaftler entdeckten nun einen weiteren Geschmackssinn, wobei die Geschmacksknospen hier besonders auf Fett reagieren.

Entdeckung und Nager

Die neuen Rezeptoren wurden sowohl in der Zunge, als auch im umliegenden Gewebe gefunden. Wie im Fachmagazin „Chemical Senses“ von deutschen Wissenschaftlern veröffentlicht wurde, werden die Sensoren speziell durch langkettige Fettsäuren aktiviert, die für den Geschmack des Fettes verantwortlich sind. Bisher war die Annahme der Mediziner und Ernährungswissenschaftler, dass der Geschmack von Fett nur indirekt wahrgenommen wird. Dafür wurden bislang Aromen sowie die Konsistenz des Fettes gemacht. Die entdeckten Rezeptoren reagieren allerdings direkt auf den Nahrungsmittelstoff. Allerdings, so die Wissenschaftler, sei bisher nicht bekannt, ob die aufgenommenen Reize tatsächlich direkt an das Gehirn weitergeleitet werden.

Die Studie, die vom Institut für Ernährungsforschung in Potsdam durchgeführt wurde, ist eine Weiterführung einer Vermutung, die bereits seit langer Zeit besteht. In Versuchen mit Nagetieren hatten die Potsdamer Forscher bereits vor einiger Zeit entdeckt, dass Nagetiere direkt auf Fette reagieren. Forscher der Deakin University in den USA hatten anhand von 30 Probanden ähnliche Entdeckungen gemacht. Menschen, die wenig Fett essen, scheinen einen ausgeprägteren Sinn für Fette in der Nahrung zu haben. Ist die Wahrnehmung für Fette nicht ausgeprägt, dann scheinen die Betroffenen wesentlich mehr Fett zu konsumieren, wie die amerikanischen Forscher betonen. Ein Umstand, der bei Tieren bereits seit Jahren bekannt ist.

Anatomie legt Wahrnehmung nahe

Dass Säugetiere und der Mensch ähnliche Anlagen haben, ist lange bekannt. Die Anatomie unterscheidet sich nur durch Kleinigkeiten. Dies wird ersichtlich, wenn das Skelett eines Wales betrachtet wird. Die Flossen der Tiere beinhalten Knochen, die noch immer an die menschliche Hand erinnern und die gleichen Knochen aufweisen. Auch das Herz ist weitgehend identisch. Ähnliches lässt sich bei allen Säugetieren beobachten. Bereits dieser Umstand deutet daraufhin, dass die anatomischen Analogien auch bezüglich der Geschmacksknospen vorhanden sind. Die Forscher suchten beim Menschen daher nach jener Form der Knospen, die auch bei den Nagern für die Fettwahrnehmung verantwortlich sind. GPR120 ist die Bezeichnung dieser Knospen.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Die Rezeptoren wurden auch beim Menschen gefunden. Dass die Rezeptoren tatsächlich langkettige Fettsäuren erkennen können, zeigt ein Versuch mit einer „künstlichen Zunge“. Das Gerät ist in der Lage, Rezeptoren nachzubilden und ihre Funktion zu übernehmen. Im Versuch erkannten die Rezeptoren die Fettsäuren. Die Rezeptoren übernahmen beim Menschen identische Funktionen, wie in weiteren Versuchen herausgefunden wurde.

Den Fund allerdings als Beweis für die Wahrnehmung zu sehen, ist nach Meinung der Forscher voreilig. Bisher wurde nicht geklärt, ob es nachgeschaltete Nervenbahnen gibt, die die Signale in das Gehirn übertragen. Dies wäre allerdings die Voraussetzung für eine gezielte Wahrnehmung. Weitere Versuche werden folgen, damit vollständig geklärt werden kann, ob die Rezeptoren tatsächlich zu einem neuentdeckten Geschmackssinn gehören. Wann diese Studien abgeschlossen sein werden, ist bisher allerdings nicht bekannt.